Bielefeld/Dortmund. Mats Hummels ist beim BVB unverzichtbar - und nun sogar ein Torjäger. Trotzdem macht man sich in Dortmund Sorgen um den Abwehrchef.
Erling Haaland dürfte nicht schlecht gestaunt haben, als er Samstag am Fernseher das 2:0 (0:0) von Borussia Dortmund bei Arminia Bielefeld verfolgte. Da gab es ja diesen Doppeltorschützen im Spiel – eine Rolle, für die sich gewöhnlich der 20 Jahre alte Norweger verantwortlich sieht. „Ich warte auf den Hattrick“, schrieb Haaland, der wegen leichter Knieprobleme in Ostwestfalen fehlte, unmittelbar nach Mats Hummels’ zweitem Treffer auf Twitter. Denn der Innenverteidiger war es, der die Partie gegen den Aufsteiger mit zwei Toren entschied – und die Abwesenheit Haalands zumindest an diesem Tag vergessen machte.
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„Ich habe es versucht“, antwortete Hummels dem eigentlichen Torjäger nach Spielende. Dortmunds Abwehrchef musste sich nicht dafür schämen, keinen dritten Treffer mehr erzielt zu haben, als er fortführte: „Das mit den Hattricks überlasse ich vielleicht lieber dir.“ Für Hummels blieb es bei zwei Toren, in der 53. Minute nach einer Ecke von Jadon Sancho mit dem Fuß und 18 Minuten später nach einer Flanke von Marco Reus mit dem Kopf erzielt. Rechnet man noch das Tor aus dem 3:0-Derbysieg über Schalke 04 hinzu, lässt sich überspitzt sagen: Im Topspiel der Bundesliga am kommenden Samstag (18.30 Uhr/Sky) wird der FC Bayern nicht nur auf einen BVB-Torjäger – Erling Haaland nämlich – achten müssen.
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So wäre es aus schwarz-gelber Sicht wünschenswert; gäbe es da nicht den Grund, warum Hummels in Bielefeld vorzeitig den Rasen verlassen musste. Der rechte Oberschenkel sorgte für ein schmerzverzerrtes Gesicht. Am Sonntagmorgen schaute Hummels deshalb nur zu, als seine Teamkollegen trainierten. Seinen einzigen Termin hatte er bei Mannschaftsarzt Markus Braun. Eine genaue Diagnose steht noch aus, Hummels beschrieb am Samstag den Moment, der zur Auswechslung führte, so: „Der Muskel hat sich zugezogen. Ich habe keinen Stich verspürt, das ist ja schon mal ein gutes Zeichen. Aber der Oberschenkel ist fest, da werden wir ein paar Tage ran müssen.“
BVB vor einer richtungsweisenden Woche
Viel Zeit für Erholung bleibt allerdings nicht, der BVB steht vor einer richtungsweisenden Woche. Noch bevor am Samstag der Meister ins Ruhrgebiet kommt, muss das Team von Trainer Lucien Favre am Mittwoch (21 Uhr/Sky) in der Champions League beim FC Brügge ran. Wenn womöglich schon nicht in Belgien, hoffen die Dortmunder spätestens gegen München auf Hummels’ Einsatz. Der Malade sagt selbst: „Ich hoffe, dass ich das Wettrennen gegen die Zeit gewinne.“
Aus Sicht des BVB wäre es wichtig, dass Hummels dieses Rennen gewinnt. Nicht nur, weil er plötzlich zum Torjäger mutiert und nach je nur einem Treffer in den vergangenen vier Spielzeiten zu diesem frühen Saisonzeitpunkt mit drei Toren prächtig dasteht. Viel wichtiger ist Hummels als Kopf der Defensive, die sich mit Ausnahme beim 1:3 bei Lazio Rom als durchaus gefestigter präsentiert. In sechs Ligaspielen hielt die Borussia fünfmal die Null – auch wenn die Gegner teilweise Schalke oder nun Bielefeld hießen, hat Hummels einen großen Anteil an der Dortmunder Stabilität. Auch ohne die Kapitänsbinde führt er seine Teamkollegen, überzeugt er mit guten Leistungen, ist er unersetzlich. „Er spielt sehr gut und ist in Top-Form“, schwärmt Trainer Favre von seinem Abwehrchef. „Mats ist sehr wichtig für unsere Mannschaft, das ist klar.“
BVB mit Personalsorgen in der Defensive
Mit herausragender Antizipation und starkem Stellungsspiel schafft es Hummels auch im fortgeschrittenen Fußballeralter noch, sein Tempodefizit auszugleichen. Auf diese Art erstickt er viele Angriffsbemühungen der Gegner im Keim. Und auch in direkten Duellen sowie mit dem Ball am Fuß zählt er noch zu den besten Verteidigern der Liga.
Weil kein anderer Dortmunder Innenverteidiger ein solches Gesamtpaket mitbringt, müsste Favre seine Spielweise anpassen, sollte Hummels für Brügge und München absagen. Da Dan-Axel Zagadou (Knie) und Emre Can (Covid-19) weiter ausfallen, müssten Thomas Delaney oder Lukasz Piszczek im Abwehrzentrum aushelfen – keine Idealbesetzung. Hummels sollte sich in seinem Wettrennen gegen die Zeit also sputen. Was bei Julian Brandt ein wenig flapsig klang, sollte allen Dortmunder Mut aber machen: „Er hat zwei Tore gemacht, dem geht es gut. Der hat gutes Heilfleisch.“