Dortmund. BVB-Trainer Lucien Favre steht vor dem Revierderby gegen Schalke vor einer schwierigen Situation. Den Schalkern dürfte das bekannt vorkommen.

Trainer Lucien Favre hatte schon etwas länger Gewissheit, spätestens am Dienstag aber war es auch für Beobachter offensichtlich: Da kamen seine Spieler Axel Witsel und Emre Can nicht im Mannschaftsbus zum Trainingsgelände von Borussia Dortmund, sondern sie fuhren in Privatwagen vor und später auch wieder weg, ohne mit den Kollegen trainiert zu haben.

Witsel und Can sind nicht in der BVB-Mannschaftsquarantäne

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Und daraus ließen sich zwei Schlüsse ziehen: Die beiden Mittelfeldspieler, die sich schon seit Tagen mit Muskelproblemen herumschlagen, sind derzeit nicht mit ihren Mannschaftskollegen in Quarantäne im Hotel l’Arrivée. Die aber ist von der Deutschen Fußball-Liga für eine Woche vorgeschrieben, damit trotz Corona-Pandemie nur gesunde Profis dabei sind, wenn die Saison wieder aufgenommen wird. Deshalb darf es als gesichert gelten, dass Witsel und Can im Revierderby gegen Schalke 04 am Samstag (15.30 Uhr/Sky) ausfallen werden.

Zum Start muss Favre also auf zwei seiner wichtigsten Mitarbeiter verzichten. Auf jene, die im Zen­trum agieren, im Herz des Spiels, die gleichermaßen den Spielaufbau und die defensive Absicherung verantworten. Und damit nicht genug: Kapitän Marco Reus (Aufbautraining nach Muskelverletzung) und Innenverteidiger Dan-Axel Zagadou (Außenbandverletzung im Knie) fehlen ebenfalls, und auch Nico Schulz dürfte wegen Muskelproblemen ausfallen.

Vier Rückkehrer bei Schalke

Die Verhältnisse haben sich gewaltig gedreht im Revier, zumindest die personellen. Mitte März, als das Derby ursprünglich terminiert war, ging Schalke am Stock: In Suat Serdar, Daniel Caligiuri, Ozan Kabak, Salif Sané, Omar Mascarell, Benjamin Stambouli und Juan Miranda hätten sieben Spieler gefehlt, bis auf Miranda alles klare Startelf-Kandidaten. Gerade in der Abwehr wusste Trainer David Wagner irgendwann fast nicht mehr, wen er eigentlich noch aufstellen konnte. Nun hat sich die Lage deutlich entspannt, nur noch Mascarell, Stambouli und Kabak fallen aus.

Dem BVB dagegen fehlen jetzt prägende Elemente seines Spiels. Schlecht für Favre. Gut aber für manchen Spieler, der in der laufenden Saison kaum eine Rolle spielte: Thomas Delaney, der lange verletzt fehlte, Mahmoud Dahoud – und Mario Götze.

Das Zentrum beim BVB wird zum Verschiebebahnhof

Gerade das Zentrum wird zum Verschiebebahnhof, es gibt sehr viele Fragezeichen. Logischer Ersatz für Witsel und Weigl wäre Delaney. Allerdings hat der Däne seit November kein Spiel mehr bestritten, als er sich im Länderspiel mehrere Bänder im Sprunggelenk riss. Auf Dahoud setzte Favre in dieser Saison nur in Ausnahmefällen, und selten gelang es dem 24-Jährigen dabei, überzeugend für sich zu werben.

Ein Platz im Zentrum ist ohnehin für Julian Brandt reserviert, entweder vorne, als Spielmacher – oder im defensiven Mittelfeld, wo er in der Hinrunde mehrmals stark aufspielte. Sollte Favre ihn nach hinten verschieben, würde vorne eine Planstelle frei, die je nach taktischer Ausrichtung an Thorgan Hazard oder Götze fallen könnte.

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Recht unvermittelt bietet sich so eine ganz neue Chance für das Dortmunder Eigengewächs, den Abschied positiv zu gestalten. Nachdem er 2015 vom FC Bayern München zurückgekehrt war, setzte er sich nie nachhaltig durch, nun läuft im Sommer der Vertrag aus. Und obwohl BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke kürzlich weitere Gespräche ankündigte, stehen die Zeichen unverändert auf Abschied.

Derzeit sondiert Götzes neuer Berater Reza Fazeli intensiv den Markt. Doch die Suche gestaltet sich nicht eben einfach – auch weil durch die Corona-Pandemie vielen Klubs die Planungssicherheit fehlt. Da würde es nicht schaden, könnte Götze jetzt ein bisschen Eigenwerbung machen.

Auch Reyna scharrt mit den Hufen

Vielleicht aber verhagelt ihm ein Nachwuchstalent die neue Chance: Giovanni Reyna, 17 Jahre alt, hatte sich vor der Corona-Pandemie zum Einwechselspieler Nummer eins entwickelt. Ihn brachte Favre stets als ersten, um neue Impulse zu setzen. Und Reyna scharrt gewaltig mit den Hufen: „Es gab kein Licht am Ende des Tunnels, nichts, auf das man sich freuen konnte“, sagte er kürzlich über die zurückliegenden Wochen. „Jetzt sind wir endlich im Training und haben ein Datum für das Spiel gegen Schalke. Es ist großartig, dass wir wieder etwas haben, auf das wir uns freuen können.“