Dortmund. Lucien Favre kämpft bei Borussia Dortmund um seinen Job. Am Samstag kommt es in Berlin zum spektakulären Trainer-Duell mit Jürgen Klinsmann.

Lucien Favre senkte seinen Kopf leicht. Ob er sich an das letzte Bundesligaspiel gegen Jürgen Klinsmann erinnern könne, war er gefragt worden. Favre kramte lange in seinem Gedächtnis. Er grübelte, das sah man dem Schweizer an. Auf die richtige Lösung kam der BVB-Trainer aber nicht: 14. Februar 2009, Olympiastadion Berlin, Hertha gegen Bayern, 2:1. Favres Berliner setzten sich durch den Erfolg an die Tabellenspitze, Jürgen Klinsmann verlor knapp zwei Monate seinen Posten beim Rekordmeister.

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Die Vorzeichen haben sich geändert, wenn Borussia Dortmund am Samstag (15.30 Uhr/Sky) in Berlin gastiert. Klinsmann folgte am Mittwoch als Trainer auf den glücklosen Ante Covic und ist der große Hoffnungsträger der Herthaner. Favre kämpft beim kriselnden BVB um seinen Job, obwohl die Führungsriege dem 62-Jährigen öffentlich den Rücken stärkt. „Wir haben Vertrauen zu Lucien, er arbeitet sehr hart, will die Trendwende schaffen. Wir glauben, dass wir das hinkriegen in dieser Konstellation“, sagte Sportdirektor Michael Zorc.

Favre ist mit den Gesetzen der Branche vertraut

Und was passiert, sollte die Borussia in der Hauptstadt den nächsten Rückschlag hinnehmen müssen? „Wir bleiben in der Realität und begeben uns nicht in den Konjunktiv“, so Zorc. Auch Favre gab sich wie schon in den vergangenen Tagen kämpferisch, nahm die Kritik an seiner Person hin. „Das gehört dazu, wenn die Ergebnisse nicht da sind“, erklärte der Schweizer. „Ich akzeptiere das.“

Am anderen Ende der Republik versprüht Klinsmann dagegen Aufbruchstimmung. „Das Allerwichtigste hat die Mannschaft aufgenommen: Wir brauchen Punkte – egal wie“, sagte der Weltmeister von 1990. Die derzeitigen Problemen bei den Westfalen habe er selbstverständlich registriert, betonte jedoch: „Der BVB geht uns gar nichts an.“

Alcácer fehlt auch am Samstag in Berlin

Der hat schließlich genug mit sich selbst zu tun. Mittelstürmer Paco Alcácer fehlt wie bereits in der Champions League beim FC Barcelona. Er hatte nicht nur beim 3:3 gegen Paderborn einen Schlag auf das Knie bekommen, sondern plagt sich zusätzlich mit einer Magen-Darm-Erkrankung rum. Für ihn kommt das Auswärtsspiel in Berlin zu früh. Das gilt logischerweise ebenso für den dänischen Mittelfeldmann Thomas Delaney, für den das Fußballjahr 2019 wegen eines Bänderrisses im Sprunggelenk beendet ist. „Beim Rest weiß ich es noch nicht“, erklärte Favre. Im Camp Nou hatte Julian Brandt Alcácer im Angriff ersetzt.

Die Stürmerfrage ist dieser Tage sicher nicht die einzige vakante Personalie, die Klub und Umfeld beschäftigt hatte. Jadon Sancho musste Mittwoch zunächst auf der Bank Platz nehmen. Eine Disziplinarmaßnahme. Mal wieder.

Zorc berichtet von guten Gesprächen mit Sancho

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„Wir haben das Thema schon längst intern mit ihm unter Mannschaft besprochen“, sagte Zorc. „Jadon ist ein ganz normaler Bestandteil der Mannschaft.“ Und soll das auch über den Winter hinaus bleiben, auch wenn so mancher BVB-Fan befürchtete, Sancho würde einen Abgang in der anstehenden Transferperiode erzwingen wollen. „Den Eindruck habe ich nicht nach den Gesprächen, die wir mit ihm und seiner Agentur geführt haben, nicht“, betonte Dortmunds Sportdirektor.

Da war der Zoff noch nicht absehbar: BVB-Trainer Lucien Favre umarmt Jadon Sancho beim Hinspiel gegen Hertha BSC. Borussia Dortmunds Jungstar fiel seitdem durch einige Eskapaden auf.
Da war der Zoff noch nicht absehbar: BVB-Trainer Lucien Favre umarmt Jadon Sancho beim Hinspiel gegen Hertha BSC. Borussia Dortmunds Jungstar fiel seitdem durch einige Eskapaden auf. © Firo

Immerhin ließ Sancho nach seiner Einwechslung mal wieder sein Können aufblitzen. Er traf zum 1:3. Favre war mit der Leistung des gesamten Teams zufrieden. „Man kann die Mannschaft für das Spiel in Barcelona nicht kritisieren“, so der Schweizer zwei Tage nach dem Europapokal-Auftritt. „Wir hatten zwei große Möglichkeiten in der ersten Halbzeit und auch in den letzten 25 Minuten drei, vier große.“ Man müsse positiv denken.

Spieler können sich nicht mehr herauswinden

Das predigt der BVB-Coach seit Wochen. Es wird Zeit, dass seine Elf den Ansagen Taten folgen lässt. Sonst wird aus dem, was heute noch im Konjunktiv gesagt wird, schneller Realität als gedacht.