Bad Ragaz. Borussia Dortmunds Stärke ist die Offensive. Doch Trainer Lucien Favre legt Wert auf Sicherheit. Wie viel Risiko wird er in der Saison wagen?

Lucien Favre ist nun wahrlich kein Freund der großen Worte. Und so steht der Trainer von Borussia Dortmund am Dienstag während des Trainingslagers auf dem Fußballplatz in Bad Ragaz und erklärt trotz der beachtlichen Frühform seiner Mannschaft vor allem, wo er noch Verbesserungspotenzial sieht. „Die Balance ist wichtig“, sagt Favre. „Da müssen wir weitere Fortschritte machen“, ergänzt er, schaut auf den Boden, rauft sich die wuscheligen Haare und spricht noch einmal ein Problem der vergangenen Spielzeit an: „Wir dürfen keine einfachen Fehler machen.“

Denn gerade in der vergangenen Rückrunde verlor Favres Elf häufig das Gleichgewicht zwischen Offensive und Defensive, hinzu kamen zittrige Beine und teilweise unerklärliche Patzer. Auch deswegen wurde es am Ende nichts mit der Deutschen Meisterschaft, die nun in der kommenden Saison bekanntlich gewonnen werden soll.

Sicherheit vor Spektakel

Dafür haben die Verantwortlichen die Geldbörse weit aufgemacht, über 100 Millionen Euro für Neuzugänge ausgegeben. Die Offensive verfügt nun über zahlreiche Künstler. Doch wer den Sicherheitsfanatiker Favre kennt, der weiß, dass der 61-Jährige den Schlüssel für den Titelgewinn viel eher in einer funktionierenden Defensive vermutet. Sicherheit geht bei ihm vor Spektakel. Wie viel Risiko wagt er also in der kommenden Spielzeit?

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Geht Favre im Mittelfeld auf Nummer sicher?

Die Frage stellt sich vor allem im Mittelfeldzentrum, dem Gleichgewichtsorgan jeder Elf. Hier könnte Favre auf Nummer sicher gehen und wie in der vergangenen Saison auf zwei Sechser setzen, die dann vermutlich Axel Witsel und meistens Thomas Delaney heißen würden. Oder aber der Trainer riskiert, den Gleichgewichtssinn seiner Elf zu stören, indem er nur noch einen Sechser aufstellt.

Dafür dann aber mit zwei offensiven Mittelfeldspielern für erheblichen Schwindel bei den Gegnern sorgen könnte. Der Kader gibt diese Variante her. Mario Götze, Julian Brandt, Marco Reus, Raphael Guerreiro, Mahmoud Dahoud, Thorgan Hazard und Tobias Raschl können alle auf der Acht oder Zehn für den Unterschied sorgen.

Dann aber wäre Witsel plötzlich bei der Defensivarbeit auf sich allein gestellt.

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Große Ziele mit dem BVB

Der Belgier geht in seine zweite BVB-Saison, nachdem er im Sommer 2018 von Tianjin Quanjian aus China ins Revier gewechselt war. Er fühle sich nun stärker, erklärt er in Bad Ragaz, weil er sich durch das eine Jahr in der Bundesliga weiterentwickelt habe. Daher ist für den 30-Jährigen jetzt auch der richtige Zeitpunkt gekommen, um mutiger zu sein, um große Ziele zu formulieren. In der vergangenen Saison habe man zu viele Punkte gegen kleinere Verein liegen lassen. Dies müsse sich ändern. Denn: „Wir sind jetzt in der Lage, um den Titel zu spielen.“

Vor allem gegen vermeintlich schwächere Gegner könnte die offensivere Variante im Mittelfeld helfen, tiefstehende Verteidigungslinien zu knacken. Trotz des Risikos. „Ich würde sagen, dass es geht“, sagt Neuzugang Nico Schulz, merkt aber auch pflichtschuldig an, dass für die Aufstellung natürlich der Trainer zuständig sei.