Bad Ragaz. Borussia Dortmunds Offensivstar Marco Reus wird nach 2012 erneut für seine Leistungen ausgezeichnet: Der BVB-Kapitän ist Fußballer des Jahres.

Manchmal zeigt sich der Stellenwert von Marco Reus für Borussia Dortmund auch an kleinen Dingen. Als er am Sonntag etwa durch die Lobby des glamourösen Mannschaftshotels in Bad Ragaz schlendert, vorbei an goldenen Spiegeln und funkelnden Kronleuchtern, da taucht plötzlich eine Familie auf. „Marco“, ruft die Mutter aufgeregt und fragt nach einem Selfie. Schließlich hat sie mit ihren Kinder extra auf ihren Liebling gewartet, dafür den vielleicht teuersten Kaffee des Lebens getrunken.

Das Aushängeschild des Vizemeisters

Also: Handy an, Foto knipsen. Dass hier auch der ein oder andere Profi durch die Lobby marschiert, interessiert die Selfie-Jäger weniger. Sie haben gewartet, um dem BVB-Kapitän näherzukommen.

Der 30-Jährige ist nunmal das Aushängeschild des Vizemeisters, weil er alles vereint, wofür der Klub stehen möchte. Reus ist in Dortmund geboren, trägt die Stadt in seinem Herzen. Er hat seit 2012 im BVB-Trikot einige Tiefen, aber auch viele Höhen durchlebt. Und natürlich begeistert er auf dem Rasen, vollendet Angriffe, inszeniert Torgelegenheiten, grätscht sogar. „Marco ist sehr wichtig für uns, für den Klub, für die Fans“, erklärt Mitspieler Axel Witsel. „Er hat eine Schusstechnik, die ist verrückt. Ich kann das nicht.“

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17 Tore hat Reus so in der vergangenen Saison erzielt, elf weitere vorbereitet. Der Kapitän verpasste mit dem BVB die Deutsche Meisterschaft nur knapp. Deswegen haben ihn die deutschen Sportjournalisten zum „Fußballer des Jahres 2019“ gewählt. Schon 2012 erhielt Reus die Auszeichnung, nun ist er zum zweiten Mal der Beste bei der Abstimmung des Fachmagazins Kicker.

Klopp ist Trainer des Jahres

Garniert wird der Preis dadurch, dass Jürgen Klopp ebenfalls geehrt wird. Er wird als „Trainer des Jahres 2019“ ausgezeichnet, da er mit dem FC Liverpool in der Champions League triumphiert hat.

Gut gelaunt: Jürgen Klopp.
Gut gelaunt: Jürgen Klopp. © DPA

Vor ein paar Jahren scheiterten Reus und Klopp mit dem BVB mehrmals in verschiedenen Finalspielen, jetzt sagt Klopp: „Es ist schön, dass wir beide doch noch gemeinsam einen Titel geholt haben.“

Und Reus selbst? Der erklärt am Sonntag mehrfach, wie stolz ihn dieser Preis mache. Auch weil er sich 2017 das Kreuzband gerissen habe. „Da weiß man nie, wie man wiederkommt“, meint der Offensivspieler. Allerdings räumt er ein: „Ich würde die Auszeichnung gegen die Meisterschaft eintauschen.“

Tüfteln mit Hochbegabten

Mit dem Titel soll es in der kommenden Saison deswegen endlich klappen. Dafür bereitet sich der Vizemeister noch bis Samstag im schweizerischen Bad Ragaz auf die kommende Spielzeit vor. Um Reus herum tüftelt Trainer Lucien Favre gerade daran, die vielen Hochbegabten beim BVB zu einer funktionierenden Mannschaft zusammenzufügen.

Beim 4:1-Testspielsieg über Udinese Calcio war am Samstag in den ersten 45 Minuten bereits zu bestaunen, über welch großes Potenzial die Offensive verfügt. Die Neuzugänge Julian Brandt, Thorgan Hazard und Nico Schulz versprechen Tempo, Mats Hummels verspricht Reife. Viel Qualität. Das Hauptaugenmerk liege daher auf dem Gewinn der Deutschen Meisterschaft, sagt Reus. „Dafür brauchen wir Konstanz. Dann haben wir große Möglichkeiten.“

2012 war Reus bei seiner Auszeichnung noch ein Versprechen für die Zukunft, weil er zuvor mit Borussia Mönchengladbach die Bundesliga überrascht hatte. „Jetzt ist es schöner, als es damals war“, meint der Nationalspieler, der bei der Wahl durch 158 Stimmen vor Kai Havertz (121) von Bayer Leverkusen und Joshua Kimmich (35) steht. „Ich bin mittlerweile 30 – und werde diese Auszeichnung vielleicht nicht mehr so oft erhalten“, sagt Reus.

Ein paar Jahre bleiben ihm aber noch. Um weitere Preise zu gewinnen. Um die Deutsche Meisterschaft zu ergattern. Um Anhänger zu verzücken. So wie am Sonntag. Da verlässt die Familie die Lobby mit strahlenden Augen. Auch nachdem sie den Kaffee bezahlt hat.