Chicago. Seit gut einer Woche trainiert Thorgan Hazard beim BVB mit. Im Interview spricht er über seine Wechsel-Gründe und das Meisterschaftsziel.

„Ach, Sie sind das“, sagt Thorgan Hazard zur Begrüßung. „Wir haben uns doch gestern schon gesehen.“ Der 26-Jährige ist noch im Findungsprozess bei Borussia Dortmund, nachdem er im Sommer für 25,5 Millionen Euro von Borussia Mönchengladbach gekommen ist. Seit gut einer Woche trainiert er mit, auf der USA-Reise war nun Gelegenheit, die Mitspieler, Betreuer und auch die Journalisten rund um den Klub kennenzulernen. Im Interview am Flughafen von Chicago spricht der belgische Nationalspieler über die Gründe für den Wechsel, die Integration in Dortmund, die Zusammenarbeit mit Trainer Lucien Favre – und erklärt, warum eine Karriere als American-Football-Profi keine gute Idee wäre.

Herr Hazard, wären Sie lieber Footballspieler als Fußballprofi?

Thorgan Hazard: Ich kann mir denken, warum Sie das fragen. Die ganze Infrastruktur in den USA, die Trainingsplätze, die Klubanlagen, die Kabinen – das war alles wirklich beeindruckend. Wir hatten die Möglichkeit, auf dem Gelände der Seattle Seahawks zu trainieren…

Einem Klub aus der US-Profiliga NFL…

Hazard: Und das war wirklich imposant. Es ist alles viel, viel größer als bei uns, und die Qualität der Plätze ist hervorragend. Aber ich glaube nicht, dass ich NFL-Spieler sein könnte, dafür bin ich zu klein und nicht kräftig genug. Es ist schon besser, dass ich Fußball spiele.

BVB-Reporter Sebastian Weßling (links) mit Thorgan Hazard.
BVB-Reporter Sebastian Weßling (links) mit Thorgan Hazard.

Haben Sie denn nach all den Eindrücken eine Wunschliste in Sachen Infrastruktur mitgenommen, die sie jetzt Sportdirektor Michael Zorc und Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke vorlegen?

Hazard: (grinst) Die haben das ja selbst gesehen und werden schon wissen, was es noch zu verbessern gibt. Und ich hörte übrigens auch schon von Investitionen in unser Trainingsgelände - das bei alldem ja auch so schlecht nicht ist!

Abgesehen von den Sportanlagen: Wie hat Ihnen die Reise gefallen?

Hazard: Super! Für mich war es die zweite USA-Reise, ich war schon mal mit der belgischen Nationalmannschaft da, unter anderem in New York. Jetzt waren wir nur sechs Tage in den USA – und die sind sehr gut rumgegangen. Die Leute waren sehr freundlich, alles war super.

Für Sie war es die erste Reise mit dem BVB. Wie läuft die Integration?

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Hazard: Ebenfalls super. Ich kannte ja schon einige Spieler und auch den Trainer. Viele in der Mannschaft sprechen Französisch, was mir sehr hilft. Alle sind sehr freundlich, es herrscht eine gute Atmosphäre im Team. Und das Niveau des Fußballs ist sehr hoch, wir haben viel Qualität und viele gute Spieler. Ich bin sehr glücklich, hier zu sein.

Ist es ein Vorteil, den Trainer zu kennen?

Hazard: Das weiß ich nicht, aber natürlich weiß ich, wie er ist, was er will und wie er arbeitet. Vielleicht ist das ein Vorteil. Und weil er Französisch spricht, kann er mir manche Dinge besser erklären.

Es ist schon eine ganze Weile her, dass Sie mit Lucien Favre zusammengearbeitet haben. Hat er sich verändert?

Hazard: Nach den ersten Eindrücken ist er immer noch die gleiche Person. Aber er hat natürlich auch dazugelernt. Er hat in Nizza in Frankreich gearbeitet, hat dort andere Erlebnisse und Eindrücke gesammelt. Davon hat er sicher einiges mitgebracht.

Sie kennen also den Trainer, dafür ist der Klub neu. Was ist Ihnen bislang aufgefallen im Vergleich zu Gladbach?

Hazard: Der Klub ist größer, und das spielerische Niveau ist noch einmal höher. In Gladbach hatten wir auch eine sehr gute Mannschaft mit vielen guten Jungs. Aber hier hat man genug Topspieler für zwei oder sogar drei Mannschaften, mit denen man in der Bundesliga spielen könnte. Das ist ja auch logisch: Dortmund hat die größeren Mittel und die höheren Ziele.

Für Sie ist in der Offensive die Konkurrenz groß. In den Testspielen gegen Seattle und Liverpool waren sie Mittelstürmer. Gefällt Ihnen die Position?

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Hazard: Der Trainer kennt mich und weiß, dass ich gerne zentral spiele. Aber das hängt vom System ab und auch davon, wo meine Kollegen spielen können und wollen. Ich fühle mich auch als Außenspieler wohl. Das wichtigste ist, dass ich überhaupt spiele – wo, ist dann zweitrangig.

Was für Stärken bringen Sie denn mit?

Hazard: Das ist schwierig zu beantworten, weil ich nicht gerne über mich rede.

Dann helfe ich mal: Sie sind ziemlich schnell…

Hazard: Ja, ich glaube, dass ich mehr Tiefe zum Spiel beitragen kann. Ich mache gerne Läufe hinter die Abwehrkette, mit direktem Zug zum Tor. Ich mag attraktiven Offensivfußball, und in dieser Mannschaft haben wir viele gute Spieler.

Aber keinen großen, wuchtigen Stürmer. Braucht Dortmund so einen?

Das muss der Trainer wissen. Wie ich ihn kenne, entspricht das aber nicht seiner Philosophie. Er will viel Bewegung sehen, er will Spiel mit dem Ball und Kombinationen. In Dortmunds Offensive hat ja in der vergangenen Saison alles hervorragend geklappt – und zwar auch ohne großen Stürmer.

Sie wurden von vielen Klubs umworben. Warum wurde es Dortmund?

Hazard: Es stimmt, es gab andere Anfragen. Es war einfach ein Gefühl. Ich kenne die Bundesliga gut. Dortmund ist nicht weit von meinem bisherigen Wohnort. Es ist ein fantastischer Klub mit großen Zielen. Ich hatte Lust auf eine neue Herausforderung und hatte das Gefühl, dass Dortmund dafür der richtige Ort ist. Ob das die richtige Entscheidung war, müssen wir abwarten. Aber momentan bin ich sehr zufrieden.

Hat Ihr Nationalmannschaftskollege Axel Witsel Sie überzeugt?

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Hazard: Das musste er gar nicht. Wenn ein Klub wie Borussia Dortmund dich verpflichten möchte, willst du auch dorthin. Aber natürlich haben wir darüber gesprochen, und er hat mir gesagt, dass er sich sehr wohlfühlt. Er spielt eine wichtige Rolle in der Mannschaft, aufgrund seiner Position im Zentrum und aufgrund seiner Erfahrung. Und er hilft mir jetzt natürlich, mich einzuleben.

Das muss schnell gehen, die Ansprüche sind groß. Der BVB will Meister werden.

Hazard: Ja, aber das wollen viele Klubs. Letztes Jahr war Dortmund ganz nah dran. Und ich glaube, es muss jedes Jahr das Ziel sein, Meister werden zu wollen oder den Pokal zu gewinnen – Hauptsache, man hat am Ende eine Trophäe. Aber das ist nicht einfach, man muss sehr konstant und sehr stark sein, denn die Konkurrenz ist groß.

Welche Ziele setzen Sie sich denn persönlich?

Hazard: Ich will so viel wie möglich spielen und der Mannschaft helfen, einen Titel zu gewinnen. Dafür ist es wichtig, Tore zu schießen und vorzubereiten. Das trägt dazu bei, Spiele zu gewinnen. Aber jetzt muss ich mich erst einmal gut integrieren und meinen Platz im Team finden.