Dortmund. Dortmund reist kommende Woche als Tabellenführer zum Bundesliga-Topspiel nach München. Der Sieg gegen Wolfsburg kam spät, doch setzt Kräfte frei.
Eigentlich hätte es einer Stimmungssteigerung nicht mehr bedurft. Borussia Dortmunds Stadionsprecher Nobby Dickel griff dennoch zum Mikrofon und brüllte: „Endstand: Freiburg eins, Bayern eins!“ Da schwoll der ohnehin schon laute Jubel noch einmal an, da mischte sich in die Begeisterung über den glücklichen 2:0 (0:0)-Sieg durch einen Doppelpack von Paco Alcácer gegen den VfL Wolfsburg die Gewissheit, in einer Woche als Tabellenführer mit zwei Punkten Vorsprung in das Topspiel beim FC Bayern München zu gehen. „Wer wird deutscher Meister? BVB Borussia“, sangen die Fans, gefolgt vom Auftrag „Zieht den Bayern die Lederhosen aus“ – und dann wurde wieder verkündet: „Deutscher Meister wird nur der BVB.“
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Michael Zorc sang nicht mit, dem Sportdirektor war eher nach Mahnen und Warnen zumute: „Nächste Woche brauchen wir eine bessere Leistung, mehr braucht ihr gar nicht schreiben“, brummte er in Richtung der Journalisten. Aber weil die Journalisten eben doch ein bisschen mehr zu schreiben und zu senden hatten, breitete Zorc seine Gedanken doch etwas ausführlicher aus: „Wir hatten Schwierigkeiten, unseren Rhythmus zu finden, hatten wenig Tempo im Spiel“, monierte er. „Wolfsburg hat es sehr, sehr gut gemacht.“ Möglicherweise, meinte er, taten sich die Spieler schwer, nach der Länderspielpause wieder in den Wettkampfrhythmus zu kommen. Sein Fazit: „Insgesamt war heute zu wenig Tempo im Spiel.“
Reus fehlt wegen der Geburt seiner Tochter
So hatten die BVB-Anhänger in der ersten Halbzeit nur einmal Anlass, sich ausgelassen zu freuen: als auf der Anzeigetafel die frühe Führung des SC Freiburg gegen Bayern eingeblendet wurde. Die schwarz-gelben Akteure auf dem Rasen dagegen taten sich lange schwer. Dortmund hatte mehr Ballbesitz, Wolfsburg hielt mit hervorragender Organisation und rustikaler Zweikampfführung dagegen. Man merkte dem Offensivspiel das Fehlen von Marco Reus an, der dessen Freundin Scarlett Gartmann die Wehen eingesetzt hatten.
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So fehlte es dem Angriffsspiel meist an Tempo und Ideen. Weil aber die Abwehr ihre Aufgabe gut erledigte, blieben Chancen auf beiden Seiten Mangelware. Dan-Axel Zagadous Kopfball nach Raphael Guerreiros Freistoß strich knapp vorbei (8.), Alcácer lenkte eine Hereingabe von Mario Götze über das Tor (19.), Zagadou traf völlig freistehend den Ball per Kopf nicht richtig, weshalb er das Tor deutlich verfehlte (41.) und Guerreiro kam nicht richtig an eine Flanke, weshalb auch dieser Ball neben das Tor flog (43.).
Das klang nach einem Offensiv-Feuerwerk, in Wahrheit aber war es über weite Strecken ein zähes Spiel, weil Wolfsburg sich sehr kompakt am eigenen Strafraum versammelte und die Dortmunder bei den wenigen Kontergelegenheiten meist den Ball nach hinten und nicht den Risikopass nach vorne wählten. Wolfsburg wurde bis zur Pause einmal richtig gefährlich: Wout Weghorst zog von links nach innen, seinen abgefälschten Schuss lenkte BVB-Torhüter Roman Bürki nur mit Mühe um den Pfosten (28.).
Alcacer trifft in der Nachspielzeit
In der zweiten Halbzeit tat sich aus Dortmunder Sicht lange wenig Erfreuliches – im Gegenteil: Erst musste Linksverteidiger Abdou Diallo verletzt ausgewechselt werden, wenig später humpelte auch sein Ersatzmann Achraf Hakimi vom Feld – die Diagnosen bei beiden standen am Samstagabend noch aus. Ansonsten zeigte nun Wolfsburg die gefälligere Spielanlage, beschwor einige gefährliche Situationen vor dem Dortmunder Tor herauf.
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Aber der BVB hat ja Alcácer, der über 90 Minuten kaum zu sehen war, der einen Freistoß kläglich in Richtung Eckfahne drosch – der dann aber in der Schlussminute einen ruhenden Ball fast von der Strafraumgrenze ins Tor drosch. Der Ball war noch leicht abgefälscht, dennoch sah Wolfsburg-Torhüter Koen Casteels nicht gut aus. Den BVB-Fans war es egal, sie feierten ekstatisch.
Und auch Zorc lobte: „Das ist dann auch Qualität, wenn du zehn Minuten früher einen Freistoß in die Wolken ballerst und den dann so reinhaust.“ Alle Zweifel am Erfolg waren dann spätestens beseitigt, als in der Nachspielzeit Jadon Sancho über rechts davon lief, den Ball in die Mitte legte, Jacob Bruun Larsen durchließ und erneut Alcácer vollstreckte – weshalb der BVB neben der Tabellenführung auch reichlich Selbstbewusstsein mit zum Auswärtsspiel nach München nimmt.