Dortmund. . Nach dem 5:1-Sieg gegen Hannover 96 schlagen die BVB-Profis eher selbstkritische Töne an. Das spricht für die Mentalität der Mannschaft.

Die Reaktionen fielen exakt so aus, wie es zu erwarten war nach einem Spiel, das 5:1 ausgegangen war: „Wir haben es dem Gegner sehr schwer gemacht, waren mutig und haben offensiv hoch gepresst“, freute sich die eine Seite. „Wir haben ein gutes Spiel gemacht.“

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Erstaunlich war nur, aus welchem Lager diese Stimmen kamen: Es waren die mit 1:5 unterlegenen Hannoveraner in Person des da noch amtierenden Trainers André Breitenreiter und des Torhüters Michael Esser, die sich für die eigene Leistung auf die Schulter klopften. Die Dortmunder, die nicht nur deutlich gewonnen, sondern mit 48 Punkten nach 19 Spieltagen auch einen Klubrekord aufgestellt hatten, waren deutlich kritischer: „Es war heute nicht so eine gute Leistung“, urteilte Torwart Roman Bürki. „Wir haben kein Topspiel gemacht.“ Und Kapitän Marco Reus fand: „Das Spiel hat gezeigt, dass wir uns auch gegen den Tabellenvorletzten schwer tun, wenn wir nicht mit der gleichen Einstellung wie gegen Leipzig oder in der Hinrunde ins Spiel gehen.“

BVB brauchte Hannoveraner Hilfe

Es waren treffende Einschätzungen der beiden besten Dortmunder. Der Tabellenführer war zwar in der ersten Halbzeit durch einen herrlichen Schlenzer von Achraf Hakimi in Führung gegangen (24.), was nach zwei vergebenen Großchancen von Marco Reus verdient war. Aber der BVB hatte auch Glück, dass Roman Bürki den Kopfball von Hendrik Weydandt stark parierte (2.) und dass der Elfmeterpfiff ausblieb, als Thomas Delaney im Strafraum Noah Sarenren Bazee auf den Fuß stieg (35.). „Wir haben uns in der ersten Hälfte schwer getan, obwohl wir zwei erstklassige Torchancen durch Marco Reus hatten“, sagt Sportdirektor Michael Zorc tags drauf im Gespräch mit dieser Zeitung. „Hannover hat durch das hohe Angreifen Räume angeboten, die wir besser hätten nutzen müssen.“

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Doch es sollte noch eine Weile dauern, ehe der BVB klare Verhältnisse herstellte. Und er brauchte dafür die Hilfe von Miiko Albornorz, der sich recht tölpelhaft von Hakimi den Ball abjagen ließ. Ein schneller Pass in die Mitte, ein technisch hochwertiger Lupfer von Reus, und schon stand es 2:0 (60.) – und Hannover fiel komplett auseinander. Jadon Sancho dribbelte, steckte durch auf Mario Götze, der das 3:0 markierte (62.). Und dann spazierte Reus durch die Defensive der Gäste und bediente Guerreiro – 4:0 (67.). Hannover gelang in Person von Marvin Bakalorz noch der Ehrentreffer (86.), Axel Witsel stellte per Fernschuss den alten Abstand wieder her (90.+1).

Gegentor ärgert Torwart Bürki

Bürki ärgerte sich trotzdem gewaltig über den Gegentreffer: „Das war nachlässig verteidigt und ein bisschen arrogant“, schimpfte er. Kapitän Reus sprach vom „unnötigsten Gegentor des Jahres“ und forderte: „Wir müssen bessere Abläufe haben, besser hinten rausspielen, wenn uns der Gegner zustellt.“

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Die Reaktion seiner Spieler gefällt dem Sportdirektor: „Es ist gut, dass unsere Profis selbstkritisch sind“, sagt er. Denn auch das ist ein Zeugnis des Mentalitätswandels, der sich in der Mannschaft vollzogen hat. Wurde in der Vergangenheit noch manches schmeichelhafte Ergebnis schöngeredet, gaben sich nicht wenige Profis zu früh mit dem Erreichten zufrieden, findet sich im aktuellen Kader eine ganze Reihe an Spielern, die auch nach deutlichen Siegen den Finger in die Wunde legt und Verbesserungen anmahnt. Reus und Bürki gehören dazu, aber auch der im Sommer gekommene Thomas Delaney, der es immer wieder als seine Aufgabe sieht, die vielen jungen Spieler zu seriöser Arbeit auch in der Defensive zu animieren.

Erste Hälfte als Warnung

Nicht nur deswegen ist Zorc sicher, dass seine Profis die Spannung aufrecht erhalten: „Vor dem nächsten Auswärtsspiel in Frankfurt wiegt sich niemand in Sicherheit, jeder weiß um die Schwere der Aufgabe“, sagt er. Problematisch sei es da eher vor dem Spiel gegen Hannover gewesen, „weil im kompletten Umfeld nur über die Höhe des Sieges diskutiert wurde“, so Zorc. „Die erste Hälfte hat uns darin bestärkt, die einzelnen Aufgaben seriös und mit Gier anzugehen.“