Dortmund/Hannover. . Das Spiel beim BVB ist laut Hannover-Boss Kind zwar kein Endspiel für Trainer Breitenreiter - eine Jobgarantie gibt es aber auch nicht.
Lucien Favre ist ein Mensch, der sich exzessiv mit Fußball beschäftigt. Der Trainer von Borussia Dortmund kann gar nicht genug Videomaterial zu den kommenden Gegnern sichten. Und so hat er vor dem Heimspiel gegen Hannover 96 am Samstag (15.30 Uhr/Sky) Überraschendes entdeckt: „Ich habe auch Spiele gesehen, in denen sie sehr gut gespielt haben“, sagt der 61-Jährige und führt als Beleg ein 1:1 gegen den SC Freiburg an. „Und da hatte Hannover viel mehr Torchancen, obwohl Freiburg vorher 3:0 gegen Leipzig und 3:1 gegen Gladbach gewonnen hatte“, erzählt Favre.
Hannover hat nur elf Punkte
Es gehört zum guten Ton in der Bundesliga, den nächsten Gegner starkzureden, aber im Fall von Hannover muss sich Favre schon besondere Mühe geben. Denn die Niedersachsen haben in den bisherigen 18 Saisonspielen ganze 11 Punkte gesammelt und hängen auf den Abstiegsrängen fest.
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Einer der Punkte wurde ausgerechnet gegen den BVB geholt: Am zweiten Spieltag kamen die Dortmunder in Hannover nicht über ein 0:0 hinaus, wirkten ideen- und ratlos. „Ist Favre schon entzaubert?“, titelte die Bild am Sonntag tags drauf. Eine Frage, die sich schnell erledigt hatte, denn Favre und der BVB eilten fortan von Sieg zu Sieg und empfangen den Gast von der Leine heute als souveräner Tabellenführer. „Borussia Dortmund hat einen Super-Trainer, eine großartige Hinrunde gespielt“, lobt auch 96-Klubchef Martin Kind im Gespräch mit dieser Zeitung.
Kein Bekenntnis zu Breitenreiter
Über den eigenen Trainer sind derartige Lobeshymnen derzeit nicht zu hören, was bei der sportlichen Ausbeute auch nicht überrascht. Ein Endspiel soll die Partie gegen Dortmund für den früheren Schalker André Breitenreiter zwar nicht sein, betont Kind: „Wenn es ein Endspiel wäre, bräuchten wir gar nicht anzutreten“, sagt er. „Wir sollten ein realistisches Ergebnis erwarten.“ Ein Bekenntnis zum Trainer vermeidet der Klubchef aber: „Wir müssen uns natürlich mit allen Optionen beschäftigen. Alles andere wäre unehrlich.“
Es sind Worte, die Breitenreiter nicht gerne hören wird, der erst kürzlich beklagte, dass in der Winterpause zwar viel über ihn, aber selten mit ihm geredet wurde: „Enttäuscht bin ich, dass man mit mir nicht gesprochen hat“, sagte er. „Ich hätte mir gewünscht, dass man offen darüber redet.“
Worauf Manager Horst Heldt, der neben seinem Trainer saß, erwiderte: „Wenn André das so empfindet, dann ist es nicht gut. Wir müssen das respektieren. Die Vorwürfe müssen wir annehmen.“
Lautstarke Opposition gegen Kind
Schon in ihrer Endphase auf Schalke war nicht immer klar, ob die beiden gerade mit- oder gegeneinander arbeiten. Und jetzt lassen Trainer und Manager immer wieder durchblicken, wer schuld an der aktuellen Misere ist: der andere nämlich. „Das ist keine Qualitätsfrage“, sagt Heldt etwa über die Mannschaft, „sondern ein Kopfproblem.“ Sache des Trainers also. Der betont immer wieder, dass der Kader nicht breit genug besetzt ist.
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Der Klub präsentiert sich auf vielen Ebenen zerrissen: Eine lautstarke Opposition läuft Sturm gegen Kinds Pläne, die Mehrheit an der Profiabteilung zu übernehmen. Zuletzt gab es Gerüchte über einen Punktabzug, weil Kind eine Satzungsänderung vornahm, die die 50+1-Regel aushebeln soll.
Ein krasser Gegensatz zum BVB, wo intern zwar kontrovers diskutiert, nach außen aber mit einer Stimme gesprochen wird. Wo die Bosse den Kader im Sommer durch Hochkaräter wie Axel Witsel und Thomas Delaney punktgenau verstärkt haben. Gerade weil die Voraussetzungen so ungleich sind, weil die Favoritenrolle so klar vergeben ist, hält BVB-Sportdirektor Michael Zorc eine deutliche Mahnung für angebracht: „Wir hatten im Hinspiel große Probleme“, erinnert er. „Ich kann nur alle warnen, die die drei Punkte gedanklich schon eingesackt haben.“