Dortmund. Götze spielt die gegnerische Abwehr müde, dann kommt Alcacer und trifft. Auch am Mittwoch gegen Brügge kann das zum BVB-Erfolgsmodell werden.
Lucien Favre überlegt. Lange. „Er spürt Fußball“, sagt der Trainer von Borussia Dortmund dann über seinen Spieler Mario Götze. „Er spielt richtig. Und er gibt alles.“ Das klingt fast ein bisschen despektierlich, nach „stets bemüht“ und anderen Dingen, die man ungern im Arbeitszeugnis lesen möchte. Doch so ist es nicht gemeint, und deswegen lächelt Götze recht vergnügt, als er den Ausführungen seines Trainers lauscht.
BVB trifft auf den belgischen Meister FC Brügge
Der spricht am Dienstagmittag, einen Tag vor dem Champions-League-Spiel am Mittwochabend gegen den belgischen Meister FC Brügge (21 Uhr/Sky), über Fußball, Fitness, Fünferketten. Nicht über das, was fast gleichzeitig rund fünf Kilometer weiter nördlich am Dortmunder Landgericht passiert: Dort wird Sergej W. zu 14 Jahren Haft verurteilt, weil er im April 2017 einen Bombenanschlag auf die BVB-Spieler verübt hat.
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Favre war damals noch kein Angestellter des Klubs, Götze fehlte erkrankt. Sie saßen nicht im Mannschaftsbus, als daneben die Sprengsätze explodierten, und deswegen gelingt ihnen, worum sich alle im Klub mit Vehemenz bemühen: den Fokus auf den Sport zu lenken und die Gedanken an das Unfassbare auszublenden – so gut es eben geht.
Sportlich sieht die Welt ja regelrecht rosarot aus beim BVB, der schon mit einem Unentschieden gegen Brügge das Achtelfinale erreicht hätte. Und bei Mario Götze, der seiner ereignisreichen Karriere in diesen Tagen ein weiteres Kuriosum hinzufügt: Nachdem Dortmund in Paco Alcácer einen außergewöhnlich treffsicheren Mittelstürmer verpflichtet hat, kommt Götze endlich regelmäßig zu Startelf-Einsätzen – im Sturmzentrum.
Denn Alcácer kam mit gehörigem Fitnessrückstand vom FC Barcelona. „Er hat in den vergangenen zwei Jahren nicht viel gespielt“, erklärt Favre. „Es ist ganz normal, dass er Zeit braucht, bis es für 90 Minuten reicht.“ Ist es gegen Brügge so weit? „Man wird sehen.“ Gut möglich also, dass gegen die Belgier wieder jenes Teilzeitmodell greift, das zuletzt so gut funktionierte: Erst spielt Götze mit seinen vielen kurzen Pässen und den raumgreifenden Bewegungen auf den Flügel die Abwehr müde. Und irgendwann kommt Paco Alcácer und schießt mindestens ein Tor, gerne aber auch zwei oder drei Tore.
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Götze gefällt’s: „Wenn ich anfange und nach einer Stunde Paco kommt und ein Tor macht, ist das doch nicht so schlecht für die Mannschaft“, sagt er. „So jemanden auf der Bank zu haben, der regelmäßig Tore macht – da gibt es definitiv Schlechteres.“
Der 26-Jährige hat sich angefreundet mit einer Rolle, die er eigentlich gar nicht wollte. Noch in der Saisonvorbereitung betonte er wieder und wieder, dass er kein Stürmer sei, sondern ein Achter: einer, der von etwas weiter hinten das Spiel lenkt. Die Folge: Götze spielte erst einmal gar nicht, weil sich im Zentrum schon Spieler wie Axel Witsel, Thomas Delaney und Mahmoud Dahoud tummelten.
Bundesliga-Saisondebüt für BVB-Profi Götze am siebten Spieltag
Seinen ersten Bundesliga-Einsatz hatte er erst am siebten Spieltag – und der sollte die Wende zum Guten bringen: Götze wurde schon bei seiner Einwechslung gefeiert und steuerte ein Tor und weitere gute Szenen zum 4:3-Sieg gegen Augsburg bei. „Das war definitiv ein sehr, sehr emotionales Spiel für mich, auch weil mein kleiner Bruder auf der Gegenseite stand“, erzählt er. „Dann die Stimmung schon beim Warmmachen, bei der Einwechslung, das Tor und am Ende der Sieg – das ist ein tolles Erlebnis gewesen.“
Und seitdem ist Götze doch wieder Stürmer. „Es kommt eben darauf an, wie man die Rolle interpretiert“, sagt er. „Wenn man einen Stoßstürmer braucht, der nur auf lange Bälle wartet, wäre ich nicht der richtige Typ dafür.“ Den aber wollen die Dortmunder Verantwortlichen offensichtlich nicht: Neuzugang Alcácer misst 1,75 Meter – und damit sogar noch einen Zentimeter weniger als Götze.