Dortmund. Bei Borussia Dortmund herrscht gerade die beste Stimmung. Aber viele Spieler sind außen vor. Das ist ein Job für den neuen Abteilungsleiter.

Die Empfehlung seines Vorgesetzten hörte Julian Weigl nicht: „Man muss die Situation genießen, ohne sich zurückzulehnen“, sagte Borussia Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke auf der Hauptversammlung des Klubs. Doch Weigl war nicht vor Ort in der Westfalenhalle 3B. Der 23-Jährige ist zwar Mitglied des Mannschaftsrats von Borussia Dortmund, als Repräsentanten aber waren am Montagvormittag andere vorgesehen.

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Es ist ohnehin fraglich, ob Weigl seine Situation derzeit genießen kann. Der BVB ist zwar Tabellenführer der Bundesliga, aber Weigl darf dazu nur wenig beitragen. Er wird auch dann nur noch selten ausgewählt, wenn es ums Fußballspielen geht. Nachdem er im Topspiel gegen den FC Bayern (3:2) noch zur Startaufstellung gehört hatte, wurde er gar nicht erst mitgenommen zum Spiel bei Mainz 05 (2:1) – ein Schicksal, das er mit anderen verdienten Kräften wie Shinji Kagawa und Maximilian Philipp teilte. Raphael Guerreiro und Mahmoud Dahoud fuhren zwar mit, kamen aber nicht zum Einsatz. Andere wie Alexander Isak und Sergio Gomez sind seit Monaten komplett außen vor.

Am Mittwoch trifft der BVB auf Brügge

Am Mittwochabend (21 Uhr/Sky) kommt Brügge zum Champions-League-Spiel nach Dortmund, und wieder werden Hoffende enttäuscht werden müssen. „Natürlich ist es für den einen oder anderen im Moment sehr bitter“, sagt Sebastian Kehl, der Leiter der Lizenzspieler-Abteilung. Erstmals seit Wochen sind bis auf Schmelzer alle 28 Spieler fit – aber nur elf Plätze in der Startaufstellung und sieben weitere auf der Bank zu vergeben. Das Frustpotenzial ist also groß. Kehl muss vermeiden, dass daraus handfester Ärger erwächst.

Bislang hat es nicht gerumst in Dortmund, nicht intern und erst recht nicht öffentlich. Das schreiben sie im Klub einerseits dem neuen Trainer Lucien Favre zu, der einen guten Umgangston pflegt und dessen Entscheidungen alle nachvollziehen können. Und dann ist da noch Kehl. Wer mit BVB-Spielern spricht, hört fast nur Positives über den 38-Jährigen. Kehl, bis 2015 selbst Profi, wisse genau, wie er einzelne Spieler packen müsse: hier nur ein aufmunternder Klaps auf die Schulter, dort ein paar freundliche Worte, dann auch mal ein längeres Gespräch. „Er macht das sehr, sehr gut“, lobt Watzke.

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„Wir versuchen alle, die Gruppe weiterhin zu stärken und uns als Team zu sehen“, beschreibt Kehl seine Aufgabe. „Alle Spieler gehören dazu.“ Für Watzke sind die Ersatzspieler sogar „die wahren Helden“: weil sie ihre Situation professionell annehmen, weil sie das Niveau im Training heben und so die ganze Gruppe besser machen.

BVB-Boss Watzke: "So etwas ist der Anfang vom Ende"

Und Kehl soll dafür sorgen, dass es so bleibt. Denn das ist derzeit die größte Angst: dass Enttäuschung umschlägt in Frust und Frust in Undiszipliniertheit. Schon einmal haben sie die Dinge in erfolgreichen Zeiten zu sehr schleifen lassen: hier eine Verspätung zum Training, dort eine geschwänzte Deutschstunde, ein verpasster Termin beim Physiotherapeuten. „So etwas ist der Anfang vom Ende“, weiß Watzke heute. Am Ende hatten sie in der vergangenen Saison eine tief gespaltene Mannschaft, einen Trainer, dem diese entglitten war, und einen Absturz, der sich noch so eben reparieren ließ.

Weil sie das nicht noch einmal erleben wollten, holten Watzke und Sportdirektor Michael Zorc den ehemaligen Mannschaftskapitän Kehl dazu, der schon zu aktiven Zeiten keine Angst hatte vor klaren Worten. Auch nicht in der neuen Rolle: „Jeder Spieler kriegt die Unterstützung, die er braucht“, sagt Kehl. „Aber die Verantwortung liegt bei jedem Spieler, Gas zu geben, sich weiter aufzudrängen und sich nicht hängen zu lassen.“

Die Botschaft bleibt: Nur wer sich nicht zurücklehnt, kann auch die restliche Saison genießen.