Das 4:0 gegen Atlético zeigt: Der BVB ist wieder ein Spitzenteam. Doch Zorc und Favre bremsen– und verweisen auf die nächste Herausforderung.

Eine Botschaft war Thomas Delaney noch wichtig, als er weit nach Mitternacht in den Katakomben des Dortmunder Stadions stand: „Wir müssen jetzt mit beiden Beinen auf dem Boden bleiben“, forderte der Däne. „Sagt man das auf Deutsch?“ Sagt man. „Geil!“, fand Delaney.

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Egal, was sie derzeit versuchen, den Profis von Borussia Dortmund gelingt einfach alles. Neben und vor allem auf dem Fußballplatz. Der 4:0-Sieg gegen Atlético Madrid in der Champions League ist der jüngste und beeindruckendste Beleg dafür. Erst dreimal hatte eine deutsche eine spanische Mannschaft in der Königsklasse mit diesem Ergebnis besiegt, im Jahr 1980 gelang dem Hamburger SV zudem ein 5:1-Sieg gegen Real Madrid.

Rekordsieg gegen Simeone

Und Atlético ist immerhin amtierender Europa-League-Sieger, spanischer Vizemeister und zuvor Dauergast im Champions-League-Halbfinale gewesen. Dieser Mannschaft hat der BVB nun die höchste Niederlage beigebracht, seit der Argentinier Diego Simeone vor knapp sieben Jahren das Traineramt übernommen und eine beeindruckende Defensivmaschine geformt hat, die durch die Offensivkönner Antoine Griezmann und Diego Costa komplettiert wird.

Von denen allerdings war nicht allzu viel zu sehen. Nur in der Viertelstunde nach der Halbzeitpause wackelte der BVB bedenklich, da hätte die Partie nach der Führung durch Axel Witsel (38.) auch einen anderen Verlauf nehmen können, wenn etwa der Schlenzer von Saúl Niguez statt ans Lattenkreuz ins Tor geflogen wäre (52.).

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Dann aber stellten die Schwarz-Gelben wieder einmal ihre gnadenlose Effizienz unter Beweis und erhöhten durch Raphael Guerreiro (73.), Jadon Sancho (83.) und erneut Guerreiro (89.) auf 4:0. „Dortmund hat sehr dynamisch und sehr pragmatisch gespielt. Sie sind stark im Ballbesitz, haben große Schnelligkeit im Spiel“, lobte sogar Simeone. „Sie sind auf einem großartigen Weg. Hoffentlich können sie so weiterspielen, denn es macht großen Spaß, ihnen zuzusehen.“

Neun Punkte und 8:0 Tore hat der BVB nach drei Champions-League-Spielen, in bislang zwölf Pflichtspielen wurden 37 Tore geschossen und nur neun kassiert. Die Borussia eilt von Rekord zu Rekord, und sie hat nach der schwierigen Vorsaison die Versöhnung mit dem Publikum geschafft – das bewies der warme Applaus, mit dem die gut 1000 Zuschauer am Donnerstagmorgen die Spieler beim öffentlichen Training begrüßten.

Die Spieler nahmen es ähnlich erfreut zur Kenntnis wie das Ergebnis vom Vortag. „Dieser Schritt ist ein ganz großer für uns, das gibt Selbstvertrauen“, meinte Delaney. Mario Götze, der seine beste Saisonleistung zeigte, sprach von einem „sehr, sehr guten Lauf“. Einen, wie ihn der Mittelfeldspieler selten erlebt hat und wie er auch für Sportdirektor Michael Zorc, immerhin seit rund 40 Jahren im BVB-Dienst, eine Rarität ist. „Mir hat vor allem gefallen, dass wir mit Atlético Madrid in Sachen Abgeklärtheit auf Augenhöhe agiert haben“, freute der sich. „Das konnte man so nicht erwarten.“

Zorc: „Genug gelobt“

Zorc hätte nun die Lobeshymnen genießen können, die ja auch den Entscheidungen gelten, die er im Sommer getroffen hat: die Verpflichtung von Axel Wisel für 20 Millionen etwa – gegen Atletico war der Belgier mit seiner Ruhe und Abgeklärtheit der alles überragende Mann im Mittelfeld. Und in Achraf Hakimi drehte der nächste junge Wilde groß auf. Den 19-Jährigen hat der BVB für zwei Jahre von Real Madrid ausgeliehen, nun bereitete er gleich drei Tore vor.

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Zorc aber betrachtete die vielen Komplimente mit etwas Unbehagen: „Ich finde, wir wurden jetzt genug gelobt“, meinte er. „Wir denken weiter nur von Spiel zu Spiel. Daran haben wir bislang gut getan, das hat uns stark gemacht.“

Und das nächste Spiel ist schon am Samstag (15.30 Uhr/Sky), dann kommt Hertha BSC. „Das wird sehr schwer“, warnt Trainer Lucien Favre. Das aber hatte er auch vor der Partie gegen Atlético gesagt.