Stuttgart/Dortmund. Nach dem 4:0 in Stuttgart hat Borussia Dortmund 27 Tore und den stärksten Angriff der Bundesliga. Kapitän Marco Reus spielt seine beste Saison.

Natürlich war auch der Sonntag ein Arbeitstag für Marco Reus: Während die Reservisten von Borussia Dortmund einen Tag nach dem 4:0 (3:0)-Sieg beim VfB Stuttgart ihr Spielersatztraining auf dem Klubgelände in Brackel bestritten, drehte der Angreifer mit einem Fernsehteam für einen Sponsor.

Derartige Termine sind nichts Neues für Reus, seit Jahren ist er das (Werbe-)Gesicht des BVB. In dieser Saison aber ist er noch ein bisschen mehr: „Marco ist der Kopf unserer Offensive“, sagt Sportdirektor Michael Zorc im Gespräch mit dieser Zeitung. Und diese Offensive ist derzeit das Maß der Dinge in der Bundesliga, das zeigte sie auch beim 4:0 in Stuttgart – bei dem Reus das 1:0 durch Jadon Sancho vorbereitete (3.), das 2:0 selbst schoss (23.) und auch beim 3:0 durch Paco Alcácer die Füße im Spiel hatte. Nur beim 4:0 durch Maximilian Philipp (85.) war er unbeteiligt, weil schon ausgewechselt.

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27 Treffer hat der BVB nun in acht Spielen erzielt, nur zweimal in 55 Jahren Bundesliga war eine Mannschaft zu diesem Zeitpunkt torgefährlicher: der FC Bayern München in den Spielzeiten 1976/77 (29) und 2015/16 (28). Der Dortmunder Angriff kommt für die Gegner wie ein vielköpfiges Monster daher: Da ist Jacob Bruun Larsen, den der VfB im Sommer gerne verpflichtet hätte, den Zorc aber hielt, weil er „die Hoffnung und den Glauben hatte, dass Jacob bei uns den Durchbruch schaffen kann“. In Stuttgart leitete der 20 Jahre alte Däne das 1:0 ein.

Da ist Jadon Sancho, der draufgängerische Tempodribbler und mit sechs Vorlagen der beste Torvorbereiter der Bundesliga.

Sieben Tore in 126 Minuten für den BVB

Da ist Alcácer, der trifft und trifft und trifft. Am Samstag war es ein herrlicher Lupfer über den bedauernswerten Stuttgarter Torhüter Ron-Robert Zieler, Ligator Nummer sieben für den Spanier – in nur vier Spielen und gerade einmal 126 Einsatzminuten.

Und über allem steht Marco Reus: Fünf Treffer und fünf Vorlagen bedeuten statistisch den besten Saisonstart seiner Karriere. Und auch Zorc meint: „Marco erlebt ohne Frage seine stärkste Phase in Dortmund.“

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Nach Jahren vieler vor allem verletzungsbedingter Rückschläge bringt der 29-Jährige sein Potenzial endlich konstant auf den Rasen. In allen elf Pflichtspielen stand er in der Startelf, von 1020 möglichen Minuten hat er 982 absolviert – auch weil er gelernt hat, mehr Rücksicht auf seinen Körper zu nehmen. In Dortmund wurde mit großem Wohlwollen registriert, dass Reus die jüngsten Länderspiele ausließ, um seine leichten Kniebeschwerden auszukurieren.

Und zur physischen kommt eine psychische Komponente: Der neue Trainer Lucien Favre hat Reus zum Kapitän gemacht. „Er fühlt sich in der Rolle sehr wohl, sie hat ihn nochmals beflügelt“, hat Zorc beobachtet. Es gab ja durchaus Zweifel im Umfeld, ob der eher stille Reus ein guter Anführer sein könne. Doch mit seinem Auftreten auf und neben dem Platz hat der Angreifer diese längst zerstreut. „Er ist von allen Seiten akzeptiert“, meint Zorc und verweist darauf, dass sich Reus auch für Drecksarbeit nicht zu schade ist: „Gegen Stuttgart hat er neben seinem Tor auch enorm viel Defensivarbeit beigetragen.“

Atlético Madrid als Nagelprobe für den BVB

In Dortmund weiß man aber auch, dass die Stuttgarter Abwehr kein ernstzunehmender Gradmesser war: „Nun sollten alle im Umfeld schnell von der Euphoriewelle runter“, mahnt Zorc. „Jetzt kommt Atlético Madrid, das ist eine ganz andere Herausforderung. Da erwartet uns eine der besten Defensivreihen der Welt.“ Am Mittwoch ab 21 Uhr (Sky) werden die Dortmunder dann genauer wissen, wie gut ihr Angriff wirklich schon ist.