Dortmund. . In 40 Dortmunder Jahren erlebte die BVB-Ikone 62 Erstliga-Duelle mit Schalke. Sein Rückblick auf schöne, schmerzhafte und ungewöhnliche Ereignisse.
Michael Zorc entfährt ein Seufzer: „Am meisten in Erinnerung“, sagt der Sportdirektor von Borussia Dortmund, „ist sicher das aktuellste Derby.“ Jenes im November 2017, in dem der BVB nach einer Stunde gegen Schalke 04 noch 4:0 führte und am Ende doch nur 4:4 spielte. „Schade, dass wir die Chance nicht genutzt haben, sie so deutlich zu schlagen“, meint Zorc. Ein 4:0 hätte seinen höchsten Derbysieg in 40 Jahren BVB bedeutet – im 62. Anlauf.
Wenn Schalke am Sonntag (15.30 Uhr/Sky) den BVB empfängt, hat kein anderer der Beteiligten so viel Derby-Erfahrung wie der gebürtige Dortmunder Zorc: Insgesamt 23 Mal spielte er in der Bundesliga gegen Schalke, nur Roman Weidenfeller kommt mit 24 auf mehr Einsätze. „Es wären bei mir auch mehr geworden – aber einige Derbys wurden mir geklaut, weil Schalke nicht konstant in der ersten Liga war“, sagt Zorc und lacht. Aber es kommen ja noch 39 Spiele als Funktionär, hinzu, zudem sind seine zehn Siege als Spieler unerreicht. „Mehr als der Weidenfeller? Dann ist das ja gut, dass der jetzt aufhört“, scherzt er.
Der Schalke-Schreck schlechthin
Viele dieser Siege sind noch sehr präsent. Wie jener 1987, als der Mittelfeldspieler in zwei Minuten zwei Tore schoss und der BVB 4:1 gewann. „Es sind natürlich immer die Spiele, in denen man Tore schießt und gewinnt, die in Erinnerung bleiben“, sagt er.
Lange war Zorc der Schalke-Schreck schlechthin, er entschied immer wieder die Derbys – auch bei Kurzeinsätzen: Im Mai 1997 ließ Trainer Ottmar Hitzfeld den Kapitän 75 Minuten auf der Bank schmoren. Bald nach der Einwechslung kam die Szene, die Zorc heute noch präzise schildern kann: „Schalke hat mehrfach zu kurz geklärt. Dann kommt der Ball zur Strafraumgrenze, ich nehme ihn volley mit dem rechten Fuß und er knallt links oben rein“, erzählt er. „Wunderbar.“ Und hätten ihn die Kollegen nicht gebremst, er wäre wohl bis zur Trainerbank gelaufen, um seinem Frust Luft zu machen. „Ach, ich wollte mit dem Trainer jubeln, aber dann ging das ja nicht, weil die Mitspieler um mich herum waren“, sagt er lachend.
Schalkes Torhüter damals: Jens Lehmann, der auch in Zorcs letztem Derby als Spieler im Dezember 1997 eine wichtige Rolle spielen sollte: Der Sportdirektor kann sich noch heute ärgern über die zu unrecht gegebene Ecke. Über den Ball, der von rechts hereinflog, am ersten Pfosten von Thomas Linke verlängert und dann von Lehmann zum 2:2 ins Tor geköpft wurde. „Das war schon unfassbar – und so bitter, weil es erst in der letzten Minute passierte“, sagt der 55-Jährige.
Derby-Sieg als Rettung einer Saison
Doch auch Schalke erlebte schmerzhafte Momente: 2008, als der BVB im ersten Jahr unter Jürgen Klopp aus einem 0:3 noch ein 3:3 machte. „Und dann haben wir natürlich noch den 2:0-Sieg im Jahr 2007, als Gerald Asamoah bei einem Sieg über die B1 zurücklaufen wollte“, so Zorc. „Dass es dann anders kam, wird ein BVB-Fan so schnell nicht vergessen.“ Der BVB verdarb dem Rivalen die Meisterschaft und rettete eine verkorkste Saison zumindest emotional.
Denn Derby-Siege setzen große Gefühle frei. Das war auch 2010 so, als die Dortmunder zurückkehrten von einem 3:1-Sieg auf Schalke – bei dem Neuzugang Shinji Kagawa mit zwei Treffern brilliert hatte. „Da warteten hunderte Fans, und Shinji wurde wie Häuptling Majestix bei Asterix und Obelix durch das Rabenloh getragen“, erinnert sich Zorc. „Großartig. Daran sieht man, wie schnell im Derby Helden entstehen können.“
Wenn es nach ihm geht, dürfen am Sonntag gerne ein paar neue hinzukommen.