Gelsenkirchen. . Vor dem Derby vergleicht Olaf Thon die Schlüsselfiguren beider Klubs. Ergebnis: Schalke hat auch dank Abwehrspieler Naldo die Nase vorne.

Olaf Thon (51) ist ein absoluter Derby-Experte, er hat so viele dieser großen Duelle selbst gespielt und jetzt wieder Witterung aufgenommen: „Es riecht nach einem heißen Derby.“ Für die WAZ vergleicht der Ex-Nationalspieler vor dem Duell am Sonntag (15.30 Uhr) zwischen Schalke und dem BVB die Schlüsselfiguren beider Vereine auf den Schlüsselpositionen. Ergebnis: Schalke hat die Nase knapp vorne – 5:3 für Königsblau.

Tor: Ralf Fährmann gegen Roman Bürki. Thons Urteil: „Bei Bürki gefällt mir, wie er in der heißen Phase der Dortmunder gemeinsam mit Sokratis den Laden einigermaßen zusammengehalten hat. Gut, er konnte nicht alles auffangen, weil die Abwehr die Achillesferse der Dortmunder ist, aber wie sich Bürki behauptet hat, war gut. Schalkes Ralf Fährmann sehe ich als Mr. Fehlerlos, obwohl es in der Rückrunde die eine oder andere Situation gab, wo man denkt: Da hätte er vielleicht einen Ball mehr halten können. Trotzdem ist er die große Konstante auf Schalke, sowohl als Führungsfigur und Kapitän, als auch im Tor, wo er sich fußballerisch in dieser Saison deutlich verbessert hat. Für mich geht das Torwart-Duell unentschieden aus.“

Derby-Stand: 1:1

Naldo gegen Sokratis. Thons Urteil: „Naldo und Sokratis sind die Spieler, die den Laden in der Abwehr zusammenhalten, aber bei Naldo sehe ich einen großen Vorteil: Er ist defensiv wie offensiv der beste Kopfballspieler der gesamten Bundesliga und vielleicht sogar auch auf der ganzen Welt – ich kenne jedenfalls keinen Besseren als ihn, was sich ja auch bei seinen Toren zeigt. Auch Sokratis ist bei den Dortmundern ein guter Spieler, der vor allem mit allen Wassern gewaschen ist, aber insgesamt ist das Duell klar: Vorteil Naldo.“

Derby-Stand: 2:1

Mittelfeld: Leon Goretzka gegen Nuri Sahin. Thons Urteil: „Bei Leon Goretzka hat man in der Rückrunde bisher gesehen, dass seine Verletzung nicht spurlos an ihm vorbei gegangen ist. Aber mein Gefühl sagt mir, dass Goretzka gerade im Derby aufdrehen und seinen Mann stehen wird. Er will es zeigen, dass er in einem solchen Spiel den Unterschied machen kann – das ist auch wichtig für ihn mit Blick auf die Nationalmannschaft und seinen Wechsel zu den Bayern. Bei Dortmund ist es egal, ob Sahin oder vielleicht Castro die zentrale Rolle im Mittelfeld übernimmt: Beide haben nicht die Qualität von Goretzka. Auf dieser Position gibt es einen ganz klaren Punkt für Schalke.“

Derby-Stand: 3:1

Stürmer: Guido Burgstaller gegen Michy Batshuayi. Thons Urteil: „Batshuayi ist eine Riesenverstärkung für den BVB, mit dieser Verpflichtung haben die Verantwortlichen im Januar einen guten Joker gezogen, der hoffentlich im Derby nicht trifft. Guido Burgstaller hat auf Schalke sofort nach seiner Verpflichtung die Tugenden a la Wilmots aufleben lassen und auch mich damit verblüfft. Denn ich habe im Sommer gesagt, dass Burgstaller sein erstes halbes Jahr nicht toppen kann, aber ich wurde eines Besseren belehrt: Er macht seine Tore wie aus dem Nichts – so auch zuletzt in Hamburg. In diesem Fall sehe ich es ein bisschen durch die Schalker Brille und werte das Stürmer-Duell als unentschieden.“

Derby-Stand: 4:2

Die Trainer: Domenico Tedesco gegen Peter Stöger. Thons Urteil: „Platz zwei in der Liga und das Halbfinale des DFB-Pokals zeigen: Domenico Tedesco ist auf Schalke durch die Decke gegangen. Er hat es geschafft, die richtigen Leute stark zu machen – die hier schon erwähnten Spieler, aber auch Max Meyer mit seiner Umschulung zum Sechser. Dafür war es aber auch wichtig, klare Kante zu zeigen bei kniffeligen Fällen wie Höwedes oder Geis. Weil ich vor der Saison in den Trainingslagern mit dabei war, konnte ich das aus nächster Nähe verfolgen und kann deswegen nur Gutes über Tedesco berichten. Sehr angetan bin ich aber auch von Dortmunds Trainer Peter Stöger, der nach der Ablösung von Peter Bosz den freien Fall des BVB verhindert hat: Auch er ist von der Qualität der Spieler abhängig und holt das Optimale aus einer Mannschaft heraus, die in der Abwehr nicht gut besetzt ist. Die Verantwortlichen des BVB sollten es sich zwei- oder dreimal überlegen, diesen Trainer ziehen zu lassen. Mein Trainer-Vergleich lautet: Unentschieden.“

Derby-Stand: 5:3

Wie’s am Sonntag wirklich ausgeht? Das weiß auch Olaf Thon vorher nicht, aber sein Gefühl spricht für Schalke – auch noch nach dem Dämpfer bei der Niederlage zuletzt in Hamburg. Thon denkt dabei daran, dass Naldo in der Nachspielzeit in Hamburg ja fast noch den glücklichen Ausgleich für Schalke erzielt hätte und sagt: „Wenn man das schlechteste Spiel der Saison macht und dabei trotzdem fast noch ein Unentschieden erreicht, dann zeigt mir das, was an einem guten Tag möglich ist: Dann sollte es für einen Sieg reichen gegen einen BVB, der in der Abwehr anfällig ist.“

Das Hinspiel, dieses irre 4:4, hat Thon im November zu Hause in seinem Wohnzimmer verfolgt – „in der letzten Viertelstunde habe ich nur noch vor dem Fernseher gestanden“, lacht er. Jetzt hofft er wieder auf ein so begeisterndes Spiel – mit einer kleinen Einschränkung: „Eine solche erste Halbzeit wie in Dortmund brauche ich nicht mehr – darauf kann ich verzichten. Aber es riecht wieder nach einem heißen Derby.“