Leipzig. . Endlich spielt Borussia Dortmund schönen Fußball und schafft ein 1:1 in Leipzig. Aber so sehr der eine Torjäger brilliert – der andere hat plötzlich Ladehemmung.

Seine eigene Leistung bei der Beurteilung eines anderen wollte Peter Stöger nun nicht überbewertet wissen. „Man muss nicht wahnsinnig intelligent sein, um zu sagen, dass er ein außergewöhnlicher Spieler ist“, meinte der Trainer von Borussia Dortmund nach dem 1:1 (1:1) im Topspiel bei RB Leipzig. Ein Ergebnis, mit dem der BVB den direkten Konkurrenten um einen Champions-League-Platz auf Distanz hielt (Schneckenrennen, das), seine Serie von ungeschlagenen Spielen auf zehn ausbaute (Stöger-Effekt, der) und nach einem zuletzt trostlosen Auftritt (Beamtenfußball, der) wieder zuversichtlicher in die Zukunft schaut. Zu verdanken war all dies wieder einmal jenem Mann, den Stöger meinte: Marco Reus.

Der Nationalspieler besorgte mit seinem Hochgeschwindigkeitsantritt und geschmeidiger Kurvenlage den Ausgleichstreffer für die Borussia (38. Minute), nachdem zuvor Jean-Kevin Augustin getroffen hatte (29.). Das Zahlenwerk, das sich um diesen Treffer drapieren lässt, ist bemerkenswert.

Gegen alle Klubs getroffen

Der frühere Gladbacher hat nun gegen alle 18 aktuellen Bundesliga-Klubs mindestens einen Treffer erzielt; allein Leipzig fehlte ihm bis Samstagabend. Nur Robert Lewandowski und Mario Gomez können dies aktuell ebenfalls nachweisen. Noch wichtiger für den BVB: In den zurückliegenden drei Bundesligaspielen erzielte der 28-Jährige alle Treffer für den BVB.

Ehrlicherweise muss man sagen: Es waren nur drei, aber das klingt nicht so spektakulär. Denn das ist Reus’ Rückkehr wahrhaft. Acht Monate lang musste er wegen eines Kreuzbandteilrisses zuschauen -- doch er kommt zurück, als sei nie etwas gewesen: genauso schnell, genauso torgefährlich, genauso spielfreudig. Ein Phänomen, weil Reus Serientäter ist.

Mehrfach schon war er schwer verletzt. Immer wieder war er erstaunlich schnell wieder der Alte. Oder gar ein Neuer, ein Besserer? „Wenn er verletzungsfrei bleibt, ist er einer der Besten“, schwärmt Maximilian Philipp, der in Leipzig seinen ersten Einsatz nach schwerer Knieverletzung feierte: „Egal, wie schlimm er verletzt war - er ist immer stärker zurückgekommen.“

Batshuayi trifft seltener

„Wenn er fit ist und seinen Rhythmus hat, dann kann er in jedem Spiel den Unterschied ausmachen“, sagte Trainer Stöger nach der Partie in Leipzig: „Er ist ein Spieler, der das Niveau der Mannschaft hebt. Das war auch heute so.“ Reus stiehlt allen die Show – auch seinem Offensivkollegen Michy Batshuayi. Auffallend ist: Seit Reus zurück ist, ist die Torproduktion des Stürmers zurückgegangen. Einen Treffer gegen Hamburg erzielte die Leihgabe des FC Chelsea, während Reus ebenfalls auf dem Platz stand. Keinen Treffer des einen bereitete der andere vor.

Noch suchen und finden sie sich nicht auf dem Platz. Beleg: Eine Szene aus der ersten Halbzeit in Leipzig, als Batshuayi den Querpass vor das Tor verweigerte, wo Reus lauerte. Der Nationalspieler haderte in der Situation. Aber: Er profitiert auch von Räumen, die der Kollege aufreißt – und zieht das Spiel auf sich. Von der zentralen Instanz im offensiven Mittelfeld, Mario Götze, erhielt Reus elf Pässe, Batshuayi hingegen zwei. Das Verständnis füreinander wächst noch.

„Es ist gut, dass er gesund ist, weil er für uns wichtig ist und weil wir ihm im Sommer ein Turnier wünschen“, sagte Peter Stöger im Hinblick auf die WM in Russland. Die zurückliegenden beiden Turniere der Nationalelf hatte Reus verpasst – verletzt. Dieses soll sein Jahr sein. Bundestrainer Joachim Löw saß in Leipzig auf der Tribüne und dürfte kein anderes Urteil gefällt haben als der Dortmunder Trainer.