Hannover. Altkanzler und Hannovers Aufsichtsratsboss Gerhard Schröder rechnet mit einem Teil der Fans ab. 96-Klubboss Kind fordert derweil DFL-Konzepte.
Gerhard Schröder kann Krise. Man denke nur an das Jahr 2002: Da zog der damalige Bundeskanzler Gummistiefel an und besuchte die überfluteten Elbregionen. Das machte Eindruck. Schröder gewann die Wahl gegen seinen Herausforderer Edmund Stoiber.
Schröder ist nun 73 Jahre alt und Aufsichtsratsvorsitzender beim Fußball-Bundesligisten Hannover 96. Mitten in der Krise seines Heimatklubs hat er sich gewaltig zu Wort gemeldet.
„Die, die man gegenwärtig Ultras nennt, sind eine ärgerliche Randerscheinung“, kritisierte der Altkanzler im Internet-Portal „Sportbuzzer“ die Ultras von Hannover. „Was sich da in der letzten Zeit entwickelt hat, das schadet der Mannschaft, das schadet dem Sport, das schadet dem Ansehen von Hannover 96. Ich würde sie nicht Fans nennen, denn das ist eine Beleidigung der wirklichen Fans, die jede Woche zu 96 kommen.“
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Der Streit des Aufsteigers mit dem harten Kern der Fanszene hatte sich bei der 0:1-Niederlage gegen Gladbach verschärft. Die Ultras verweigerten dem eigenen Team ihre Unterstützung und beschimpften Klubchef Martin Kind – woraufhin sie vom Rest des Stadions ausgepfiffen wurden. Die Ultras wollen eine Übernahme des Klubs durch Kind verhindern.
Hannover ist dabei kein Einzelfall. Vielmehr erhärtet sich der Eindruck, dass in immer mehr Stadien die Wut und der Kampf der Ultras die Fußballgemeinde spalten.
Beim 1:1 zwischen Dortmund und Augsburg blieben aus Protest gegen die Montagsspiele 27 000 Plätze leer. Beim Hamburger SV proben die Ultras angesichts der desaströsen sportlichen Situation den Aufstand. Bei der 0:1-Niederlage in Bremen stand die Partie wegen Leuchtraketen, die aus dem HSV-Block abgefeuert wurden, vor dem Abbruch. Im Heimspiel am Samstag gegen Mainz werden neue Ausschreitungen erwartet.
Explosive Stimmung in Hamburg
„Wir können nur an die selbstzerstörerischen Elemente im HSV appellieren, ihrem eigenen Klub keinen Schaden zuzufügen“, sagte Klubchef Heribert Bruchhagen. Beim 1. FC Köln gehören solche Zustände seit Jahren zur Tagesordnung. Zuletzt beklagte der Tabellenletzte, dass Ultra-Fans Mitarbeiter und Führungskräfte des Klubs bedroht hätten. Hannovers Klubchef Martin Kind sieht nicht nur darin eine alarmierende Entwicklung und warnt vor einer Spaltung.
„Derzeit hat man das Gefühl, dass viele Stadien von den Ultras missbraucht werden“, sagte der umstrittene Klubchef dieser Zeitung, „dabei geht es ihnen nicht mehr um die Sache. Die Ultras argumentieren sehr dogmatisch und missionarisch. Das hat mit Dialog nichts mehr zu tun. Es geht ihnen offensichtlich um Macht.“ Aber wie soll man aus dieser Spirale von Frust und Wut, Widerstand und Gewalt herauskommen?
Kind kritisiert Watzke in Dortmund
Kind sieht die Deutsche Fußball-Liga (DFL) in der Pflicht. „Wir sind an einen Punkt gekommen, an dem die DFL die Federführung übernehmen muss“, fordert Kind, „es müssen Konzepte entwickelt werden, um diese gefährlichen Entwicklungen zu stoppen. Wir brauchen eine einheitliche Linie, wie wir als Liga darauf antworten.“
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Das sei allerdings leichter gesagt als getan, klagt Kind und greift BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke persönlich an. „Ich war sehr erstaunt darüber, dass sich Herr Watzke vor die Kameras stellte und erklärte, dass er die Einführung der Montagsspiele kritisch sehen würde. Schließlich hat er wie alle anderen Klubs auch für die Einführung der Montagsspiele gestimmt“, so Kind. „Jetzt distanziert er sich davon – das geht so nicht.“
Kind weiter: „Solche Aussagen erleichtern es der Liga nicht, in dieser Frage eine gemeinsame Linie zu fahren und die Meinungsführerschaft zu übernehmen.“