Madrid. Im letzten Gruppenspiel entscheidet sich, ob es für den BVB international weitergeht. Die Reise nach Madrid wird zu einer freudlosen Mission.

Einem größeren Faible für sanitäre Anlagen war der Aufenthalt nicht geschuldet. Die Nerven von Hans-Joachim Watzke machten das damals einfach nicht mehr länger mit. Deswegen flüchtete der Geschäftsführer von Borussia Dortmund kurz vor dem Abpfiff von der Tribüne des Bernabeu-Stadions in Madrid ins Innere. Auf die Toilette. Nichts mehr sehen, nichts mehr hören, raus aus dem Dröhnen. Er wartete, dass dieses Spiel endlich aufhörte, dieses Halbfinale der Champions League, das der BVB nach einem fulminanten 4:1 im Hinspiel beinahe noch aus der Hand gegeben hätte. Beinahe. Das 0:2 führte ins Finale 2013. Dortmunds Hochzeit.

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Vier Jahre sind vergangen, und in der Zwischenzeit hat Schwarz-Gelb eine fast unübersichtliche Anzahl an Champions-League-Spielen bei den Königlichen von Real absolviert. Nie aber war einer dieser Tage, die in eine der wichtigsten Kathedralen des Weltfußballs führten, freudloser als an diesem Mittwoch (20.45 Uhr/Sky). „Ich habe gemischte Gefühle“, sagte Watzke vor der Abreise am Dienstag, „wenn du nach Madrid fliegst, ist das normalerweise immer ein totales Highlight.“ Normalerweise. Nun aber ist es ein „komisches Spiel“, sagt der 58-Jährige. Komisch im Sinne von merkwürdig, nicht im Sinne von lustig.

Schwere Knieverletzung bei BVB-Zugang Philipp

Das hat vor allem mit den eigenen Leistungen in der bisherigen Königsklassen-Saison zu tun, die Watzke zuletzt als „nicht zu ertragen“ geißelte und damit die schamvollen 1:1-Unentschieden gegen Apoel Nikosia meinte. Sie führen dazu, dass sich das große Schwarz-Gelb vor dem finalen Gruppenspiel mit dem europäischen Winzling im Fernduell der Abgehängten um den dritten Platz balgen muss. Nikosia spielt parallel in Wembley bei Tottenham Hotspur.

Platz drei öffnet die Tür zur Europa League. Ein Trostpreis für den auch in der Liga derzeit schwer strauchelnden Klub Borussia Dortmund, bei dem sich die schlechten Nachrichten zu einem beträchtlichen Turm errichten ließen.

Denn zum sportlichen Misserfolg gesellt sich Verletzungspech. Nach den jüngsten Ausfällen von Mario Götze und Gonzalo Castro erreichte die gerade in Madrid gelandete Reisegruppe am Dienstag die medizinische Botschaft in der Causa Maximilian Philipp. Die offizielle Diagnose geriet etwas kryptisch: „Schwere Knieverletzung unter Beteiligung der Kniescheibe“. Aber sie meint nichts anderes, als dass der gefährliche Offensivspieler mehrere Monate ausfallen wird. Es wird nun auch ohne ihn gehen müssen.

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„Wir würden schon gern in der Europa League weiterspielen. Ein Erfolgserlebnis – ein Unentschieden in Madrid zum Beispiel – würde uns helfen. Das wäre eine coole Nummer“, sagt Watzke und stärkt dem seit Wochen in der Kritik stehenden Trainer zum Abschied aus der Champions League öffentlich den Rücken. „Wir wollen mit Peter Bosz den Bock umstoßen. Es wäre schön, wenn wir das hinkriegen.“ Ein Sieg ist da die passende Währung, aber erst am Samstag (15.30 Uhr/Sky) in der Bundesliga gegen Werder Bremen verpflichtend.

Erneute Qualifikation in Gefahr

So ganz trennen lassen sich beide Spiele jedoch nicht. Denn die Frage, die den BVB in diesen Wochen bewegt, ist, ob das wirklich nur ein vorläufiger Abschied von der größten und schönsten Bühne des Vereinsfußballs ist. Bis auf Bundesligaplatz sechs ist Dortmund seit dem sensationellen Saisonbeginn abgerutscht. Die Starterlaubnis für die kommende Champions-League-Spielzeit – ab Platz vier aufwärts – droht in Gefahr zu geraten.

Das ist vor allem deshalb so schlimm, weil es selten wichtiger war, beim großen Geldscheffeln dabei zu sein. Durch gestiegene TV-Einnahmen garantiert die Teilnahme einem Verein wie der Borussia Gelder von rund 50 Millionen Euro. Geld, das gut und wichtig für die eigene Entwicklung wäre. Geld, um das es am Mittwochabend aber nicht geht. Da geht es nur um die Ehre und die Europa League. Aber was heißt hier „nur“?