Dortmund. Wie konnte der BVB nach seinem tollen Start so abstürzen? Alle beteuern Loyalität zu Trainer Bosz. Aber 30 Punkte soll es bis zum Winter sein.
Wie von Selbstzweifeln zerfressen sah Pierre-Emerick Aubameyang wirklich nicht aus. Auf Instagram, wo der Stürmer von Borussia Dortmund in schöner Regelmäßigkeit seine Autos und modische Extravaganzen online stellt, veröffentlichte er ein Video, das ihn mit seinem Mitspieler Jordan Sancho auf der Heimfahrt nach dem Training zeigt: feixend und singend und alles andere als niedergeschlagen nach der Blamage gegen den Fußballzwerg Apoel Nikosia (1:1) in der Champions League.
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Vier Pflichtspiele ohne Tor – macht doch nix? Die Mitspieler nehmen den Torjäger derzeit auch anders wahr. „Es beschäftigt ihn am meisten, dass er eine Phase durchmacht, in der er nicht trifft“, sagt Nuri Sahin. „Aber ich habe nicht das Gefühl, dass wir einen Mannschaftsabend organisieren müssen, damit Auba wieder Tore schießt.“
BVB-Gegentor entsprang vielen Fehlern
Was man stattdessen tun könne, wusste Sahin nicht zu sagen – und das passte ins Bild. Denn Aubameyangs Formschwäche ist ja nur eines von vielen Problemen, die den BVB derzeit beschäftigen. Zu viele Leistungsträger laufen ihrer Form hinterher, zu statisch und uninspiriert ist das Offensivspiel, zu viele Chancen werden vergeben – und immer wieder lädt man den Gegner mit einfachsten Fehlern zum Torschuss ein. Am Mittwochabend war es eine Fehlerkette über Marc Bartra, Sokratis, Julian Weigl und Ömer Toprak, die zum Ausgleich durch Mickael Poté führte, nachdem Raphael Guerreiro die Führung erzielt hatte – die Chancen aufs Weiterkommen in der Champions League sind damit nur noch sehr theoretischer Natur.
Danach herrschte Ratlosigkeit.
Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke hatte vor Anpfiff im TV-Sender Sky den Begriff „Krise“ noch zurückgewiesen. Nach dem Spiel verabschiedete er sich nur kurz von Spielern und Trainern in der Umkleidekabine und verschwand wortlos und tief enttäuscht. Vor der Mitgliederversammlung in gut zwei Wochen hat er sich öffentliche Zurückhaltung auferlegt. Intern verweist man darauf, unter Trainer Peter Bosz nach zehn Bundesliga-Spieltagen zwei Punkte mehr als im Vorjahr unter Thomas Tuchel zu haben. Aber der Trend spricht gegen den BVB. Und damit gegen den Trainer?
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„Nullkommanull“, antwortet Sahin entschlossen auf die Frage, ob das Vertrauen zwischen Spielern und Trainer gelitten habe – und erteilte auch jeder Systemdiskussion eine Absage: „Was soll man machen, wenn man 30 Mal aufs Tor schießt und es am Ende nur 1:1 steht?“, fragt der Mittelfeldmann, der gestern aus der türkischen Nationalmannschaft zurücktrat. „Das hat nichts mit Taktik zu tun.“
Womit dann? Öffentlich kann auch Bosz keine schlüssige Erklärung liefern. Intern, wird aus dem Klub versichert, falle seine Analyse umfassend und tiefgreifend aus. Doch die Branchengesetze gelten auch für ihn: 30 Punkte erwarten sie im Verein bis zur Winterpause. So viele wie nach der Hinrunde im Vorjahr. 20 Punkte hat Bosz schon. Fehlen also zehn.
Reus und Piszczek fehlen dem BVB sehr
Zuletzt aber holte der BVB nur einen von neun möglichen Zählern, nachdem zum Saisonstart 19 Punkte aus sieben Ligaspielen gelangen. Bei der Ursachenforschung tun sich alle Seiten schwer. Intern hält man Marco Reus, der so oft das erste Tor schießt, und Lukasz Piszczek auf der rechten Seite für unersetzbar. Beide sind seit Wochen verletzt und werden noch einige Zeit fehlen.
Trainer Bosz gibt für das Topspiel gegen Tabellenführer Bayern München am Samstag (18.30 Uhr/Sky) die Parole aus: „Kopf runter – das hilft nicht. Kopf hoch – das müssen wir tun.“ Denn das bleibt das oberste Ziel beim BVB: die Qualifikation für die Champions League.