Dortmund. Beim irrwitzigen 4:3 gegen Bremen sicherte sich der BVB die Champions League und Elan für das Pokalfinale in Berlin. Doch es flossen auch Tränen.
Eines der letzten Bilder, das die Bundesliga-Saison in Dortmund zu bieten hatte, war eines, das selbst steinerne Herzen erweichen würde. Marc Bartra hatte es nicht eilig gehabt, erst nach vielen seiner Mannschaftskollegen strebte er durch die hell beleuchteten Keller-Flure dem Stadionausgang entgegen. Auf dem linken Arm trug er sein kleines Töchterchen Gala, unter dem rechten den Ball, mit dem gespielt worden war.
Den Ball, mit dem auch er gespielt hatte, erstmals seit dem Sprengstoffanschlag auf die Mannschaft von Borussia Dortmund, bei dem sich der Spanier mit Glück nur an jenem rechten Arm verletzt hatte, der nun den Ball umschlang. Bartra nahm ihn mit. Ein Andenken an eine Zeit, die nun hinter ihm liegen soll. Ein Andenken an ein irres Duell mit Werder Bremen, das 4:3 (2:1) endete und Selbstvertrauen gibt für das Saisonfinale. Ein Duell, das großes gelbes Gefühlskino bot. Es ging um Glück, um Freundschaftsdienste, um den Schmerz sich anbahnender Trennungen.
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Jener Marc Bartra etwa weinte Tränen des Glücks und der Erleichterung, als er nach einer vogelwilden Partie voller Wendungen von den Menschen auf der Südtribüne und den Kollegen gefeiert wurde. „Das ist einer der schönsten Tage meiner Karriere. Ich bin sehr glücklich und freue mich auch für meine Freunde und Familie, die mich in dieser Zeit unterstützt haben“, sagte Bartra mit erstickender Stimme. Er ist zurück auf dem Platz.
Ereignisreiche Tage
Dort waren sich nach dem Sieg, mit dem die Borussia die Teilnahme an der kommenden Champions-League-Saison sicherte, auch BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke und Trainer Thomas Tuchel über den Weg gelaufen. Sie umarmten einander. Kurz und kühl. Ihr Verhältnis ist nachhaltig gestört. Dass der Trainer trotz des sportlichen Erfolgs und einer Bilanz, die keine einzige Heimniederlage in der zweijährigen Bundesligazeit ausweist, seinen Job wird behalten dürfen, darf bezweifelt werden. „Dass ich große Lust auf eine weitere Saison hier habe, steht außer Frage“, meinte Tuchel. Die Entscheidung über seine Zukunft fällt in der Woche nach dem DFB-Pokalfinale am Samstag gegen Eintracht Frankfurt.
Das werden offenbar ereignisreiche Tage, denn auch eine weitere Zusammenarbeit mit Pierre-Emerick Aubameyang wird dann erörtert werden. So stellte es der Stürmer in Aussicht, als auch seine Tränen getrocknet waren. Zwei Treffer waren ihm – wie Marco Reus – gegen Bremen gelungen. Der eine wunderschön und filigran, der andere als eine Art Geschenk dargeboten. Zum einen, weil etwas Wohlwollen dazu gehörte, diesen Elfmeter zu pfeifen. Zum anderen, weil der an diesem Tag bereits erfolgreiche Schütze Reus seinem Kumpel den Ball kurz vor Schluss überließ, damit dieser erreichen konnte, was er sich zu erreichen gewünscht hatte: die Trophäe für den besten Torschützen der Liga. Aubameyang, zuletzt ungewohnt fahrig bei Elfmetern, erzielte seinen 31. Saisontreffer im 32. Ligaspiel und überholte damit noch den Konkurrenten Robert Lewandowski vom FC Bayern München. „Er ist der beste Stürmer der Welt. Ihn zu schlagen, ist Wahnsinn“, sagte Aubameyang.
Verlockungen des Geldes
Reus gab dem Stürmer einen Kuss, die Kollegen beglückwünschten ihn – und dem Mann der Saison kullerten ein paar Tränen über die Wangen. Tränen des Glücks? Tränen des Abschieds? Das weiß bislang nur er selbst. Der französische Topklub Paris SG und der chinesische Verein Tianjin Quanjian sollen den Stürmer mit Geld locken. Sein Vertrag in Dortmund aber läuft noch bis 2020. Das Verfahren rund um einen möglichen Wechsel stellte BVB-Boss Watzke gegenüber dieser Zeitung unlängst so dar: „Zunächst müsste Auba sagen, dass er uns verlassen möchte. Zweitens müsste ein Verein kommen, der seine extreme Wertschätzung für diesen Spieler auch auf finanzielle Art und Weise ausdrückt. Und dann würden wir mit Auba sprechen.“
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Gesprächsbedarf besteht offenbar. „Nach dem Finale werde ich mit dem Verein sprechen, was das Beste für die Zukunft ist“, sagte Aubameyang am Samstag. Für einen Wechsel bräuchte er jedoch die Zustimmung des BVB. Und die dürfte – wenn überhaupt erkaufbar – sehr teuer werden. Teurer vermutlich als die stets kolportierten 70 Millionen Euro. Schließlich ist Aubameyang der beste BVB-Schütze einer Saison seit Lothar Emmerich 1966. Und im Pokalfinale kann er erneut glänzen. Dann fällt der Vorhang im großen gelben Gefühlskino.