Dortmund. Schon sieben Bundesliga-Trainer und zwei Sportdirektoren wurden in der Hinrunde entlassen. Das kritisiert BVB-Boss Hans-Joachim Watzke.
- Schon sieben Bundesliga-Trainer und zwei Sportdirektoren wurden in der Hinrunde entlassen
- Das kritisiert Borussia Dortmunds Hans-Joachim Watzke
- Der BVB-Boss findet, viele Vereine denken zu kurzfristig
Mehr oder weniger mit Abpfiff des Spiels gegen den FC Augsburg verabschiedeten sich die Fußballer von Borussia Dortmund in alle Himmelsrichtungen. Kein Training mehr, keine Sitzung mehr. Frohe Weihnachten, schöne Feiertage. Worte wie diese hallten durch die sich leerenden Flure im Kellergeschoss des Stadions. Die Profis strebten nach dem letzten Spiel des Jahres eigentlich nur entschlossen dem kurzen Winterurlaub entgegen, aber ein bisschen sah das auch aus wie ein nicht zu unterdrückender Fluchtreflex. Denn das 1:1 gegen Augsburg hatte nicht dazu beigetragen, aus der schwarz-gelben Welt einen über alle Maßen heimeligen Ort zu machen.
Tuchel, Zorc und Watzke trafen sich zur BVB-Halbjahresanalyse
Es erinnerte nämlich in seiner Ausprägung an die bisherige Hinrunde, die aus Dortmunder Sicht mal federleicht und dann wieder bleischwer daherkam. Manchmal vollzog sich dieser Wechsel zwischen Hurra und Harakiri sogar innerhalb eines Spiels. Wie gegen Augsburg. Ein hübsches Tor hatte der BVB durch Ousmane Dembélé geschossen, aber auch eines zugelassen, das für einen Perfektionisten wie Thomas Tuchel schwer zu ertragen ist. „Das Spiel heute gibt die Hinrunde ganz gut wieder“, sagte der Trainer nach der Partie, als er nach einer Bilanz gefragt wurde.
Am Tag danach trafen sich der Trainer sowie Sportdirektor Michael Zorc und Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke zur Halbjahresanalyse. 16 Liga-Spieltage, 27 Punkte. „Es ist klar, dass wir damit nicht zufrieden sind“, sagt BVB-Boss Watzke gegenüber dieser Zeitung, „wir haben drei bis fünf Punkte zu wenig auf dem Konto, aber das lässt uns nicht zweifeln. Denn niemand auf der Welt hat je behauptet, dass es dieser Mannschaft an Qualität fehlt.“ Der Umbruch im Sommer und die vielen Verletzten im Laufe der Saison bleiben Störfaktoren, die nicht jedes Ergebnis verzeihen, aber doch eine gewisse Schwerfälligkeit erklären.
Die Ruhe beim BVB speist sich aber auch aus der Tatsache, dass die Konkurrenz aus Wolfsburg, Mönchengladbach, Schalke oder Leverkusen noch deutlich schwerfälliger durch die Liga ächzt. Die Konsequenz daraus ist, dass zwar die Meisterschaft offenbar zwischen Bayern München und RB Leipzig entschieden wird, dass aber der als Saisonziel ausgegebene Platz drei, der Zutritt zum Millionen-Wunderland Champions League gewährt, weiterhin nur wenige Pünktchen entfernt liegt.
Als die schwarz-gelbe Tiefen-Analyse beendet war, hatte sich die Bundesliga schon wieder signifikant verändert. André Schubert flog als bereits siebter Trainer der laufenden Saison in Gladbach raus (siehe Kästchen). Zum Vergleich: In der gesamten vergangenen Saison waren es nur sieben. Rekord-Verschleiß in Liga eins. Auch Dietmar Beiersdorfer (Vorstandsvorsitzender des Hamburger SV) und Klaus Allofs (Geschäftsführer Sport VfL Wolfsburg) mussten schon ihren Platz räumen.
BVB-Chef Watzke: "Das ist mir momentan zu aufgeregt"
Diese Hire-and-Fire-Mentalität ist es, die Watzke als Chef eines mittlerweile beruhigten Standorts, kritisch beurteilt. „Das ist Wahnsinn! Man muss aufpassen, dass man nicht jegliches strukturelle Arbeiten schon im vorhinein pulverisiert, in dem man sich nach tagesaktuellen Eindrücken richtet“, sagt der Geschäftsführer.
Der Fußball sei mittlerweile ein Objekt, um das es viele Begehrlichkeiten gebe: viel Geld kursiert, viele Menschen wollten mitreden. „Der, der gerade noch der Heilsbringer war, ist ein paar Wochen später schon wieder entlassen. Das ist mir momentan zu aufgeregt“, meint Watzke und rät: „Wenn man überzeugt von der Arbeit eines Trainers oder Sportdirektors ist, dann muss man auch mal ein, zwei Talsohlen durchstehen.“