Dortmund. Borussia Dortmund kann doch noch im heimischen Signal Iduna Park verlieren. Gegen Rekordmeister FC Bayern München unterlag der BVB am 5. Spieltag vor 80.552 Zuschauern 1:5 (1:1) und kassierte damit die erste Heimniederlage seit dem 17. Mai 2008.
Damals hieß der Dortmunder Trainer noch Thomas Doll und das Spiel endete 2:4 gegen den VfL Wolfsburg. Mats Hummels hatte den in der zweiten Hälfte ganz schwachen BVB in der zehnten Minute in Führung geschossen. Beim zweiten Saisonsieg der wieder erstarkten Bayern sorgten Mario Gomez (36.), Bastian Schweinsteiger (50.), Franck Ribery (65.) und Thomas Müller (78./88.) dafür, dass die höchste BVB-Heimniederlage seit neun Jahren zu einer Demütigung wurde.
Höchste BVB-Heimniederlage seit neun Jahren
Dortmund, 15.30 Uhr, Strobelallee: 80.552 Zuschauer im überraschend erst kurzfristig ausverkauften und mächtig brodelnden Signal Iduna Park fiebern dem Bundesliga-Klassiker Borussia Dortmund gegen Bayern München entgegen. BVB-Trainer Jürgen Klopp hat sich mit seinem Stab Einiges einfallen, um den Rekordmeister auf dem Rasen zu überraschen.
Klopp, der auf Kapitän Sebastian Kehl verzichten musste, hatte personell wie taktisch fleißig umgestellt und bot Bayern-Trainer Louis van Gaal ausgerechnet ein niederländisches 4:3:3-System an. Im Dreier-Mittelfeld mit Mats Hummels und Nuri Sahin agierte der für den zuletzt formschwachen Tamas Hajnal in die Mannschaft gerückte Tinga. Davor spielten als Dreier-Sturm mit Defensiv-Aufgaben Dimitar Rangelov (für den Weltreisenden Nelson Valdez), Mohamed Zidan und Kuba Blaszczykowski.
Louis van Gaal, der auf Luca Toni, Marc van Bommel, Martin Demichelis, Miroslav Klose und Andres Görlitz verzichten musste und anfangs Franck Ribery nur für die Bank nominiert hatte, setzte wie schon beim ersten Saisonsieg gegen den VfL Wolfsburg auf sein 4:3:3-System. Einzige personelle Veränderung: Sein Landsmann Edson Braafheid spielte auf der linken Abwehrseite für Danijel Pranjic. Damit durften sich die Zuschauer auf Fußballkunst mit insgesamt 16 Nationalspielern unter den 22 Akteuren freuen.
Für eindeutig mehr Spaß zu Spielbeginn sorgten die mit Herz und Leidenschaft aufgelaufenen Borussen. Den Lohn gab es bereits nach zehn Minuten: Einen Freistoß von Nuri Sahin köpfte Mats Hummels ins Tor. Ausgerechnet Hummels: Der Münchener hatte die Jugendmannschaften der Bayern durchlaufen, war dann zum BVB gewechselt und erzielte sein erstes Saisontor gegen seinen Ex-Klub. Entsprechend euphorisch fiel der Jubel in der schwarzgelben Spielertraube aus. Genau vor dem Fanblock der Bayern übrigens. Sollte es für Jürgen Klopp mit dem ersten Sieg gegen die Münchener in seiner Trainerkarriere klappen? Oder würde sich Geschichte wiederholen: Beim letzten Bayern-Besuch in Dortmund waren die Borussen nach neun Minuten 1:0 in Führung gegangen. Der Rekordmeister konnte noch zum 1:1 ausgleichen.
Danach sah es im Signal Iduna Park allerdings lange nicht aus. Die Statistiken Mitte der ersten Hälfte waren erschreckend. Keine Torchance, nicht mal ein Torschuss für die teuren Bayern. Erst nach 26 Minuten gelang 24-Millionen-Euro-Zugang Arjen Robben das erste auffällige Dribbling. Die Dortmunder verteidigten ihren Vorsprung clever und setzten die Vorgaben von Jürgen Klopp („Nicht viele Räume bieten und extreme Gegenwehr zeigen“) als geschlossener Mannschaftsverband konsequent um.
Alle BVB-Feldspieler übernahmen Defensivaufgaben und arbeiteten bei Münchener Ballbesitz gegen den Ball. Die Gastgeber standen den Gästen schon in deren eigener Hälfte auf den Füßen. Ein flüssiges Spiel, in dem die Profis des Rekordmeisters ihre individuelle Klasse hätten zeigen, kam nicht auf.
Tore der Bayern trotz mäßiger Leistung
Aber im Fußball zählen nicht Statistiken, Chancen oder Torschüsse. Sondern Tore. Und ein Tor gelang den Bayern trotz der bis dahin mäßigen Leistung in der 36. Minute.
Bastian Schweinsteiger schlug einen Freistoß in den Dortmunder Strafraum. Daniel van Buyten verlängerte und entlang der Schulter von Neven Subotic landete der Ball bei Mario Gomez, der einköpfte. Pech für die Borussen: Der Nationalstürmer stand bei van Buytens Ballberührung im Abseits. Schiedsrichter Knut Kircher hätte das Tor nicht geben dürfen.
„Dortmund war sehr gut, aber dann haben die Bayern auch ein Tor gemacht“, analysierte U10-Fußballer Luca in der Pause bei Stadionsprecher Norbert Dickel treffend die erste Spielhälfte.
Pech für die Borussen, dass der Unparteiische Kircher auch in der 53. Minute dicke danebenlag, als er ein Handspiel von van Buyten im Bayern¬Strafraum übersah. Hier wäre ein Elfmeter fällig gewesen. Da führten die Bayern nach einem 22-Meter-Schuss von Bastian Schweinsteiger (50.), bei dem Roman Weidenfeller gar nicht gut aussah, allerdings schon 2:1. Als hätten die Dortmunder nicht schon Ärger genug, sorgte in der 65.Minute der in der Pause eingewechselte Franck Ribery für die Vorentscheidung. Bei seinem sehenswerten Freistoß aus 20 Metern in den Winkel ließ der Franzose Weidenfeller keine Chance und erkletterte danach den Mount „Van Gaal“. Spieler und Trainer, denen ein angespanntes Verhältnis nachgesagt wird, herzten sich nach dem 3:1 Arm in Arm. Es sollte nicht der letzte Torjubel bleiben. Der ebenfalls in der Pause eingewechselte Thomas Müller bewies, dass nicht nur „Geld Tore schießt“. Der ehemalige Bayern-Amateur machte gegen die böse einbrechenden Dortmunder, denen jegliche Orientierung fehlte, aus der Niederlage eine Demütigung und sorgte mit seinen Treffern in der 78. und in der 88. Minute für den 1:5-Endstand. Damit war die erste Liga-Heimniederlage für Jürgen Klopp und die höchste BVB-Liga-Heimniederlage seit dem 0:4 im September 2000 gegen den Schalke 04 perfekt. Dortmund steckt mit fünf Punkten nach fünf Spielen im tiefen Tabellen-Mittelmaß fest. Die Bayern marschieren dagegen weiter in Richtung ihrer Tabellenspitze und haben sich ideal auf den anstehenden Champions-League-Start eingestimmt.