Warschau. . Der Neuzugang feiert beim 6:0-Sieg in Warschau ein starkes Startelf-Debüt. Im Mittelfeld sorgt er mit dafür, dass der Spielaufbau viel besser klappt als zuletzt.
Das Hemd ordentlich gebügelt, die Krawatte akkurat gebunden und das Haar sauber zur Seite frisiert erschien Marcel Schmelzer donnerstagmittags am Chopin-Flughafen in Warschau. Der Kapitän von Borussia Dortmund hatte das Sakko lässig über den Arm geworfen, er strahlte die Attitüde des weit gereisten Mannes aus, den wenig aus der Ruhe bringen kann.
SchmelzerDer 6:0 (3:0)-Sieg beim polnischen Meister Legia Warschau dürfte erheblich zum entspannten Auftritt beigetragen haben. „Es war ein verdienter Sieg, auch in der Höhe“, sagte der Linksverteidiger über das Duell, das nur dem Namen nach eine Champions-League-Partie war, sonst aber an eine Erstrundenpartie im DFB-Pokal erinnerte – so groß waren die Leistungsunterschiede.
Das 0:1 in Leipzig am vergangenen Bundesliga-Spieltag hatte ja doch ein paar unangenehme Fragen aufgeworfen in Dortmund: Sollte der Umbruch im Sommer, bei dem Schmelzer als einer der wenigen alten Kämpen übrig geblieben war, noch länger dauern und schmerzhafter werden als befürchtet? Wer könnte der Abteilung Spielaufbau nach den Abgängen von Ilkay Gündogan, Mats Hummels und Henrikh Mkhitaryan neuen Schwung geben? Und was ist eigentlich mit diesem im Sommer verpflichteten Europameister, von dem so mancher im Klub schwärmt wie von keinem anderen Neuzugang, der aber bislang nur zu Kurzeinsätzen kam?
In Warschau wurden gleich zwei dieser Fragen beantwortet: Trainer Thomas Tuchel beorderte den Portugiesen Raphael Guerreiro in die Startelf – und er stellte ihn ins Mittelfeldzentrum, vor Julian Weigl und neben Mario Götze. Das funktionierte bemerkenswert gut, Guerreiro bewegte sich gut über den Platz, sorgte mit seinem Tempo, seiner Spielintelligenz und seiner guten Technik immer wieder für Gefahr, bereitete ein Tor vor, machte einen Treffer selbst – und man fragte sich unwillkürlich, ob der 22-Jährige nicht fast schon verschenkt wäre auf der Linksverteidiger-Position, die er etatmäßig bekleidet. „Och, der kann überall spielen“, sagte BVB-Sportdirektor Michael Zorc mit vergnügtem Grinsen. Seine Späher hatten Guerreiro beim französischen Erstligisten FC Lorient entdeckt, lange bevor er mit Portugal Europameister wurde. Ansonsten wäre der Linksverteidiger wohl kaum für vergleichsweise bescheidene zwölf Millionen Euro zu haben gewesen.
Castro und Rode blieben draußen
Während sich Zorc in den Katakomben des Warschauer Stadions über seinen Coup freute, kam Guerreiro dazu. „Das ist ein Traum“, sagte der Portugiese mit leiser Stimme über sein Debüt in der Königsklasse – und reagierte bescheiden auf das vielfältige Lob: „Ich bin natürlich glücklich, wenn ihr es so seht, dass ich gut gespielt habe.“
Sollte er aber auf dem Platz weiterhin mit dieser Selbstverständlichkeit aufspielen, dürften die unangenehmen Fragen rund um den BVB schnell verstummen – wenn auch nicht für alle: Gonzalo Castro und Sebastian Rode hatte Tuchel auf die Bank rotiert, sie mussten von außen beobachten, wie ihnen wohl ein hartnäckiger Konkurrent im Kampf um die Stammplätze im Mittelfeld erwächst – und weniger für Schmelzers linke Seite, wie allgemein erwartet worden war. Auch das mag ein Grund gewesen sein für den lässigen Auftritt des Kapitäns in Warschau.