Ingolstadt. . Der BVB beeindruckt zu Beginn der neuen Bundesliga-Saison, Thomas Tuchels Lehre scheint zu greifen. Für vollmundige Vorhersagen ist es aber noch zu früh.
Als wäre die Tabellenführung nicht schon Beleg genug für gute Arbeit, kramte Borussia Dortmund selbst nach dem 4:0 beim FC Ingolstadt für seine Internetseite eine Statistik hervor, mit der Thomas Tuchel gewürdigt werden sollte. Die ersten sechs Pflichtspiele nach ihrem Dienstantritt bei Schwarzgelb haben nicht einmal Ottmar Hitzfeld, Matthias Sammer oder Jürgen Klopp, Dortmunds letzte drei Meistermacher, gewonnen. Erstmals seit knapp zwei Jahren ist der BVB wieder Spitzenreiter der Fußball-Bundesliga – was einige Fragen aufwirft.
Ungeschlagen, ohne Gegentor Erster – ist der BVB ein Titelkandidat?
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Die verbleibende Anzahl an Spieltagen, nämlich 32, beantwortet diese Frage hinreichend. „Die Saison lässt sich gut an“, analysiert auch Mats Hummels richtig, „jetzt schon irgendwelche Hoffnungen zu haben, wäre sehr verfrüht.“ Kriselnde Fohlen und ein Aufsteiger können nicht als Maßstab gelten. Viel mehr jedoch die Partien gegen Leverkusen und bei den Bayern am fünften und achten Spieltag.
Können sich die Bayern trotzdem warm anziehen?
Die Frühform, die Tuchel bei seiner Vorstellung im Sommer noch stark infrage gestellt hat, lässt sich nicht leugnen. Der BVB durchlebt gerade einen sportlichen Neustart, die Spieler haben die taktischen Vorstellungen trotz nur sechs Wochen Vorbereitung bereits gut verinnerlicht. Für Vereinsboss Hans-Joachim Watzke bleiben die Bayern der große Favorit, nach der größtenteils verkorksten Saison 2014/2015 sei es falsch gewesen, „Borussia Dortmund abzuschreiben“. Als Kampfansage wollte er dies aber nicht verstanden wissen.
Macht Tuchel alle Spieler besser?
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Den 41-Jährigen in die Nähe eines Heilsbringers zu rücken, ist natürlich falsch. Vielen Schwarzgelben ist anzumerken, dass ihnen der Tapetenwechsel nach sieben Klopp-Jahren gut tut. Statt nach einem Ballgewinn alle Kräfte nach vorne zu werfen, wägen die Offensivspieler inzwischen besser ab, ob der Hurrastil erfolgreich sein kann. Gibt’s Zweifel, wird der Spielzug neu aufgebaut.
„Seit wir begonnen haben, mit dem Team zu arbeiten, agiert es bemerkenswert“, ist Tuchel mit dem Fortschritt zufrieden. Neu erlernte Geduld sowie bessere physische und mentale Voraussetzungen führen dazu, dass in erster Linie Henrikh Mkhitaryan und Marcel Schmelzer einen großen Sprung im Vergleich zur Vorsaison gemacht haben, zuletzt auch Shinji Kagawa. Es hängt derzeit nicht mehr alles von Marco Reus oder Pierre-Emerick Aubameyang ab.
Gibt’s keine Sorgenkinder mehr?
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Doch. Sei es die Abteilung Abstellgleis (Kevin Großkreutz, Oliver Kirch, Moritz Leitner) oder auch Gonzalo Castro und Sven Bender, die gerade mit ihren Ansprüchen im Mittelfeld hinten anstehen. Was angesichts der hohen Belastung, sollte die Borussia wie erwartet am Donnerstag gegen Odds BK noch die Gruppenphase der Europa League buchen, aber kein Problem werden sollte. Auch Rechtsverteidiger-Aushilfe Matthias Ginter hat trotz des Tores am Sonntag noch längst nicht seinen festen Platz gefunden.
Unabhängig vom handelnden Personal muss die Abwehr stabiler werden, während Ginter die Chancenverwertung „als unser Manko in dieser noch jungen Spielzeit“ betrachtet. Aber wenn nach den Spielen Gegner wie nun Ingolstadts Moritz Hartmann zu der Erkenntnis kommen, „Dortmund zählt zu den größten Kalibern der Liga“, muss wieder vieles richtig laufen.