Ingolstadt. Reiferen Fußball mit besserem Ballbesitzspiel haben sich die BVB-Verantwortlichem vom neuen Trainer Tuchel versprochen - bislang scheint der Plan aufzugehen. In den letzten drei Partien schoss Dortmund jeweils vier Tore.
"Spitzenreiter, Spitzenreiter", skandierte das Publikum in Schwarz-Gelb, kaum dass das 3:0 für Borussia Dortmund gefallen war. Als dann wenig später Schiedsrichter Christian Dingert die Partie beim FC Ingolstadt beendete und der 4:0-Sieg des BVB in trockenen Tüchern war, stand endgültig fest: Erstmals seit September 2013 steht der BVB in der Bundesliga auf dem ersten Tabellenplatz.
BVB überzeugt auch in Ingolstadt mit neuer Geduld
"Das ist ein schöner Nebeneffekt", schmunzelte Marcel Schmelzer. "Aber wichtig ist, dass die Arbeit, die wir in die Trainingseinheiten stecken, belohnt wird, wenn wir es durchziehen." Schon nach zwei Liga-Spielen zeigt sich, worauf Trainer Tuchel in diesen Einheiten offenbar wert legt: Der BVB legt mehr Geduld an den Tag, zeigt einen ruhigeren Spielaufbau. Wo es früher nur eine Richtung gab, nämlich nach vorne, wo die Spieler, angetrieben vom HB-Mänchen Jürgen Klopp an der Seitenlinie, gerne mal den Kopf senkten und gleichsam mit dem Messer zwischen den Zähnen in drei Gegenspieler hineinliefen, wird nun auch mal ein Angriff abgebrochen, wird der Ball nach hinten gespielt, wird sich der Gegner neu zurechtgelegt.
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Zwar beherrscht der BVB noch immer das blitzschnelle Umschalten nach Ballgewinn, gerade Ilkay Gündogan ist ein Meister darin, die Situation schnell zu erfassen und den Gegner zu überrumpeln. Und doch ist auffällig, wie gut es inzwischen auch gelingt, aus dem geordneten Spielaufbau zu hochkarätigen Chancen zu kommen - gegen Ingolstadt fehlte zur Pause nur eins: ein Tor. Und doch kam keine Hektik auf, wurden keine langen Bälle und Halbfeldflanken in den Strafraum geschlagen, sondern weiter ruhig nach der Lücke gesucht - und schließlich auch gefunden.
"Es war wichtig, dass wir geduldig geblieben sind", lobte Marcel Schmelzer. Geduld - es ist eines der Wörter, die man im Spätsommer 2015 am häufigsten hört von den BVB-Akteuren. Es ist aber eben auch eine Tugend, die auf dem Platz zu sehen ist. Nicht einmal im Hinspiel der Europa-League-Qualifikation bei Odds BK, als man nach rund 20 Minuten 0:3 zurücklag, ließen sich die BVB-Spieler von ihrer reiferen Spielanlage abbringen - und drehten die Partie schließlich noch.
In drei Spielen hintereinander vier Tore geschossen
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Die neu entdeckte Ruhe speist sich auch in dem Vertrauen in die eigenen Qualitäten: "Wir haben gegen Gladbach schon gezeigt, was wir können und 4:0 gewonnen, wir haben in Norwegen vier Tore geschossen und heute wieder", sagte der als Rechtsverteidiger eingesetzte Matthias Ginter. "Gerade in der Offensive haben wir wahnsinnig Qualität, können immer ein Tor schießen. Und hinten gilt es einfach nur, nichts zuzulassen."
Ob dieses Rezept auch ausreicht, wenn ab September die Duelle mit den Branchengrößen Bayer Leverkusen und Bayern München anstehen, muss sich noch erweisen. Doch schon jetzt zeigen nicht nur die "Spitzenreiter"-Rufe der Fans, dass die Arbeit des neuen Trainers in Dortmund erste zarte Früchte trägt.