Dortmund. Nicht erst das 2:0 gegen Chemnitz zeigt: Der neue BVB-Trainer Tuchel muss sich mit einem Problem herumschlagen, dass schon sein Vorgänger hatte.

"Wir hätten in der ersten Halbzeit höher in Führung gehen können, dann wird es ein einfacheres Spiel", sagte Marcel Schmelzer.

"Wenn wir unsere Chancen nicht hundertprozentig verwerten, kommt der Gegner nochmal auf", meinte Roman Bürki.

"Wir haben Chancen gehabt zum 2:0, 3:0, eventuell sogar 4:0 - da müssen wir auf jeden Fall deutlicher führen", ergänzte Mats Hummels.

"Wir haben es in der gesamten ersten Halbzeit versäumt, durch ein zweites Tor für die Vorentscheidung zu sorgen", monierte Thomas Tuchel.

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Wen man auch fragte nach dem 2:0-Sieg von Borussia Dortmund beim Drittligisten Chemnitzer FC: Alle BVB-Akteure kamen früher oder später auf das Thema Chancenverwertung zu sprechen - die meisten eher früher. Denn Borussia Dortmund hatte die erste Halbzeit dieser ersten DFB-Pokalrunde weitgehend kontrolliert, hatte sich Chancen herausgespielt - aber nur eine genutzt. Wieder einmal war es Pierre-Emerick Aubameyang, der - dieses Mal per Kopf - zum 1:0 traf (26.).

Es folgten weitere hochkarätige Möglichkeiten, die aber allesamt ungenutzt blieben. Und so musste der BVB-Anhang länger als nötig zittern, weil sich Chemnitz nach der Pause zu einer Drangphase aufschwang und dem Ausgleich gefährlich nahe kam. Erst spät sorgte Henrikh Mkhitaryan mit dem 2:0 für die Entscheidung (82.).

Chancenverwertung ist für den BVB kein neues Thema

Ganz unbekannt war das Gefühl den Schwarz-Gelben freilich nicht: "Das war im ersten Spiel gegen Wolfsberg ähnlich", erinnerte sich Trainer Tuchel. Im Hinspiel der Europa-League-Qualifikation war es dem BVB ebenfalls nicht gelungen, trotz bester Chancen ein zweites Tor nachzulegen - und auch dort brauchte man ein wenig Glück, um anschließend eine Drangphase des Gegners zu überstehen.

Der neue Trainer muss sich so schon zu Beginn seiner Amtszeit mit einem Thema herumschlagen, dass schon seinen Vorgänger Jürgen Klopp gelegentlich in die Verzweiflung trieb: die unzureichende Chancenverwertung. "Klar versuchen wir, daran zu arbeiten", sagte Tuchel - wohl wissend, dass es die einfache Lösung für dieses Problem nicht gibt: "Es ist ja aber auch nicht so, dass Kloppo gesagt hat: Schießt auf keinen Fall Tore. Und jetzt komme ich und sage: Schießt bitte auf jeden Fall Tore - und dann schießen wir auf einmal jeden Ball rein."

Tuchel will die Sinne der Spieler schärfen

Lieber betont der Coach ohnehin die positiven Aspekte der Problematik: "Wir sind in der Lage, uns in allen Spielen hochkarätige Torchancen herauszuspielen", sagt er. "Und wir sind in der Lage, sie gegen einen defensiven Gegner auch herauszukombinieren." Und die Vollendung? "Wir wollen die Sinne schärfen für die Klarheit des allerletzten Kontaktes und dafür, die Dinge wirklich zu Ende zu bringen, also den Ball über die Linie zu drücken - und das technisch sauber."

Entscheidend sind dabei weniger die Füße als der Kopf: "Wir sind von unserem Talent und der Abschlusstärke in der Lage, Chancen zu verwerten", sagt Tuchel. Aber: "Es gehört auch eine gewisse Mentalität dazu. Deswegen suchen ja auch alle die Torjäger, die ticken nochmal ein bisschen anders."

Der beste Beweis für diese These spielt bereits in Schwarz-Gelb: Pierre-Emerick Aubameyang war in der vergangenen Saison mit Abstand bester BVB-Torjäger - und zu sagen, dass er ein bisschen anders tickt, wäre eher Unter- als Übertreibung.