Bad Ragaz. Der BVB hat mit Roman Bürki einen neuen Torhüter verpflichtet. Doch der bisherige Schlussmann Roman Weidenfeller will den Platz nicht kamplos räumen.

Im vornehmen Hotel Quellenhof in Bad Ragaz würde Roman Bürki bei diesem Wetter auch dann auffallen, wenn er nicht die schwarz-gelbe Dienstkleidung seines neuen Arbeitgebers tragen würde. Vor einigen Wochen ist der Torwart zu Borussia Dortmund gewechselt, nun bereitet er sich zusammen mit den Kollegen in der Schweiz auf die neue Saison in der Fußball-Bundesliga vor. Und weil die Hitze derzeit das Tragen eines T-Shirts erfordert, sieht man die großflächigen Tätowierungen zum Beispiel an den Unterarmen auf den ersten Blick. Es sind christliche Motive. Und einst hat er sich das Sprüchlein "Ich kam, sah und siegte" unter die Haut malen lassen. Inwieweit dieser Satz in der kommenden Saison Wahrheitsgehalt hat, wird sich in den kommenden Wochen deutlicher herauskristallisieren.

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Bürki, der Schweizer, ist der Herausforderer in einem Duell, das eines der spannendsten der Premierensaison unter dem neuen Trainer Thomas Tuchel zu werden scheint. Es geht schließlich um den Platz im Tor, den jede Mannschaft nur ein einziges Mal vergeben kann. Auf keiner anderen Position sind Fußballfachkräfte so sehr Kontrahenten wie auf der Linie, die die Pfosten verbindet, die Kollegen aber in zwei Lager teilt. Vor allem dann, wenn der Herausforderer auf einen verdienten Mann trifft, der fürchten muss, dass man ihm nimmt, was ihm seit zwölf Jahren gewiss ist: seinen Platz im großen Ganzen.

Weidenfeller schweigt im BVB-Trainingslager

Roman Weidenfeller redet nicht in diesem Trainingslager. Er schweigt wie schon in den Wochen zuvor. Für ihn ist es eine schwierige Situation. Sein Vertrag läuft noch ein Jahr, doch schon in der vergangenen Saison musste er zeitweise den Reservisenstatus dulden. Das nagt an einem wie ihm. Umso bemerkenswerter ist, dass er sich vorbildlich verhielt. "Man kann auch ein Gewinner sein, wenn man nicht spielt", sagte der damalige Trainer Jürgen Klopp voller Achtung über den Routinier, der seinen damaligen Konkurrenten Mitch Langerak untertstützte und nicht das tat, was mehrheitlich erwartet wurde: stänkern, schlechte Stimmung verbreiten, beleidigt sein.

Doch spätestens mit der Verpflichtung eines Mannes wie Bürki schien der letzte BVB-Tag von Roman Weidenfeller schon gekommen zu sein. Er würde in diesem Sommer gehen, er würde flüchten, so raunte man sich wissend zu rund um die Strobelallee, wenn auch nur die Chance bestünde, dass er das letzte große Jahr einer großen Karriere mehrheitlich auf der Bank zubringen müsste.

Tuchel erklärt das Duell im BVB-Tor für offen

Vielleicht war (noch) nicht das richtige Angebot für ihn dabei, aber Fakt ist: Weidenfeller ist noch da. Bis zum 31. August, wenn das Transferfenster schließt, könnte sich daran noch etwas ändern. Wahrscheinlich ist dies nicht unbedingt. Der BVB freut sich über zwei überdurchschnittliche Torhüter. Wer spielt, weiß angeblich nicht einmal der Trainer. "Weidenfeller spielt derzeit als Platzhirsch eine Top-Rolle in der Mannschaft", sagt Tuchel, aber "es ist noch nicht der Zeitpunkt, in der Torwartfrage etwas zu entscheiden. Derzeit ist alles vorstellbar."

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Für Bürki ist das ein guter Satz. Er ist ehrgeizig, nicht umsonst hat er als 24-Jähriger schon in sechs Profi-Vereinen gespielt und sich in seiner Heimat mit seiner damals scheinbar rücksichtslosen Spielweise einen Namen gemacht. Er will hoch hinaus, er ist der Mann der Zukunft beim BVB, ob sie nun jetzt beginnt oder ein Jahr später. Für ihn fühlt sich das alles gerade genau richtig an. Vom beschaulichen Bundesligastandort Freiburg zog er ins riesige schwarz-gelbe Reich, das sogar in Asien seine Fans hat. Auf der Marketingreise mussten Straßen abgesperrt werden, um die Ordnung zu wahren. "Dortmund ist wirklich ein Weltverein und ich bin stolz ist stolz, ein Teil davon zu sein."

Bürki scheint besser zum Tuchel-Fußball zu passen

Bürki scheint auf den ersten Blick der Mann zu sein, der besser zum Tuchel-Fußball passt. "Ich bin ein Torwart, der gern den Ball am Fuß hat, der keine Angst hat, einen Fehlpass zu spielen. Das wird auch verlangt vom Trainer", berichtet Bürki selbst. Weidenfellers Fußballspiel hat sich in all den Jahren immer weiter entwickelt, aber gern hat er den Ball nicht am Fuß. Womöglich zieht Tuchel auch in Betracht, ein Wechselspiel auf der Linie zu probieren: Der eine spielt in der Liga, der andere in den Pokalwettbewerben. Die Zukunft wird es zeigen.

Vor und nach dem Training in der Schweiz sieht man die Konkurrenten oft gemeinsam, sie reden, lachen dann und wann. Bürki übt sich in Bescheidenheit. "Roman ist fast eine Legende beim BVB. Ich habe großen Respekt vor ihm und kann viel von ihm lernen. Aber auf dem Platz sind wir alle gleich", sagt er. Und meint vermutlich, dass Legenden in der Vergangenheit spielen.