Essen. . Franck Ribéry, der Dribbelkünstler des FC Bayern München, hat die Chance, Weltfußballer zu werden. Dagegen spricht sein Konkurrent Cristiano Ronaldo, dagegen spricht auch sein schlechter Ruf in Frankreich. Von einer Titelverteidigung Lionel Messis geht die Fachwelt hingegen nicht aus.

An Spekulationen mangelt es seit Wochen nicht, da durfte auch der Kaminsims der Ribérys nicht fehlen. Ehefrau Wahiba, so war zu vernehmen, habe diesen in der Familienvilla im Münchner Vorort Grünwald bereits freigeräumt für jene Trophäe, die ihr Ehemann Franck an diesem Montag in Zürich so gerne erhalten möchte: Weltfußballer 2013. So würde sich der 30 Jahre alte Kicker des FC Bayern gerne nennen, nach der Auszeichnung als Europas Fußballer des Jahres sowie dem Triple mit Bayern.

Doch nicht nur die Konkurrenten Cristiano Ronaldo, 28, von Real Madrid und Lionel Messi, 26, vom FC Barcelona könnten diesem Kindheitstraum des Münchner Filous im Wege stehen. Sondern auch die seltsamen Umstände der Wahl. Und dann wäre da noch einer, den Franck Ribéry, der begnadete Dribbelkünstler, nicht umdribbeln kann. Dieser Gegner heißt: Franck Ribéry.

Schwierige Kindheit

Fünfzehn Zentimeter auf der rechten Gesichtshälfte, zehn Zentimeter auf der Stirn: Selbst die Narben, die Ribéry zugefügt wurden, als er als Kleinkind bei einem Autounfall durch die Windschutzscheibe flog, sind vermessen worden. Es war eine schwierige Kindheit in Boulogne-sur-Mer, einer trostlosen Hafenstadt in Nordfrankreich. Ribéry, den Mitschüler „Frankenstein“ nannten, fand den Fußball als Weg aus der Armut. Jahrelang war der Weg holprig, voller Schlaglöcher und Einbahnstraßen. Zwischendurch arbeitete Ribéry selber auf dem Bau, um über die Runden zu kommen. Erst 2006 kam seine Karriere richtig in Fahrt, 2007 ging er zu den Bayern, und wenn es im Fußball so etwas wie Frieden und Heimat gibt, dann hat Ribéry inzwischen in München beides gefunden.

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I n Frankreich dagegen: blanke Ablehnung. Bei Wahlen zum unbeliebtesten Franzosen holt Ribéry regelmäßig Spitzenplätze, sogar bei Länderspielen bleibt das Publikum ihm gegenüber auf Distanz. Dafür gibt es rationale, nachvollziehbare Gründe, dabei spielt aber auch ein ganzes Paket an Ressentiments eine Rolle.

Quer gemischt: Ribéry spricht kein besonders gutes Französisch; für Ehefrau Wahiba, eine Algerierin, konvertierte er zum Islam; seinen jüngsten Sohn taufte er übersetzt Schwert des Islam. Vor knapp vier Jahren flog er auf, als er einen Abend mit einer damals minderjährigen Gelegenheitsprostituierten verbrachte. Ribéry behauptet bis heute, ihr tatsächliches Alter nicht gekannt und für den Sex nicht bezahlt zu haben. Die Affäre ist in Deutschland kein großes Thema geworden; auch, weil der FC Bayern sich bedingungslos vor den Spieler gestellt hat. In Frankreich aber ist der laufende Prozess nahezu täglich in den Schlagzeilen.

Ebenso wenig hat man ihm seine Rolle bei der WM 2010 in Südafrika verziehen, als die Équipe Tricolore schmählich ausschied und Ribéry eine der quertreibenden Kräfte in einer Truppe war, die versuchte, den Trainer zu stürzen, die in den Streik ging und in ihrer Heimat als die reine Schande empfunden wurde.

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Nun steht er aber nach dem besten Jahr seiner Karriere in Zürich neben Lionel Messi und Cristiano Ronaldo zur Wahl um den Ballon d’Or, den goldenen Ball. Und die Gerüchte, wer das Rennen macht, reichten in den vergangenen Wochen von angeblich durchgesickerten Ergebnissen bis hin zu den Reiseplänen der Familienclans.

Nichts blieb unbeleuchtet, und ergänzt wurde das Geraune um die Wahl durch einen missratenen Auftritt des Fifa-Präsidenten Joseph Blatter, der sich vor Studenten an einer pantomimischen Veräppelung Ronaldos versuchte und wenig später die Wahlfrist um zwei Wochen verlängern ließ. Und siehe da: Der zunächst beleidigte Portugiese kündigte nach seinen vier Toren in der WM-Relegation gegen Schweden an, doch zur Gala kommen zu wollen. Ribéry war in Sachen Mannschaftstitel (fünf) in 2013 am erfolgreichsten, Ronaldo aber bei den Toren (69). Für Messi spricht derzeit nur das Renomee.

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Hinzu kommt bei der Wahl durch Journalisten (bei denen Ribéry vorn liegen soll) sowie durch die Nationaltrainer und Kapitäne der 209 Fifa-Mitgliedsverbände (bei denen Ronaldo vorn liegen soll) der Aspekt weltweiter Vermarktung. Ribéry dürfte es deshalb wohl schwerer gehabt haben als der kickende Popstar Ronaldo.

Vielleicht klappt es also nicht. Aber für den Kaminsims ließe sich zur Not bestimmt etwas finden.