Palermo. Italien wird aufs Neue von einem Wettskandal erschüttert. Bis zu 30 Fußball-Spiele der italienischen Serie A sollen zwischen 2011 und 2013 verschoben worden sein. Auch Weltmeister Gennaro Gattuso steht unter Verdacht. Seine Wohnung wurde wie 15 weitere von der Staatsanwaltschaft durchsucht.

Italien wird aufs Neue von einem altbekannten Skandal erschüttert, auch Weltmeister Gennaro Gattuso droht im Sumpf von illegalen Wetten und verschobenen Fußball-Spielen zu versinken. Bis zu 30 Spiele sollen zwischen 2011 und Winter 2013 in der italienischen Eliteklasse Serie A manipuliert worden sein - Gattuso, 2006 im Berliner Olympiastadion einer der Helden des WM-Finals, steht ebenfalls im Visier der Staatsanwaltschaft.

"Trotz Verhaftungen und Ermittlungen in den letzten Jahren ist offenkundig, dass bestimmte Personen wie vor dem Ausbruch des Skandals Fußballpartien manipulieren", sagte Staatsanwalt Roberto Di Martino während einer Pressekonferenz am Dienstag. Die Affäre "Calcioscomesse" nimmt weit größere Ausmaße an als ohnehin schon befürchtet.

16 Wohnungen bei Razzia durchsucht

In einer großangelegten Razzia in der Nacht zuvor hatte die Staatsanwaltschaft von Cremona insgesamt 16 Wohnungen durchsucht. Laut übereinstimmender italienischer Medienberichte wurden auch die Privaträume des ehemaligen Weltklasse-Mittelfeldspielers Gattuso unter die Lupe genommen - der "Pitbull" kämpft nun um mehr als nur seinen guten Ruf.

"Gennaro ist aus allen Wolken gefallen. Er begreift nicht, wie sein Name mit den Ermittlungen in Verbindung gebracht worden ist", sagte Gattusos Manager Andrea D'Amico im Gespräch mit Sky TG24: "Seine Rechtsanwälte werden jetzt Kontakt zur Staatsanwaltschaft aufnehmen, um die Hintergründe dieser Untersuchung zu klären. Für uns ist dies ein Blitz aus heiterem Himmel." Auch gegen den früheren Champions-League-Sieger Cristian Brocchi (37) wird ermittelt.

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Die beiden früheren Stars des AC Mailand sollen mit mindestens zwei Personen in Verbindung stehen, die wie zwei weitere Männer wegen des Verdachts der Spielmanipulation verhaftet worden sind. Jene Verdächtige hätten als Vermittler gedient und Spiele für circa 700.000 Euro zur Manipulation angeboten, so die Staatsanwaltschaft.

Auch Lazio Rom unter Verdacht

Die Inhaftierten hatten den Ermittlern zufolge auch Kontakt zum früheren Starspieler Giuseppe Signori, der 2011 im Zusammenhang mit dem Wettskandal verhaftet worden war. Laut Angaben der Staatsanwaltschaft von Cremona, die seit mehr als zwei Jahren Spielmanipulationen auf der Spur ist und dabei knapp 200 Verdächtige ins Visier genommen hat, wird derzeit gegen insgesamt 20 Personen ermittelt. Darunter sind weitere aktive und ehemalige Spieler aus der Serie A und dem Unterbau Serie B.

Nicht nur in drei Serie-A-Spielen des AC Mailand aus dem Jahr 2011 könnte es laut Medienberichten zu Unregelmäßigkeiten gekommen sein, sondern auch bei der Begegnung von Miroslav Kloses Klub Lazio Rom bei Juventus Turin im April 2012. Klose stand damals nicht im Kader der Römer. Auch auf die Partie zwischen US Palermo und Inter Mailand (1:0) im April 2013 sind die Ermittler aufmerksam geworden. Der ehemalige Palermo-Trainer Giuseppe Sannino bestreitet jedoch, dass dieses Spiel manipuliert worden ist.

Skandal erschüttert Fans

Laut der italienischen Zeitung Gazzetta dello Sport stehen zudem insgesamt 53 Spiele von der zweitklassigen Serie B bis zur vierten Liga (Lega Pro) in der abgelaufenen Saison 2012/2013 unter Manipulationsverdacht.

Der Skandal in Italien wuchert weiter und erschüttert die Fans. Schon vor der EM 2012 war Nationalspieler Domenico Criscito aufgrund laufender Ermittlungen aus dem Kader von Trainer Cesare Prandelli verbannt worden. Inzwischen ist er aber wieder Teil der Squadra Azzurra.

Nun steht Gattuso am Pranger, ein noch bekannterer Name. Der 35-Jährige, nach schwachem Saisonstart als Trainer beim Serie-A-Absteiger US Palermo entlassen, hatte seine Karriere als Profi im Sommer 2013 nach einer letzten Station als Spielertrainer beim Schweizer Erstligisten FC Sion beendet. (sid)