Rom. Die italienische Mannschaft kommt in der EM-Vorbereitung nicht zur Ruhe. Nun ist auch noch Torhüter Buffon in den Fokus der Ermittler geraten: Er hatte Andeutungen zu möglichen Ergebnisabsprachen gemacht.
Erst die Durchsuchungen im Trainingslager, dann die Spielabsage wegen eines Erdbebens: Für Italiens Fußball-Nationaltrainer Cesare Prandelli könnte die EM-Vorbereitung kaum chaotischer verlaufen. Die schlechten Nachrichten nahmen auch am Mittwoch kein Ende: Jetzt will die Staatsanwaltschaft in Cremona, die im ausgedehnten Wett- und Manipulationsskandal ermittelt, Torhüter und Kapitän Gianluigi Buffon befragen.
Buffon hatte in einem Interview behauptet, Absprachen zwischen Klubs am Ende der Meisterschaft seien nicht unüblich, um Vereine vor dem Abstieg zu bewahren. Das rief prompt die Ermittler auf den Plan. Die wenig geschickten Aussagen des Torhüters wurden als Versuch bewertet, seinen Vereinstrainer Antonio Conte aus der Schusslinie zu holen. Der Coach von Meister Juventus Turin war wegen mutmaßlicher Absprachen während seiner Zeit als Trainer des Serie-A-Aufsteigers AC Siena ins Visier der Staatsanwälte geraten.
Wohnung des Meistertrainers wurde durchsucht
Belastet wurde Conte vom Serie-B-Profi Filippo Carobbio, der sich nach seiner Festnahme wegen Manipulation zur Zusammenarbeit mit der Justiz entschlossen hat. Carobbio hatte den im Skandal ermittelnden Staatsanwälten berichtet, dass das Zweitliga-Spiel zwischen Novara Calcio und dem AC Siena (2:2) am 1. Mai 2011 manipuliert worden sei. Conte, damals Coach des AC Siena, sei über die Absprachen informiert gewesen, behauptet Carobbio nach Angaben italienischer Medien. Daraufhin wurde die Wohnung des Trainers am Montag von der Polizei durchsucht.
Auf Ruhe im EM-Team muss Prandelli somit vorerst vergeblich warten, zumal nach einem Kommentar von Ministerpräsident Mario Monti eine Diskussion darüber entbrannt ist, die Meisterschaft für zwei oder drei Jahre auszusetzen. Kritik kam prompt vom Präsidenten des italienischen Fußballverbands FIGC. "Wer schuldig ist, muss streng bestraft werden, doch die Meisterschaft zu stoppen, würde das ganze Fußballsystem beeinträchtigen und auch denjenigen schaden, die sich ehrlich verhalten. Tausende Jobs wären gefährdet. Ein Stopp ist nicht die Lösung", sagte Giancarlo Abete. Der Fußball beschere den Staatskassen 1,1 Milliarden Euro Steuern pro Jahr.
Prozessbeginn vor dem Sportgericht
In diesem gespannten Klima beginnt am Donnerstag vor dem FIGC-Sportgericht in Rom der Prozess gegen 22 Vereine, 54 Spieler sowie vier Manager und drei Assistenten wegen ihrer angeblichen Beteiligung am Skandal. Dazu gehören auch die drei Erstliga-Aufsteiger Atalanta Bergamo, AC Siena und Novara Calcio, denen ein Punktabzug für die nächste Saison droht. Im Visier der Ermittler stehen insgesamt angeblich 33 Spiele. Zentrale Figur der Verhandlungen soll der im April verhaftete Andrea Masiello sein. Laut Aussagen des früheren Profis vom AS Bari sind während der Saison 2010/2011 neun Begegnungen mit Bari-Beteiligung manipuliert worden. (sid)