Köln. Die U-21-Auswahl der deutschen Fußball-Nationalmannschaft ist bereits in der Vorrunde der Europameisterschaft gescheitert, die U 19 sogar in der EM-Qualifikation ausgeschieden, wie zuvor bereits die U 17. Nach den deutschen Festtagen in der Champions League ist wieder Ernüchterung eingekehrt.
Nach den Fußball-Festtagen in der Champions League im Wonnemonat Mai läuten nur wenige Wochen später im deutschen Fußball die Alarmglocken. Die mit Bundesliga-Jungstars gespickte U21 blamierte sich unter dem Strich bei der EM-Endrunde in Israel und verabschiedet sich nach der Gruppenphase, die U19 scheiterte am Montag durch ein 0:1 gegen die Niederlande sogar in der EM-Qualifikation. Zuvor hatte bereits die U17 im März dieses Schicksal ereilt.
Besonders das Aus der U21 wirft viele Fragen auf, schließlich war der Unterbau der A-Mannschaft als einer der Topfavoriten bei der EM-Endrunde an den Start gegangen. Der ehemalige Bundestrainer Berti Vogts, unter anderem 1984 Europameister mit der deutschen U16 und 1996 für den bislang letzten Titel der A-Mannschaft verantwortlich, stellt klare Forderungen an die Nachwuchskicker.
Vogts fordert mehr Druck für Spieler
"Man muss in der heutigen Zeit auch viel mehr Druck auf die Spieler ausüben. Die Spieler üben schon in jungen Jahren mit ihren Beratern viel Druck auf die Vereine auf, da darf man auch erwarten, dass etwas zurückkommt. Vor allem, wenn man bedenkt, dass die Junioren heutzutage wie die A-Mannschaft auf ein solches Turnier vorbereitet werden", sagte der 66-Jährige.
Vogts betont aber auch, dass grundsätzlich seit 2000 hervorragende Arbeit im Nachwuchsbereich geleistet werde: "In den Fußball-Akademien der Klubs wird gut gearbeitet." Das unterstrich auch DFB-Trainer Horst Hrubesch, der beim U21-EM-Titelgewinn vor vier Jahren auf heutige Top-Stars wie Mesut Özil, Sami Khedira, Manuel Neuer, die mit fünf weiteren Titelträgern von 2009 heute den Kern des A-Teams bilden, zurückgreifen konnte: "In der Breite sind wir nach wie vor gut aufgestellt, und an der Kompetenz unserer Trainer gibt es auch keine Zweifel."
Aber: angesichts der drei bitteren Rückschläge im Nachwuchsbereich muss sich der Deutsche Fußball-Bund (DFB) der Kritik stellen. "Das Gesamtkonzept ist gut, aber es ist natürlich immer wichtig, sich zu hinterfragen - gerade nach Misserfolgen", betonte Hrubesch. Der aktuelle U18-Trainer, 2008 mit der U19 Europameister und ein Jahr später mit der U21 in Schweden Europameister, gibt zu, dass man einige Punkte ansprechen müsse.
Titel gewinnen oder Erfahrungen sammeln?
So müsse man grundsätzlich überdenken, was man von den Junioren-Teams verlange. Sollen sie sportliche Erfolge erringen oder lediglich als Zulieferbetrieb für die A-Nationalmannschaft dienen. "Wir müssen überlegen, ob wir mit den Besten zu einem Turnier fahren, um zu gewinnen, oder ob wir uns damit zufrieden geben, dass die teilnehmenden Spieler wichtige Erfahrungen sammeln", so der 62 Jahre alte Europameister von 1980, der nach seinen zwei Titelgewinnen im Verband eine andere Position erhielt.
Anders als Spanien und die Niederlande, die ihre besten Spieler nach Israel geschickt haben, hatte U21-Coach Rainer Adrion neben dem Dortmunder Ilkay Gündogan auch auf Leverkusens Andre Schürrle und den Schalker Julian Draxler verzichten müssen, die zuvor mit dem A-Team die umstrittene USA-Reise bestritten hatten.
Neue Erwartungshaltung
DFB-Präsident Wolfgang Niersbach ist indes vor der Zukunft nicht bange. "Das Nachwuchsprogramm, das wir 2000 begonnen haben und das Matthias Sammer nach 2006 vorangetrieben hat, trägt jetzt die ersten Früchte. Aber wir dürfen uns nicht auf dem ausruhen, was wir erreicht haben. Das tun wir auch nicht. Wir stellen gerade neben den rund 1000 von uns bezahlten Trainern noch einmal 300 neue Honorartrainer ein", sagte der 62-Jährige in Israel.
Der von Löw wenig geliebte Sammer, mittlerweile Sportvorstand von Triple-Sieger Bayern München, hatte während seiner Amtszeit das Credo ausgegeben, dass nur Wettbewerb die Spieler auf eine erfolgreiche Zeit im A-Bereich vorbereite. Als Hrubesch im Herbst 2009 für die U20-WM aus der Liga sage und schreibe 25 Absagen verkraften musste, sprach Sammer von einer "Schande".
Löw-Assi Flick verweist aktuell lieber auf die gestiegene Erwartungshaltung: "Der Siegeszug von Bayern München und Borussia Dortmund in der Champions League hat den Blick dafür getrübt, dass auch in anderen Verbänden hervorragende Arbeit geleistet wird." (sid)