Berlin. . Der FC Bayern München hat das historische Triple perfekt gemacht. Und entsprechend wurde gefeiert. Auch dass gegen Bayern-Präsident Uli Hoeneß wegen Steuerhinterziehung in Millionenhöhe ermittelt wird, konnte einen verregneten Tag in München nicht trüben.

Die Bayern waren das erste Mal in dieser Saison chancenlos. Sie hatten alles versucht – doch der Kampf mit dem Wetter war nicht zu gewinnen. Und so ergoss sich der Starkregen über das Autokorso, mit dem die Münchner am gestrigen Sonntag das neue Kapitel in der deutschen Fußball-Geschichte euphorisch feiern wollten. Doch die meisten Körner waren verbraucht, spätestens in der Nacht auf Sonntag, in der sich nach dem 3:2-Erfolg gegen den VfB Stuttgart, dem überraschend hart erkämpften Pokalerfolg, die ganze Anspannung einer gewaltigen, einmaligen Saison löste.

„Es ist unglaublich, welche Saison wir gespielt haben“, sagte Bastian Schweinsteiger noch vergleichsweise nüchtern, während Arjen Robben schon nach dem ersten (oder war es das zweite?) Weißbier zu Protokoll gab: „Du lebst in einem Rausch.“ Das galt offenbar insbesondere für Manuel Neuer. Der Nationaltorwart, in seiner Schalker Zeit nicht nachhaltig geschult in der Königsdisziplin Trophäenwuchten, verdiente sich nach Augenzeugenberichten den Louis-van-Gaal-Gedächtnispreis als „Feierbiest“. Da konnte auch Mario Gomez nicht mithalten, obwohl der Stürmer, sonst allzu oft nur Ersatz, mit zwei Toren das Finale geprägt hatte – und so zugleich ein Bewerbungsschreiben in eigener Sache eingereicht hatte. Es könnte dennoch seine letzte Bayern-Feier gewesen sein.

Und selbst der umtriebige, quirlige, nimmermüde Thomas Müller musste sich gegen Neuer geschlagen geben: „Um sieben bin ich gegangen, und da waren immer noch Leute da“, stellte er verwundert fest. nimmermüde Thomas Müller musste sich da geschlagen geben. „Um sieben bin ich gegangen, und da waren immer noch Leute da“, stellte Müller verwundert fest.

Hoeneß nimmt Treuebekundungen dankbar zur Kenntnis

Bayern-Präsident Uli Hoeneß war da schon längst nicht mehr unter den Anwesenden, obgleich er die Treuebekundungen der viel gepriesen Bayern-Familie gerührt und dankbar zur Kenntnis nahm. In all den Jubelarien war ja fast untergangen, dass gegen den Klub-Patron wegen Steuerhinterziehung in Millionenhöhe ermittelt wird. Schon auf der Tribüne des Olympiastadions hatte Hoeneß, in den rot-weißen Fanschal gewandet, die innige Umarmung des bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer erwidert. Uli Hoeneß, der Ausgestoßene, Geächtete? Tempi passati. „Es waren schwere Wochen für unseren Freund, aber wenn eine Bastion überlebt, dann ist es der FC Bayern“, sagte Karl-Heinz Rummenigge später beim Bankett in diesem typischen Münchner Sound mit leisen Anklängen der Selbstgerechtigkeit.

Ansonsten fiel es dem Vorstandschef naturgemäß leicht, die Leistung der Bayern-Mannschaft mit reichlich Superlativen auszuschmücken: „Was wir heute Abend erlebt haben, ist etwas Historisches. Hier im Raum sind größte Fußballer, aber das Triple hat noch keiner erreicht.“ Und der größte unter diesen größten Fußballern, ein gewisser Franz Beckenbauer, legte sich in der ihm eigenen Lässigkeit fest: „Das ist die beste Mannschaft, die der FC Bayern jemals hatte.“

Und an diesem Tag natürlich auch den besten Trainer, den der FC Bayern je hatte. Und so wurde Jupp Heynckes im Moment seines erzwungenen Abschieds noch einmal zum Säulenheiligen des Klubs gekürt: „Vom Glanz umzingelt, neigt man zur Euphorie, manchmal zur Übertreibung. Aber ich glaube, was das Verhältnis Jupp Heynckes und den FC Bayern betrifft, das ist etwas Sakrosanktes“, lobhudelte Rummenigge in der Berliner Triumphnacht.

Lahm und sein Team bleiben "hungrig"

Und wie geht es jetzt weiter? Der neue Trainer Pep Guardiola könne ja jetzt „höchstens noch den Eurovision Song Contest gewinnen“, spottete der frühere Frankfurt-Stürmer Jan Age Fjörtoft. Mit dem zwar eingängigen, aber doch eher einfältigen „Super Bayern, super Bayern, he, he“ dürfte sich das allerdings schwierig gestalten. Die Münchner aber gaben sich in Sachen Perspektive gelassen. „Mir ist vor der Zukunft nicht bange“, sagte Kapitän Philipp Lahm. „Die Mannschaft ist in einem perfekten Alter, hat gute Charaktere. Alle Spieler haben längere Verträge, da ist noch einiges drin“, sagte der Kapitän ungewohnt forsch: „Wir bleiben hungrig.“

Und neben Supercup und Weltpokal gibt es ja noch einen Titel zu gewinnen, der die Eitelkeit des Individuums im Mannschaftssport kitzelt: „Weltfußballer des Jahres“. Es bestehen wenige Zweifel, dass diese Auszeichnung am Ende des Jahres an einen Bayern-Profi gehen dürfte. „Es gibt für mich vier Kandidaten“, legte sich auch Jupp Heynckes fest. Und es folgte der – neben dem nach ausgiebiger Bierdusche schmerzlich vermissten Ersatz-Anzug – zweite kleine Fauxpas des scheidenden Trainers. Seine Kandidaten, so Heynckes, seien die Kapitäne Philipp Lahm und Bastian Schweinsteiger sowie Franck Ribéry und Thomas Müller. Es fehlte der Name Arjen Robben, ausgerechnet jenes Mannes, der den Bayern in Wembley die Krone des europäischen Fußballs herbeischoss. Der egozentrisch begabte Niederländer dürfte nur mäßig amüsiert gewesen sein.

Und dann regnete es auch noch. Weiter, immer weiter.