Amsterdam. Als er zum FC Chelsea kam, wurde der spanische Trainer Rafael Benitez von den Fans beschimpft. Nun führte er den Premier League-Club ins Europa-League-Finale und in die Champions League. Doch jetzt kommt es für ihn richtig schlimm: José Mourinho kehrt an die Stamford Bridge zurück.
Dass ihn die Fans des FC Chelsea im November als "fetten Clown" empfingen, hat Rafael Benitez weder vergessen noch vergeben. Doch was die Blues ihm nun antun, ist viel schlimmer: Ausgerechnet Jose Mourinho soll sein Nachfolger werden - jener Kollege, dem Benitez seit Jahren in einer innigen und bei jeder Gelegenheit offen gelebten Feindschaft verbunden ist, die im harten Fußball-Geschäft ihresgleich sucht. Das ist wirklich ein dickes Ende.
Wie sehr das alles an dem 53-Jährigen nagt, zeigte die Pressekonferenz vor dem Europa-League-Finale gegen Benfica Lissabon. Benitez hatte darüber reden wollen, wie er Chelsea noch in die Spur gekriegt hat. Wie er die Blues trotz aller Anfeindungen in dieses Finale und in die Champions League geführt hat.
Und dann muss er sich gleich als erstes tatsächlich fragen lassen, ob er sich denn zum Abschied bei den Fans entschuldigen will. Nur weil er gesagt hatte, sie beschädigen das Image, wenn sie ihn beleidigen. "Ich?", fragt Benitez also entgeistert zurück: "Wofür denn?" Im weiteren Verlauf beginnt er fast jede Antwort auf eine Frage von Briten genervt mit den Worten: "Wie ich schon Hunderte Male gesagt habe..."
Feindschaft seit einem Jahrzehnt verwurzelt
Sie haben es ihm wirklich schwer gemacht in diesen sechs Monaten an der Stamford Bridge. Doch Chelsea, das war, ist und wird eben der Klub Mourinhos sein. Für dessen Feind ist hier kein Platz. Das Schlimmste: Mit dem Wegmobben von Benitez haben Fans und Medien ihr Ziel erreicht: Im Sommer wird der bei Real Madrid unglückliche "Special One" zurückkommen.
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Die Feindschaft zwischen dem hemdsärmeligen, freundlichen Spanier mit dem Genießerbauch und dem eitlen und provokanten Portugiesen ist seit zehn Jahren tief verwurzelt. Damals sind die beiden Anfang 40 und die Überflieger ihrer Branche. Und Mourinho ist immer ein bisschen schneller. Er gewinnt 2003 mit dem FC Porto den UEFA-Cup und 2004 die Champions League. Benitez macht es mit dem FC Valencia und dem FC Liverpool stets im Jahr darauf nach.
Chelseas Geheimnis: Nicht "Mou", sondern Abramowitsch
Auf dem Weg zum Triumph 2005 schalten die Reds Chelsea mit Mourinho im Halbfinale aus. "Wir waren gute Freunde", sagt Benitez: 'Bis wir angefangen haben zu gewinnen."
Die 16 Duelle in drei gemeinsamen Jahren in England sorgen dafür, dass die beiden - wie im Leben - immer genau das haben, was dem anderen fehlt. Benitez will Liverpool zum ersten Meistertitel seit 1990 führen, gewinnt aber stattdessen die Königsklasse. Mourinho soll Chelsea endlich zum Champions-League-Sieger formen, holt aber stattdessen sechs nationale Titel.
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2007 im Halbfinale scheitern sie erneut an den Reds im Halbfinale, "weil sie sich das ganze Jahr auf dieses Spiel vorbereitet haben, wir seit gestern. Große Mannschaften nehmen alle Wettbewerbe ernst", ätzt Mourinho. "Man muss gewinnen, wenn es zählt", entgegnet Benitez. Überhaupt sei nicht "Mou" das Geheimnis von Chelseas Erfolg, sondern das Geld von Mäzen Roman Abramowitsch. Mourinho verweigert von da an den Handschlag und sagt lapidar: "Ob wir uns die Hand geben oder uns küssen, ist völlig unwichtig."
Benitez hoffte auf Real - Mourinho bekam den Zuschlag
Auch danach lassen beide keine Gelegenheit aus, den anderen zu diskreditieren. Als Roy Hodgson 2010 Benitez in Liverpool beerbt, wünscht ihm Mourinho "viel Spaß. Denn diese Mannschaft hat sich von Jahr zu Jahr verschlechtert". Benitez hoffte zu diesem Zeitpunkt auf den Posten bei Real Madrid - dem Klub aus seiner Heimatstadt, bei der er schon Spieler und Jugendtrainer war. Den bekommt stattdessen Mourinho. Benitez bezeichnet das als "falsche Wahl" und seinen Kollegen als "Blender".
Er übernimmt - als Mourinho-Nachfolger - Inter Mailand und verzweifelten an der ausgelaugten Mannschaft. Er gewinnt nur den italienischen Supercup, woraufhin Mourinho gleich fordert, ihm den Pokal zuzuschicken, 'aber die Frachtkosten muss er übernehmen'.
Benitez will in der neuen Saison, das hat er schon gesagt, am liebsten in England bleiben. Heiße Duelle mit Chelsea und "Mou" wären dann sicher. (sid)