Herzogenaurach. . Bundestrainer Löw ersetzt im Rückspiel gegen Kasachstan den gelbgesperrten Bastian Schweinsteiger durch BVB-Star Ilkay Gündogan. Der Schalker Benedikt Höwedes und Bayern-Stürmer Mario Gomez sind angeschlagen. Löw will in Nürnberg gegenüber der Astana-Formation „auf zwei, drei Positionen“ etwas verändern.
Oliver Bierhoff hatte am Sonntag mit dem Daherplaudern eines Satzes für Furore gesorgt, der in der Fußballnation Deutschland auf dem Index steht. „Für Europäer“, so der DFB-Manager, sei es „eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit“, bei der WM in Brasilien den Titel abzuräumen. Und: Rumms!
Müssen wir noch hinfliegen, oder was? Bierhoff wollte natürlich nur auf die Schwierigkeiten mit dem Klima und auf die traditionelle Stärke der kontinentalen Ensembles auf ihrem Kontinent aufmerksam machen. Bundestrainer Joachim Löw hat das Thema dennoch bei seinem Auftritt vor der zweiten WM-Qualifikationspartie gegen Kasachstan am Dienstag in Nürnberg (20.45 Uhr/live in der ARD und in unserem Ticker) vorsichtshalber noch einmal aufgegriffen und auf die Bedeutung des Wörtchens „eigentlich“ verwiesen. Eigentlich ein Problem, wir wollen aber selbstverständlich trotzdem Weltmeister werden.
Spekulationen über Gedanken von Gündogan
Was durch diese kleine Episode herausgearbeitet wird: Wer sich im Kreise der nationalen Auswahl bewegt, der sollte Interpretationsspielräume abdichten können. Als nach dem 3:0-Sieg gegen die Kasachen in Astana klar war, dass Bastian Schweinsteiger in der Rückbegegnung gelbgesperrt fehlen würde, hätte Ilkay Gündogan also die Frage nach seiner Hoffnung, als Ersatzmann auftreten zu dürfen, etwa wie folgt beantworten müssen: Wir haben eine große Qualität, Herr Löw hat die Qual der Wahl. Gesagt hat der Dortmunder: „Ich weiß nicht, was im Kopf des Bundestrainers vorgeht.“ Und daraus lässt sich schon ein Anflug von zartbitterer Negativität ableiten.
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Starke Leistung des BVB-Stars in Frankreich
Ob Gündogan wirklich enttäuscht war, dass er im Pflichtspiel nicht in der Startelf auflaufen durfte, weiß einzig Gündogan. Gründe für Enttäuschung gab es. In den beiden vorangegangenen Freundschaftspartien gegen die Niederlande und gegen Frankreich hatte er jeweils über 90 Minuten hinweg gespielt, und vor allem nach seiner starken Leistung in Paris wurde öffentlich darüber spekuliert, ob denn eine Wachablösung in der Zentrale nicht fällig sei: Ist Gündogan der bessere Schweini?
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Mit Vergnügen wird der Bundestrainer das nicht gelesen haben. Schweinsteiger war zwar in den vergangenen neun Testbegegnungen gar nicht am Ball. Und weil er auch an der US-Reise im Sommer nicht teilnehmen wird und erst im August gegen Paraguay die nächste Partie angesetzt ist, können Statistiker für ihn bereits festhalten: Innerhalb von zehn Monaten exakt einmal mit Adlertrikot auf der Brust unterwegs gewesen. Gegen die lütten Kasachen. Doch Löw hält eisern fest an seinem Vize-Kapitän, emotionalen Anführer und Strategen auf dem Rasen.
Gomez als Opfer der neuen Sturmpolitik?
Es sind andere, die aus der ersten Reihe verdrängt wurden. Lukas Podolski gilt nun als „Option“. Jerome Boateng soll „konstanter“ werden, Mario Gomez könnte Opfer einer neuen Sturmpolitik werden. Und Toni Kroos, der verletzt abwesende Bayer, den Löw lange als Kronprinz Schweinsteigers führte, ist hinter Gündogan geschoben worden.
In Nürnberg will Löw gegenüber der Astana-Formation „auf zwei, drei Positionen“ etwas verändern. Drei Spieler sind leicht angeschlagen. Angreifer Gomez, Benedikt Höwedes und Mesut Özil. Boateng könnte demnach statt Höwedes Konstanz in der Innenverteidigung demonstrieren, Schürrle über die linke Seite Druck auf den Gegner und seine Konkurrenten ausüben – und Mario Götze und Marco Reus könnten vielleicht sogar gemeinsam zentral offensiv für ein bisschen Spanien-Flair im verschneiten Franken sorgen.
Der Riesensprung von Gündogan nach der EM
Doch nur der Bundestrainer weiß, was im Kopf des Bundestrainers vorgeht. Sicher ist aber, dass Gündogan „morgen spielen wird“. Und zwar, „weil er einen Riesensprung gemacht hat nach der EM“. Das hat Löw regelrecht begeistert. „Er hat alle Voraussetzungen, um ein Weltstar zu sein“, tat er deshalb kund.
Um dem 22-Jährigen die Botschaft zu vermitteln, dass er im Angesicht der Übergröße Schweinsteiger weiterhin die „Demut“ zeigen muss, die Deutschland auf dem Weg zur WM haben sollte („Wir sind noch gar nicht qualifiziert!“), wäre eine Zukunftsform sicher angebrachter gewesen. Weltstar zu werden. Andererseits: was soll’s? Der Bundestrainer wird den Jogi schon nicht kritisieren.