Paris. Der Sieg der deutschen Nationalmannschaft gegen Frankreich war kein Titelgewinn. Dennoch war es mehr als nur ein kleiner historischer Erfolg. Die starke Mannschaftsleistung bestätigte: Die DFB-Elf durchläuft weiterhin einen positiven Wandel.
Der Akte mit dem Namensaufdruck „Mario Gomez“ hat der Bundestrainer einen Eintrag hinzugefügt. Der Münchner, so tastete sich Joachim Löw zu nächtlicher Pariser Stunde an das Thema heran, habe „nach langer Verletzungspause und wenigen Spielminuten“ noch nicht über die körperlichen Voraussetzungen verfügt, „das hohe Tempo über 90 Minuten hinweg zu halten“. Deshalb sei der Mann mit dem zweiten Vornamen „Mittelstürmer“ von ihm bereits in Minute 56 vom Rasen des Stade de France zurück in die Gemeinschaft der privilegierten Zuschauer beordert worden. Für die Zukunft allerdings, kleine Denkpause, Schluss: „ist klar, dass wir ihn dringend brauchen“.
Der Sieg der DFB-Elf gegen Frankreich bewirkt einen Wandel
Es war, wie es schon so oft war in seinen mittlerweile stattlichen 58 Partien im nationalen Trikot. Gomez hatte im Ensemble der fließenden Leichtigkeit gewirkt wie ein Staudamm. Wo er war, regierte die Statik, wo die anderen waren die Bewegung. Für die Zukunft bedeutet das natürlich nicht, dass der 27-Jährige keine Einladungen zum Mitmachen mehr erhalten würde. Doch der 2:1-Sieg im Test auf hohem Niveau gegen die Auswahl der Franzosen brachte eben
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tatsächlich einige Erkenntnisse. Er war nicht nichtig, wie es nach diversen Absagen in der Heimat befürchtet wurde, sondern er hat erstens für die Statistik bewirkt, dass ein unangenehmer Wert gestrichen werden konnte. Deutschland wird nun nicht mehr als die Fußballnation geführt, die zuletzt 1935 auf französischem Grund gewinnen konnte. Und zweitens bestätigte er den Wandel der Mannschaft, der bei der EM zurückhaltend betrieben und nach der EM forciert wurde.
Özil präsentierte sich gegen Frankreich "auf einem Riesenniveau"
Der Bundestrainer notierte auch ein paar Sätze in der Akte mit dem aufgedruckten Namenszug „Lukas Podolski“. Der Arsenal-Akteur habe „viel nach hinten gearbeitet“, und das sei schon „wahnsinnig wichtig“ gewesen gegen die mit der Qualifikation zur Attacke ausgestatteten Außen der Grande Nation. Die Vorstellung, dass ein Marco Reus, dem von Dortmunds Trainer Jürgen Klopp ebenfalls ein Gegenhalten-Serum injiziert wurde, mehr nach vorne hätte bewirken können, wird Löw damit nicht aus den Köpfe bekommen. Und das will er wohl auch gar nicht. Der Fokus des Bundestrainers liegt auf einer Gruppe, deren Zahl die Elf weit überschreitet.
In Paris hat Mesut Özil so viele Lorbeeren eingesammelt, dass er bei seiner Rückreise nach Madrid einen Koffer brauchte. Und „der Hochbegabte“ hatte auch immer gemein „zwischen die Linien gespielt“, wie Frankreich-Trainer
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Didier Deschamps seufzte. Und er war „auf einem Riesenniveau“ unterwegs, wie Löw festhielt. In der 74. Minute spielte er auf diesem Riesenniveau unter anderem einen Pass zwischen die französischen Linien, der den Kollegen Sami Khedira auf einem Traumpfad erreichte und damit das 2:1 einleitete. Das Technikgenie Özil ist aber nur der vor Jahren produzierte Prototyp einer Serie ganz ähnlicher Modelle.
Reus, Götze, Özil und Müller haben eine große Zukunft vor sich
Die für den Länderspiel-Jahresauftakt krank gemeldeten Reus und Mario Götze können beim Fußball ebenfalls nicht nur diszipliniert deutschen Druck ausüben, sondern zaubern und darüber hinaus vollstrecken. Und weil der auf undurchschaubaren Wegen wandelnde 1:1-Schütze Thomas Müller (51. Minute, das 1:0 hatte Mathieu Valbuena in Minute 44 vorgelegt) aus der idealtypischen ersten Elf nicht herauszudenken ist, muss eine Strategie gefunden werden, bei der möglichst viele Vertreter der neuen Modellserie mitwirken können.
Männern, die den zweiten Vornamen Mittelstürmer tragen, droht damit bei klassischer Interpretation ihres Aufgabengebietes der Arbeitsplatzverlust. Von hinten bis vorne fordert Löw „spielerische Lösungen“ In Paris beklagte er, letztens noch, bei diesem 4:4 nach 4:0-Führung in der EM-Qualifikationsbegegnung mit Schweden habe es im fatalen Finalstück genau an diesen Lösungen gemangelt.
Gute Nachrichten sind das. Für Reus, Götze, Özil, Müller, auch für einen Abwehrästheten und gleichzeitig bissigen Blocker wie Mats Hummels. Und auch für einen weiteren Dortmunder, für Ilkay Gündogan. Er hat Bastian Schweinsteiger an Khediras Seite ersetzt und dem Bundestrainer dabei „klasse gefallen“. Dennoch gilt zur Einordnung der Frankreich-Lust das Wort des Müller, Thomas: „Wir haben keinen Titel gewonnen.“