Paris. . Die deutsche Leichtigkeit, mit der Özil und Co. die Fußballwelt lange verzückt hatten, ist zurück. Für Joachim Löw und sein Team war das 2:1 gegen Frankreich vor allem ein Sieg gegen innere und äußere Zweifel. Das EM-Jahr 2012 soll nun vergessen sein.

Die unwirsche Reaktion des Bundestrainers kurz nach dem historischen Sieg verriet es. Das mit der lange vermissten Leichtigkeit von Mesut Özil und Co. erspielte 2:1 in Frankreich war für Joachim Löw weit mehr als ein normaler Erfolg in einem attraktiven Freundschafts-Länderspiel. "Da hätten wir uns beinahe um den Lohn einer ganz starken Leistung gebracht. In diesen Phasen, in einzelnen Aktionen müssen wir noch etwas an Cleverness zulegen", erklärte Löw aufgeregt zu den letzten zwei Zitterminuten im Stade de France und zu seinem wütenden Abgang in die Kabine.

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Hätten Franck Ribéry oder Mathieu Valbuena in der Schlussphase noch getroffen, wären die Diskussion um die Balance-Probleme in der Nationalmannschaft zum Jahresstart 2013 weitergegangen. Das wusste auch Löw und wies nach der Partie ungefragt auf den großen Unterschied zu jenem 4:4 nach 4:0-Vorsprung gegen Schweden vor vier Monaten hin, das Fußball-Deutschland in größte Aufregung versetzt hatte. "Wenn der Gegner mal Druck gemacht hat, hat unsere Mannschaft dagegen Mittel gefunden, die Bälle aus einer guten Aufteilung herausgespielt. So haben wir nie die Kontrolle verloren wie gegen Schweden", analysierte der Trainer den Jahreseinstand erleichtert.

Sieg gegen Frankreich bringt Löw wieder in ruhigeres Fahrwasser

Nicht die beendete schwarze Serie gegen Frankreich, auch nicht der nach fünf Jahren endlich wieder gelungene Jahresauftakt sorgten dafür, dass Trainer und Spieler am Donnerstag erleichtert und entspannt aus Paris in ihre Heimatorte zurückkehren konnten. Das 2:1 war vor allem ein wichtiger Erfolg gegen die inneren und äußeren Zweifel daran, dass bei der WM 2014 in Brasilien tatsächlich der so ersehnte Titelcoup gelingen kann. "Jetzt hat das ganze Land gesehen, dass beim DFB nicht alles schlecht ist", erklärte Thomas Müller, der mit seinem Tor in Stade de France die Wende eingeleitet hatte.

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"Für uns war es der richtige Härtetest, das Spiel war sehr temporeich und schnell", erklärte Löw nach seinem 90. Spiel als Bundestrainer, das auch ihn persönlich wieder in ruhigeres Fahrwasser bringt. Die Skepsis an Löw und seiner lange umjubelten Boy Group war im Vorjahr mit dem bitteren EM-Ausscheiden und jenem Schweden-Spiel in der WM-Qualifikation stark gewachsen. Nach dem ersten Sieg in Frankreich seit 78 Jahren betonte Löw deshalb besonders: "Unter Druck war das viel besser."

Siegermentalität ist ins deutsche Nationalteam zurück gekehrt

Vor 75 000 Fans in Paris drehten die Deutschen wieder eine Partie - erstmals seit zweieinhalb Jahren, als im WM-Spiel um Platz drei in Südafrika aus einem 1:2-Rückstand gegen Uruguay noch ein 3:2 geworden war. Dieses Mal verwertete Sami Khedira den Doppelpass mit seinem Real-Kollegen Mesut Özil (74.) zum Siegtor. Zuvor hatte Müller (51.) die französische Führung durch Valbuena (44.) egalisiert.

"Das war ein Spiel, das nicht leicht war. Die Siegermentalität ist wieder in uns. Aber es war auch kein Titel", fasste der Münchner Müller nach seinem ersten Länderspieltor seit 988 Minuten den rassigen Test zusammen. "Wenn man die gesamten 90 Minuten betrachtet, waren wir klar die bessere Mannschaft", stellte Löw mit Genugtuung fest.

Deutsche Nationalelf sieht sich für WM-Qualifikation gut gerüstet 

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Für die WM-Qualifikation, die im März fortgesetzt wird, sehen sich Philipp Lahm und Co. nun gerüstet. "Wir sind absolut im Soll, weil wir Tabellenführer sind. Jetzt wollen wir nachlegen zweimal gegen Kasachstan. Dann sieht die Situation sehr gut aus", betonte der Kapitän, der sich heiße Duelle mit seinem Bayern-Kollegen Ribéry geliefert hatte.

Ein überzeugender Özil als Ideengeber sowie die zentrale Achse mit den Innenverteidigern Mats Hummels und Per Mertesacker sowie Sami Khedira und Ilkay Gündogan im Mittelfeld schufen trotz der sechs personellen Ausfälle ein deutliches Übergewicht gegenüber den Franzosen - und die sind ja keine Landkundschaft. "Wir haben einige Dinge gut gemacht, die wir zuletzt nicht so gut gemacht hatten: Gute Organisation, daraus resultierten viele Ballgewinne und ein schnelles Spiel nach vorn", ergänzte Löw.

So konnten Trainer und Spieler eine weitere positive Erkenntnis aus Paris mitnehmen: Es gibt doch nicht nur elf außergewöhnliche Spieler im Land. "Es gibt einen Kader, der vielleicht 30 Mann umfasst, die seit Jahren ihre Leistung abrufen. Das hat sich gegen Frankreich wieder gezeigt. Einige haben gefehlt - und die anderen haben das kompensiert", bemerkte Lahm.

Gündogan bewies wie schon beim vorangegangenen 0:0 in Holland, dass er bereit steht, wenn eine zentrale Figur wie in Paris Bastian Schweinsteiger ausfällt. "Ilkay hat bei uns und in Dortmund einen enormen Sprung gemacht", lobte Löw. Torwart René Adler kann sich nach seinem Comeback nach 27 Monaten zumindest als sichere Nummer zwei fühlen. "Ich weiß um meine Rolle. Und ich weiß sie auch auszufüllen", meinte Adler, dem jede Art von Kampfansage an Manuel Neuer als Nummer eins fremd ist.

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Auf anderen Positionen muss der Bundestrainer dagegen mit Notlösungen weiterleben. Benedikt Höwedes spielte zwar engagiert als linker Verteidiger, aber eben sichtbar auf der falschen Seite. Bayern-Ersatzstürmer Mario Gomez fehlten in Paris Kraft und Frische. Und Lukas Podolski konnte seinen England-Schwung nur in wenigen Szenen zeigen. Trotz des gelungenen Jahresbeginns bleibt für Joachim Löw also genug Arbeit im Vor-WM-Jahr. (dpa)