Den Haag/Bochum. Nach 18 Monaten intensiver Ermittlungen stellten die Fahnder in Den Haag ihre Erkenntnisse vor: 380 Spiele waren manipuliert, darunter auch Qualifikationen für WM und EM. 415 Beteiligte nahmen dafür Geld – bis zu 100.000 Euro flossen pro Spiel.

Ein engmaschiges Netzwerk von Wettbetrügern manipuliert weltweit hochklassige Fußballbegegnungen. Der Fall des ­Zockerkönigs Ante Sapina und ­andere in Deutschland aufgeflogene betrügerische Fußball-Wetten mit der vorgeschalteten Bestechung von Spielern und Schiedsrichtern sind offenbar nur die Spitze des Eisbergs.

Allein im europäischen Fußball sind nach Angaben der euro­päischen Polizeibehörde Europol zwischen 2008 und 2011 Ergebnisse von 380 Spielen durch Bestechung von 415 Funktionären, Spielern oder Schiedsrichtern verfälscht ­worden – darunter Qualifikations­begegnungen für Welt- und Europameisterschaften und der Champions League. 300 Spiele wurden zudem in Asien, Südamerika und Afrika manipuliert.

13.000 Mails ausgewertet

Die Chefetage im Europol-Hauptquartier in Den Haag, die die Zahlen am Montag nannte und die sie durch die Auswertung von 13.000 Mails und den Einsatz von V-Leuten binnen 18 ­Monaten in 15 Ländern ermittelt hat, spricht vom „größten Wett­skandal der Fußballgeschichte“. Pro manipulierter Partie sind bis zu 100.000 Euro Bestechungsgeld an Spieler oder Offizielle geflossen. Insgesamt hat das jetzt enttarnte Netzwerk, das von Asien aus gesteuert wird, einen nachweisbaren Umsatz von acht Millionen Euro gemacht.

Spinne im Netz ist offenbar ein ­Betrügerkartell in Singapur. Es hat enge Kontakte nach Italien, in die Türkei und in die Schweiz geknüpft. Europol-Chef Rob Wainwright schweigt sich über die Namen der enttarnten Wettbetrüger, genauere Angaben zu den manipulierten Begegnungen und über die ertappten Klubs aus. Grund: Weitere Ermittlungen dürften nicht gestört werden.

Vierte Liga unter Verdacht

In Deutschland sind aber die meisten der 70 betroffenen Partien bekannt. Teilweise sind sie – wie im Fall Ante Sapina, der durch Wettbetrug 2,3 Millionen Euro kassiert und die Schiedsrichter Robert Hoyzer und Dominik Marks bestochen haben soll – Gegenstand von Gerichtsverfahren.

In den Fällen der noch nicht bekannten manipulierten Spiele ­stehe die vierthöchste Spielklasse in Verdacht, sagte der Bochumer Cheffahnder Friedhelm Althans, der die Ermittlungen gegen die Fußballwetten-Mafia in Deutschland leitet. Althans machte in Den Haag klar, dass die „Frühwarnsysteme“ der Ver­bände Fifa und Uefa „bisher ohne messbaren Erfolg geblieben sind“.