Essen. Miroslav Klose trifft nicht mehr und Mario Gomez ist verletzt. Bundestrainer Löw fehlen die Alternativen im Sturm. Die Gründe: Systemumstellung, Transferpolitik und neue Idole.

Der Kader der Nationalmannschaft für die WM-Qualifikationsspiele gegen die Färöer Inseln (3:0) und am Dienstag gegen Österreich (20:30 Uhr/ live im DerWesten-Ticker) besteht aus 22 Mann. Man könnte meinen, dass Bundestrainer Löw also aus dem Vollen schöpft. Während im offensiven Mittelfeld nahezu ein personelles Überangebot herrscht, wurde im Sturm nach der Verletzung von Mario Gomez lediglich Miroslav Klose nominiert - aus Mangel an Alternativen.

Mit dem offensiven 4-1-4-1-System, das Löw gegen die Nummer 154 der Fifa-Weltrangliste spielen ließ, sollte die „Sturmflaute“ im DFB-Team umgangen werden. Mit Marco Reus, Mario Götze, Thomas Müller und Mesut Özil drängten gleich vier Spieler immer wieder in die Sturmspitze neben Lazio-Legionär Klose.

Haben wir ein Stürmer-Problem?

Assistenztrainer Hans-Dieter Flick sieht in absehbarer Zeit keine Alternative, „weil derzeit niemand sonst in unser Positionsprofil passt“. In der Montagsausgabe der „Frankfurter Rundschau“ sagt Flick: „Schauen Sie sich in der Bundesliga um: An typischen Zentrumsstürmern mangelt es.“

Woran liegt das? Früher zeichnete dich der deutsche Fußball vor allem durch seine Vorzeige-Stürmer wie Jürgen Klinsmann, Gerd Müller oder Horst Hrubesch aus. Doch die Zeiten und die Spielsysteme ändern sich. Vor einem breiten offensiven Mittelfeld steht häufig nur noch ein klassischer Mittelstürmer.

Bundesliga setzt auf ausländische Stürmer

Nicht nur das moderne Spielsystem, auch die Einkaufspolitik der Bundesligavereine ist Löws Problem. Die Spitzenklubs setzen auf Angreifer aus dem Ausland. Beim FC Bayern stürmt der Kroate Mario Mandzukic, beim BVB ist der Pole Robert Lewandowski die Nummer eins im Sturm - und hinter ihm muss das deutsche Sturmtalent Julian Schieber mit wenigen Einsatzzeiten auskommen. Bei Schalke macht Torschützenkönig Huntelaar die Treffer, in Gladbach geht mit Luuk de Jong ebenfalls ein Niederländer auf Torejagd.

Eine Ursache, warum wenige hochklassige Angreifer nachkommen, erklärt Flick damit, dass es im Fußball inzwischen andere Idole gebe. „Mein Vorbild war Gerd Müller. Heutzutage heißen die Vorbilder Özil, Reus, Götze, Messi. Denen eifern die meisten Kids nach.“

Wer wird der neue Müller oder Klinsmann? 

Die größten Chancen auf einen Platz im DFB-Sturm durfte sich der Wolfsburger Patrick Helmes machen. Doch dann kam die Verletzung. „Patrick Helmes wäre noch ein Kandidat, aber hat sich leider die Kreuzbänder gerissen“, so Flick.

Ob Stefan Kießling von Bayer Leverkusen noch eine Chance bekommt, ließ der 47-Jährige offen. „Stefan kann einer Mannschaft sehr viel geben, auch dank seines kämpferischen Einsatzes. Er macht das in seinem Verein sehr gut und steht wie andere Spieler aus Leverkusen weiterhin unter Beobachtung“, sagte Flick. Eine klare Absage erteilte Joachim Löws Assistent Talenten wie Julian Schieber (Borussia Dortmund), Alexander Esswein, Sebastian Polter (beide 1. FC Nürnberg) und Kevin Volland (1899 Hoffenheim): „Alles gute Jungs, aber sie sind noch jung und müssen sich weiter beweisen.“ Gleiches gilt wohl auch für Maximilian Beister vom Hamburger SV und Peniel Mlapa (Gladbach). Oder Samed Yesil, der gerade von Bayer Leverkusen in die Premier League zum FC Liverpool wechselte.

Hrubesch hat Hoffnung

U18-Trainer Horst Hrubesch sieht die Lage dagegen nicht dramatisch. „Es wachsen schon Stürmer nach“, sagte das „Kopfballungeheuer" der Berliner „B.Z.". Als mögliche Kandidaten nennt der 61-Jährige Niclas Füllkrug (Werder Bremen) und Philipp Hofmann von Zweitligist SC Paderborn.

Gegen das Team aus Österreich wird der Bundestrainer voraussichtlich wieder zurückrudern: Toni Kroos soll für Mario Götze in die Startelf rücken und das Spiel in der Defensive wieder etwas stabilisieren. Im Mittelfeld kann also heftig rotiert werden, doch im Angriff dreht mit Miroslav Klose weiterhin ein Stürmer mit Ladehemmungen alleine seine Runden. (mit dapd)