Berlin. NRW-Innenminister Jäger setzt die Bundesliga-Vereine unter Druck. Wenn DFB und DFL kein konkretes Konzept zur Eindämmung der Gewalt und den Missbrauch von Pyrotechnik vorlegen, werde eine Beteiligung der Vereine an den Kosten der Sicherheitsmaßnahmen geprüft.
Die Politik fordert Fußballvereine auf, konsequenter gegen Gewalt, den Missbrauch von Pyrotechnik und Platzstürme in Stadien vorzugehen. "Ich erwarte, dass die Vereine deutlich mehr für die Sicherheit tun", erklärte Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger in einer Pressemitteilung am Freitag. Die Konzepte lägen auf dem Tisch, bei deren Umsetzung gäbe es aber noch erhebliche Defizite.
Noch vor Beginn der nächsten Saison soll es ein Spitzengespräch mit dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) und der Deutschen Fußball Liga (DFL) geben. Jäger: "Dort erwarten wir konkrete Antworten, wie DFB und DFL die Vollzugsdefizite beheben wollen. Andernfalls werden wir eine Beteiligung der Vereine an den Kosten der Sicherheitsmaßnahmen prüfen."
Vor allem müssten die Fußballvereine das Einschmuggeln und Abbrennen von Pyrotechnik besser verhindern. "Dafür müssen sie sorgfältiger bei ihren Kontrollen vorgehen", erklärte Jäger. Der Wegfall von Stehplätzen ist nach Jägers Ansicht nicht die Lösung. Diese seien nicht das Problem. Aber: "Bengalische Feuer, Rauchbomben und Böller haben im Fußballstadion aber nichts verloren. So entstehen beim Abbrennen von Bengalos Temperaturen von über 1.000 Grad. Das ist lebensgefährlich für alle Fans."
Friedrich will harten Kurs fahren
Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich hält in der Debatte um Gewalt in Fußball-Stadien an seinem harten Kurs fest und schließt selbst den Einsatz von Fußfesseln nicht mehr aus. 'Ich bin immer dafür, dass wir die Instrumentarien möglichst so ausweiten, dass wir auch in Extremfällen reagieren können', sagte der 55-Jährige angesprochen auf die umstrittene Maßnahme dem rbb-Inforadio.
Friedrich wies aber auch darauf hin, dass der Einsatz der Fußfesseln nur in extremen Fällen möglich sei. 'Dies wäre natürlich ein sehr starker Eingriff in den präventiven Bereich', sagte der CSU-Politiker dem TV-Sender ntv. Zudem müssten dafür 'erst die Gesetze geändert werden, insbesondere das Polizeiaufgabengesetz'.
Friedrich wohnte als Gast auch der Innenministerkonferenz (IMK) im mecklenburgischen Land Fleesensee bei, die das Thema 'Gewalt im Zusammenhang mit Fußballspielen' als einen Schwerpunkt hatte. Als Ergebnis der dreitägigen Sitzung forderten die Innenminister der Länder die Deutsche Fußball Liga (DFL) auf, die Handlungsempfehlungen der Task Force Sicherheit (bessere Videotechnik, qualifiziertere Ordnungskräfte, etc.) konsequenter umzusetzen und vor allem das Abbrennen von Pyrotechnik im Stadion stärker zu sanktionieren.
Minister fordern Alkoholverbot in Bahnen
Auch wollen die Länder ein Alkoholverbot im öffentlichen Nahverkehr und in den Zügen der Deutschen Bahn durchsetzen. Verabschiedet haben sich die Innenminister von dem Plan, Gesichtsscanner an den Stadioneingängen einzusetzen. Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier begründete dies unter anderem mit Einwänden der deutschen Datenschützer.
'Ich erwarte, dass die Vereine deutlich mehr für die Sicherheit tun. Die Konzepte liegen auf dem Tisch. Bei deren Umsetzung gibt es aber noch erhebliche Defizite', sagte NRW-Innenminister Ralf Jäger.
Die Politiker forderten die DFL auch auf, die Mehreinnahmen durch die neuen Fußballübertragungsrechte zur Finanzierung von Fanprojekten zu verwenden. Sollten die Forderungen der IMK nicht umgesetzt werden, behalten sich die Innenminister vor, auch eine finanzielle Beteiligung der Vereine für entstehende Zusatzkosten bei der Gewährleistung der Sicherheit zu prüfen.
Fanbeauftragte pochen auf mehr Sachlichkeit
Zu mehr Sachlichkeit in der Debatte riefen indes die Fanbeauftragten von acht Fußball-Bundesligisten auf. 'Wir treten mit Nachdruck für eine Versachlichung der Diskussion, eine Abkehr vom Populismus und die gemeinsame Arbeit an Lösungen für die wirklich vorherrschenden Probleme ein', hieß es in einer Mitteilung.
Die von einigen Politikern geforderte Abschaffung von Stehplätzen wiesen die Fanbeauftragten zurück: 'Stehplätze haben in Deutschland eine lange Tradition, sie sind wichtig für die soziale Gleichheit im Stadion und erfüllen damit eine wichtige gesellschaftliche Funktion.'
Die Bundesliga-Vertreter unterstrichen, dass die deutschen Stadien weiterhin zu den sichersten Arenen Europas gehörten und kritisierten den hysterischen Ton, den die Diskussion habe. 'Alle Seiten fühlen sich in einem Handlungszwang, der zu überstürzten und nicht überlegten Handlungen führen kann, die uns, dem Fußball und am Ende auch der Gesellschaft schaden.'