München. Trotz der tragischen Niederlage der Bayern ist die Lage eigentlich nicht so schlecht. Die Mannschaft ist jung, eine neue Ära nicht nötig. Trotzdem müssen einige Stellschrauben gedreht werden. Ein Kommentar von Klaus Wille.
Vielleicht war das alles etwas zu viel. Finale dahoam, das wichtigste aller Spiele, der wichtigste aller Titel: An Superlativen hat es der FC Bayern München nicht fehlen lassen vor der Partie gegen Chelsea. Umso größer ist nun der Schock. Wenn man den Bayern denn weh tun will: Sie sind mit der Waffe geschlagen worden, mit der sie selber jahrelang Titel geholt haben. Chelsea war gnadenlos effizient.
Diese Stärke ist dem Verein abhanden gekommen, auch deshalb ist aus dem Traum ein Albtraum geworden, deshalb geht die Angst um, es könne gar ein Trauma werden. Man kann argumentieren, dass Bayern München nicht maßlos sein sollte. Vizemeister, Auftritte im Pokalfinale und im Finale der Königsklasse sind – ja, was denn? Eine Schande etwa? Grund zur Depression? In München ist das Aberwitzige nicht das Abwegige: Zweite Plätze sind nicht vorgesehen, jedenfalls nicht auf Dauer.
Dieser Verein hat ja kaum einmal Mannschaften besessen, die für ihre Trainer oder einen mitreißenden Spielstil standen. Das Modell Klopp, dessen Jungs ihm an den Lippen zu kleben scheinen, würde in München so wohl kaum funktionieren. Bayerns Teams waren immer Abbilder des Vereins. Und dem geht es seit Jahrzehnten um die große Bühne. Ums Gewinnen. Alles andere zählt nicht.
Es fehlen die Alternativen
Was jetzt in der gewaltigen Trauer nach einem fast maßlos überfrachteten Spiel unterzugehen droht: So schlecht ist die Lage des FC Bayern auch nach zwei Jahren ohne Titel nicht. Spieler wie Kroos, Badstuber, Müller oder Alaba sind erst Anfang zwanzig. Neuer, Lahm, Schweinsteiger, Gomez stehen voll im Saft. Bayern braucht keine neue Ära. Was fehlt, sind Alternativen, sind ein paar Typen. Und, spätestens, im Sommer 2013 ein Trainer, der strategisch stärker ist und mehr Feuer entfacht als der aufrechte Jupp Heynckes, den man geholt hat, um Frieden zu stiften.
Das angebliche Unrecht der Niederlage gegen Chelsea zu beklagen, stört da nur. Es heißt, die Mannschaft, die 2001 die Champions League gewonnen hat, habe ihre Kraft aus der dramatischen Niederlage von 1999 gegen Manchester United geschöpft. Das ist die ewige Blaupause dieses Vereins und seines Schöpfers Uli Hoeneß. Man wird sich treu bleiben, mia san schließlich mia. Anders können sie nicht. Anders wäre auch langweilig.