Düsseldorf. . Zehn Spiele, zehn Siege – nach dem deutschen Rekord in der EM-Qualifikation kam die Kampfansage ausgerechnet von dem Spieler, der zwar für seine feine Fußballkunst weltweit gerühmt wird, aber am Mikrofon wohl immer ein Leisesprecher bleiben wird.

„Es wird Zeit, dass Deutschland mal wieder Europameister wird!“ Als Mesut Özil nach dem 3:1 (2:0) –Sieg der DFB-Auswahl im letzten EM-Qualifikationsspiel gegen Belgien diesen Satz sagt, wird klar, welch ungeheure Entwicklung die Elf von Bundestrainer Joachim Löw hinter sich hat. Vor knapp eineinhalb Jahren machte sich die Fußball-Nation noch Sorgen, ob die Mannschaft ohne ihren erklärten Leitwolf Michael Ballack überhaupt bei der WM 2010 in Südafrika bestehen könne. Nun, nach einer beispiellosen Bewerbung für die Endrunde im nächsten Sommer, nimmt die Elf um ihren kreativen kopf Özil die Favoritenrolle für die Euro 2012 in Polen und der Ukraine selbstbewusst an.

„Wir wussten, dass wir eine starke Mannschaft haben“, sagte Özil nach dem fast perfekten Abschluss der Qualifikation am Dienstag in Düsseldorf. „Und wenn wir weiter so machen wie zuletzt, dann können wir es nächstes Jahr auch schaffen“, untermauerte der geniale Spielgestalter von Real Madrid seinen Anspruch, dem amtierenden Welt- und Europameister Spanien den Rang ablaufen zu wollen.

Özil schießt Türkei Richtung EM

Er selbst war es sogar, der nicht nur seine Landsleute mit Stolz erfüllte, sondern auch die Fußballanhänger in der Heimat seiner Eltern versöhnte. Vier Tage nach den dubiosen Vorwürfen in Istanbul, Özil habe sich bewusst nicht der Herausforderung beim für die Türkei so wichtigen Duell gegen Deutschland stellen wollen und eine Verletzung nur vorgetäuscht, ebnete er in Gelsenkirchen geborene Sohn türkischer Einwanderer der Elf mit dem Halbmond auf der Brust indirekt ebenfalls den Weg zur EM.

Mit seinem herrlichen Treffer zur 1:0-Führung gegen Belgien zerstreute der 23-Jährige die Bedenken vom Bosporus, die längst als Sieger der Gruppe A fest stehenden Deutschen würden das letzte Pflichtspiel vor der Euro nicht mehr ernst nehmen und den „Roten Teufeln“ aus Belgien den zweiten Platz hinter ihnen ermöglichen. „Ich freue mich besonders für mein Tor und hoffe, dass die Türkei auch weiter kommt, denn ich habe dort einige Freunde in der Mannschaft und natürlich auch in Deutschland viele Freunde, die dem türkischen Team die Daumen drücken“, sagte Özil.

Das Team von Trainer Guus Hiddink hat nun in den Playoffs (11./12. und 15. November) die Chance, als eines von vier Nachrückern die Fahrkarte nach Polen und in die Ukraine zu lösen.

„Ich kann ja meine türkische Herkunft nicht leugnen“

Wie Özil wird auch Ilkay Gündogan dann mit dem halben Herzen dabei sein. Der ebenfalls in Gelsenkirchen geborene Profi vom Meister Borussia Dortmund gab in der Schlussphase der Partie gegen Belgien sein Debüt für Deutschland und hat sich damit endgültig für den DFB fest gespielt. „Ich habe mich schon lange dazu entschieden, für Deutschland zu spielen und mich über meinen ersten Einsatz hier sehr gefreut“, sagte der 21-Jährige, um einen von Herzen kommenden Wunsch an die Landsleute seiner Eltern zu schicken: „Ich kann ja meine türkische Herkunft nicht leugnen und hoffe, dass sich die Mannschaft in den Playoffs durchsetzen wird.“

Nur das erneute Gegentor in der 86. Minute durch Belgiens Marouane Fellaini hinterließ einen kleinen Fleck auf der blütenweißen Weste des dreimaligen Europameisters. Auch im fünften EM-Qualispiel in Folge nach dem 4:0 gegen Kasachstan am 26. März dieses Jahres blieb Torhüter Manuel Neuer nicht ohne mindestens einen Gegentreffer. Es ist aber vielleicht auch ganz gut so, dass der an sich rundum zufriedene Bundestrainer Löw bis zum Auftakt der Euro am 8. Juni 2012 in Warschau noch Möglichkeiten sieht, mit seinem famosen Team an Schwächen zu arbeiten. (RevierSport)