Gelsenkirchen. Mit einem grandiosen 6:2 gegen Österreich qualifizierte sich die deutsche Fußball-Nationalmannschaft für die EM 2012. „Wir sind gut drauf und haben heute gezeigt, zu was wir in der Lage sind. Beeindruckend“, befand Kapitän Philipp Lahm.
Achter Sieg im achten Qualifikationsspiel, die Tickets für die Sommerreise 2012 zur Europameisterschaft in Polen und der Ukraine gebucht, darüber hinaus den Ex-Schalker und Neu-Bayern Manuel Neuer unbeschadet und sogar mit ein wenig Applaus versehen aus der königsblauen Arena mit zurück ins Teamquartier in Düsseldorf genommen: Für die deutsche Nationalmannschaft lief die Begegnung mit Österreich am Freitagabend nahezu perfekt. Beim glasklaren 6:2 (3:1)-Erfolg in Gelsenkirchen führte lediglich die allzu drastische Überlegenheit einer rundum starken Elf zu ein paar Nachlässigkeiten. „Wir sind gut drauf und haben heute gezeigt, zu was wir in der Lage sind. Beeindruckend“, befand Kapitän Philipp Lahm.
Wie schwer es derzeit ist, in die Anfangsformation dieser deutschen Auswahl vorzustoßen, hat Löw anhand des Aufstellungsbogens noch einmal deutlich gemacht. Mario Götze musste trotz seiner Galavorstellung beim 3:2-Sieg gegen Brasilien auf der Bank Platz nehmen. Dort begegnete er Per Mertesacker, dem über Jahre hinweg als Stammkraft etablierten Innenverteidiger, der nun dem jugendlichen Gespann Mats Hummels und Holger Badstuber Platz machen musste.
Toptorjäger Gomez fehlte verletzt
Ansonsten aber standen die auf dem Arena-Rasen, die erwartet werden durften. Als Rechtsverteidiger der Schalker Kapitän Benedikt Höwedes (in Runde zwei wegen einer Muskelverhärtung im Oberschenkel ausgeschieden). Ein Sechser-Bayern-Block trotz des Fehlens von Toptorjäger Mario Gomez. Und auch Lukas Podolski, den Löw in den Tagen zuvor mit einigen mahnenden Worten bedacht hatte. Bis der Kölner erkannte, dass darin positive Motivation verborgen war, dauerte es allerdings 28 Minuten. Podolski agierte unsicher, blieb blass, und dann tauchte Kollege Badstuber am Strafraum der Österreicher auf. Doppelpass mit dem Poldi. Und der schießt flach und versenkt den Ball rechts im Tor von Christian Gratzei – 3:0.
Es war eben nur Podolski, der eine Zeitlang brauchte, um richtig ins Spiel zu finden. Die restlichen Akteure in Adlertrikots beherrschten die Partie von Beginn an souverän, nicht mit dem einfachen Überfallfußball, den die Nationalelf bei der WM in Südafrika praktiziert hatte, sondern mit einer ausgefeilten, auf Ballbesitz, auf Spielkontrolle angelegten Variante. Die erste Großchance bot sich Özil, aus der Distanz, volley. Und es wurde noch lange diskutiert im Stadion, ob der Madrilene es war, der diese Chance sofort zum 1:0 nutzte. Gejubelt hat in der achten Minute aber Miroslav Klose. 111. Einsatz für Deutschland, Tor Nummer 62 durch einen zarten Hauch von Ballberührung.
Özil wurde aber etwas später als offizieller Torschütze ausgerufen. Und Klose leistete dem in Gelsenkirchen geborenen überragenden Techniker dabei eine kleine Hilfestellung als Zwischendurch-Anspielstation. Dribbling. Klose lässt abtropfen. Özil dribbelt weiter und erzielt in beeindruckender Manier das 2:0. Nach dem 3:0 von Podolski jedoch verwandelte sich Souveränität in leichte Trägheit. Deshalb fiel das Anschlusstor des Bremers Marko Arnautovic in der 42. Minute fast folgerichtig. Beide Innenverteidiger sind geistig nicht präsent. Arnautovic schon. 3:1.
Schürrle und Götze trafen nach Einwechslung
Ganz ähnlich war es in der 51. Minute, als Martin Harnik urplötzlich wie ein einsamer Wanderer in der Graswüste vor Neuer auftauchte. Niemand hatte dem Österreicher Beachtung geschenkt. Seinen Treffer konnte der Torhüter nicht verhindern. Die kollektive Konzentrationsschwäche des Löw-Ensembles hatte allerdings eine Ursache. Özil hatte in Minute 47 – wieder nach feinem Dribbling und feinem Durchsetzen – bereits auf 4:1 erhöht.
Und als das Spiel nach dem 4:2 etwas dahin dämmerte, knipste Joachim Löw mit seinen Einwechslungen einfach das Licht wieder an. Er brachte Andre Schürrle und Mario Götze in die Partie – und prompt stand es durch eben jene beiden Joker 6:2 (84., 89).
Der glänzend aufgelegte Thomas Müller hatte schon vor dem Spiel das Passende gesagt: „Ich kann über die EM-Qualifikation nicht meckern.“