Essen. . Die Nationalelf-Führung um Oliver Bierhoff und Joachim Löw kritisiert Skandal-Buch-Autor Philipp Lahm. Konsequenzen gibt es für den Kapitän des FC Bayern und der deutschen Fußball-Nationalmannschaft aber nicht.

Die Kapitänsbinde dürfte für ungefähr null Sekunden an einem seidenen Faden gehangen haben. Immerhin aber sah sich Oliver Bierhoff nach dem Durchblättern des von Philipp Lahm unter Beihilfe eines österreichischen Journalisten verfassten Fußballreißers „Der feine Unterschied“ dazu veranlasst, auf den festen Sitz des Rangabzeichens hinzuweisen. „Es war nach Bewertung des gesamten Buches für uns zu keinem Zeitpunkt ein Thema, Philipp als Kapitän abzusetzen“, verkündete der Teammanager der Nationalelf und fügte an: „Wie das schon von einigen spekuliert worden war.“

Auf der Suche nach den Spekulanten landet man ganz schnell bei Rudi Völler. Der ehemalige Teamchef der nationalen Auswahl und aktuelle Sportdirektor von Bayer Leverkusen hatte nach Vorabveröffentlichungen eine Wutrede gehalten, die der „Du hast drei Weizenbier getrunken“-Attacke gegen Sportjournalist Waldemar Hartmann aus dem Jahr 2003 wenig nachstand. Die Wörter „erbärmlich“, „schäbig“ und „Frechheit“ kamen vor. Und die final fiese Anmerkung: „Ich bin nun gespannt, wie die Nationalmannschaftsführung damit umgeht.“ Charaktergemäß feinsinniger wehrte sich zum Beispiel Felix Magath gegen die Betrachtungen seiner Trainerarbeit durch Lahm. Er entdeckte beim Mini-Capitano nur Geldgier und Profilierungssucht: „So wird man keine Persönlichkeit.“

Fußball in den Ferien

Zum Text. Über Völler in der Teamchef-Rolle hat Lahm geschrieben: „Das Training läuft erstaunlich locker ab. Mir kommt das so vor, als würden ein paar Kumpels gemeinsam in die Ferien fahren, um Fußball zu spielen.“ Bei Magath hat er in dessen Zeit bei den Bayern festgestellt: „Seine Tricks greifen nicht mehr. Man kennt sie schon.“ Auch der Ex-Bayern-Trainer Louis van Gaal und der Ex-Bayern- und Nationalteam-Trainer Jürgen Klinsmann kriegen ihr Fett. Doch: Lahm hat es gar nicht so gemeint. Noch bevor Donnerstag der Deutsche Fußball-Bund die Einschätzungen veröffentlichte, zu denen Bierhoff, Bundestrainer Joachim Löw, DFB-Präsident Theo Zwanziger und DFB-Generalsekretär Wolfgang Niersbach bei ihrer Lektüre gelangt waren, entschuldigte sich der 27-Jährige. Er habe Völler, Klinsmann und „andere Personen nicht persönlich treffen oder gar beleidigen“ wollen.

Ob Kaum-Trainings-Vizeweltmeister Völler oder Klinsmann, der Keine-Ahnung-von-Taktik-WM-Dritte, diese Entschuldigung akzeptieren werden, ist noch nicht bekannt. Niersbach hat sich darum bemüht, die Ehre der beiden Ex-Angestellten des DFB wieder herzustellen und „Philipp Lahms Einlassungen“ als „völlig unangemessen“ zurückgewiesen. Auch Löw fand „einige Passagen in dem Buch, die mir nicht gefallen, weil hier ein Spieler einige Trainer, die lange und erfolgreich gearbeitet haben, öffentlich beurteilt“.

Der Bundestrainer hat angekündigt, dass es in der kommenden Woche, wenn die Nationalelf sich auf die EM-Qualifikationspartie gegen Österreich am Freitag in Gelsenkirchen vorbereiten wird, zum Gespräch zwischen Teamführung und Mannschaftsführer kommen werde. Der Ausgang: Ruhrgebiet, ein kleines Donnerwetter, aber die Kapitänsbinde sitzt.