Berlin. Für private Wettanbieter sollen sieben Konzessionen vergeben werden, das Glücksspielmonopol soll fallen. Das geht aus einem Entwurf zur Öffnung des Sportwettenmarktes hervor, den die Ministerpräsidentenkonferenz in Berlin vorgestellt hat.
Die Würfel sind gefallen, das staatliche Glücksspielmonopol ist bald nur noch Geschichte: Nach monatelangen Verhandlungen haben sich die Ministerpräsidenten der Länder auf die Eckpunkte für die Öffnung des Sportwettenmarktes geeinigt. Das teilten der rheinland-pfälzische Landeschef Kurt Beck und sein Kollege Wolfgang Böhmer aus Sachsen-Anhalt am Mittwoch nach einer Sondersitzung der Ministerpräsidentenkonferenz in Berlin mit. Die Ratifizierung des neuen Glücksspielstaatsvertrages soll frühestens am 9. Juni erfolgen, gültig würde er ab 1. Januar 2012.
Der Entwurf der neuen Vereinbarung sieht vor, dass sieben bundesweite Konzessionen für private Wettanbieter vergeben werden sollen. 16,66 Prozent des Einsatzes bei einem Wettanbieter sollen demnach als Konzession an den Bund gehen. Die Konzessionen sind jedoch durch eine "Experimentierklausel" auf fünf Jahre beschränkt. Danach soll erneut überprüft werden, ob die Ziele des neuen Glücksspielstaatsvertrages erfüllt werden. Das Lotteriemonopol bleibt dagegen weiterhin bestehen.
Nun soll darüber hinaus auch Trikot- und Bandenwerbung von privaten Wettanbietern bei Sportveranstaltungen erlaubt werden. Fernsehwerbung im Umfeld von Sportübertragungen soll jedoch verboten bleiben. Live-Wetten im Internet sollen nur auf das Endergebnis möglich sein.
"Es war wichtig, den Sportwettenbereich zu regeln und bundesweite Konzessionen zu vergeben", sagte Böhmer, nachdem die Verhandlungen mehr als zweieinhalb Stunden länger als geplant gedauert hatten. "Es war keine leichte Verhandlungsrunde. Wir haben uns aber aufeinander zubewegt. Illegale Wege sollen deutlich eingeschränkt werden. Wir haben versucht, einen vertretbaren Weg zu finden", äußerte Beck.
Zurückhaltend äußerte sich DOSB-Generaldirektor Michael Vesper: "Die Richtung des Weges stimmt, aber der Rucksack, den die Ministerpräsidenten dem Konzessionsmodell aufgebürdet haben, ist noch zu schwer. So dürfte das Ziel, die Sportwetten staatlich kontrolliert zu öffnen, kaum zu erreichen sein." bwin-Direktor Jörg Wacker sagte dem SID, dass das vorgelegte Modell weder markt-, noch EU-Konform sei. Die Konzessionsabgabe an den Staat von 16,66 Prozent sei im europäischen Vergleich nicht marktgerecht: "Wir sind damit nicht wettbewerbsfähig. Wir befürchten, dass der Schwarzmarkt weiter besteht."
Kritik vom DOSB
Auch vom DOSB wurde die vorgesehene Höhe der Konzessionsabgabe kritisiert. Weiter wies der DOSB unter anderem auch auf die fehlenden Erklärung zur Abgabe an den gemeinnützigen Sport hin. Zudem erscheine die Limitierung der Konzessionen auf sieben Anbieter willkürlich und dürfte einer rechtlichen Überprüfung "kaum standhalten". Unverständlich sei auch die Ungleichbehandlung verschiedener Werbeformen, so der DOSB in einer Stellungnahme.
Die Vorsitzende der Sportministerkonferenz (SMK), Thüringens Ministerin für Soziales, Familie und Gesundheit Heike Taubert, bezeichnete die Einigung als ein "hartes Ding". Die Unterschiedlichkeit der Meinungen sei "sehr groß" gewesen. Die vorgeschlagenen Eckpunkte würden nur von Bestand sein, wenn auch der Bund mitziehe und mit eindeutigen Festlegungen in Bezug auf den in seiner Verantwortungen liegenden Betrieb von Glücksspielautomaten entsprechend den Forderungen des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) ein "einheitliches und kohärentes System" des gesamten Wettbetriebes herstellt.
Die Ausschussvorsitzende Dagmar Freitag (SPD) äußerte sich zurückhaltend zur Öffnung des Glücksspielmarktes für private Anbieter. "Ich bin mal äußerst gespannt, ob das den erhofften Geldsegen bringen wird". Denn durch die bislang favorisierten Live-Wetten, die aber nach den neuen Eckpunkten nicht mehr erlaubt sein, weil nur noch auf das Endergebnis gesetzt werden darf, würden derzeit 80 Prozent der Umsätze gemacht.
Nach Aussagen der beiden Länder-Chefs Beck und Böhmer sehe lediglich Schleswig-Holstein noch "Prüfaufgaben", alle anderen 15 Länder seinen mit dem Entwurf einverstanden. Pikanterweise hatte das Magazin Der Spiegel aufgedeckt, dass sich CDU- und FDP-Politiker aus Schleswig-Holstein zu einer Lobbyveranstaltung auf Sylt einladen ließen und dort kostenlos in einem Luxushotel übernachtet hatten.
Bisher garantierte der Glücksspielstaatsvertrag das staatliche Monopol. Nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom 8. September 2010 sahen sich die privaten Sportwettanbieter bestätigt, dass die Einschränkungen auf dem deutschen Wettmarkt nicht mehr der aktuellen Rechtslage entsprachen. Die bisherige Regelung läuft Ende des Jahres aus.
Milliarden-Einnahmen aus Glücksspielen
Der eigentliche Hintergrund des Monopols sind die Milliarden-Einnahmen aus Glücksspielen, die in die Staatskasse fließen. Der Gesetzgeber hatte das Verbot mit der Bekämpfung von Spielsucht und Manipulation begründet. Seit dem im Jahr 2008 erlassenen Glücksspielstaatsvertrag gilt in Deutschland das Monopol staatlicher Anbieter, private Wettanbieter sind verboten. Nur beim staatlichen Unternehmen Oddset darf legal auf die Fußball-Bundesliga, Weltmeisterschaften oder die Formel 1 gesetzt werden.
Auch Sport-Spitzen wie DFB-Präsident Theo Zwanziger hatten ein Ende des Monopols gefordert. Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB), die Deutsche Fußball-Liga (DFL) und die Deutsche Sporthilfe hatten hatten im Februar einen eigenen Entwurf für einen neuen Glücksspielstaatsvertrag vorgelegt.
Laut mehreren Schätzungen entgingen dem deutschen Profi-Sport in der Vergangenheit mehrere hundert Millionen Euro an Sponsorengeldern, da private Wettanbieter nicht mehr auf Trikots und Banden werben durften. (sid)