München. . Nach der dritten Pflichtspiel-Pleite innerhalb von einer Woche haben die Verantwortlichen des deutschen Rekordmeisters Bayern München die Zukunft von Trainer Louis van Gaal offen gelassen. Eine Entscheidung wurde aber nicht verkündet.

Am Sonntag wurde bei Bayern München debattiert, diskutiert und philosophiert - eine Entscheidung über die Zukunft von Trainer Louis van Gaal gab es jedoch vorerst nicht. Eigentlich scheint der Niederländer nach dem 1:3 (0:1) bei Hannover 96 und der dritten Pflichtspiel-Pleite binnen einer Woche nicht mehr zu halten.

Als Kandidat für die Nachfolge wird im Umfeld der Bayern vermehrt der ehemalige Hamburger Bundesliga-Coach Martin Jol genannt. Der 55-Jährige ist derzeit vereinslos und trug in seiner aktiven Laufbahn von 1978 bis 1979 das Trikot der Münchener. Ein Bekenntnis zu Jols Landsmann van Gaal war den Bayern-Bosse schon am Samstag nicht über die Lippen gekommen.

Sportdirektor Christian Nerlinger hatte am Samstag um 17.33 Uhr schweigend das Weite gesucht, Präsident Uli Hoeneß war ihm 17 Minuten später ebenfalls wortlos gefolgt. Und auch der zumindest etwas auskunftsfreudigere Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge wollte dem Coach nicht mehr den Rücken stärken. „Wir haben acht katastrophale Tage hinter uns. Das Spiel in Hannover war der Tiefpunkt der Saison. Wir müssen überlegen, wie wir den Fall stoppen können.“

Van Gaals Tage bei den Bayern scheinen gezählt. Erst die Schlappe bei Borussia Dortmund, dann das DFB-Pokal-Aus gegen Schalke 04. Nach der Lehrstunde in Niedersachsen ist nun der Einzug in die Champions League und damit das Minimalziel in der Bundesliga akut gefährdet.

Von Spitzenreiter BVB redet man in München ohnehin nicht mehr. Hannover als Tabellendritter ist ebenfalls schon um fünf Punkte enteilt und Bayer Leverkusen hat als Zweiter sieben Zähler mehr als der deutsche Rekordmeister auf dem Konto - und es bleiben nur neun Spiele für die Aufholjagd.

„Die Situation wird immer gefährlicher. Wir müssen wirklich aufpassen und versuchen, positiv zu bleiben. Aber das ist schwierig“, sagte Superstar Arjen Robben, der seinem Team in Hannover mit dem Tor zum 1:2 (55.) noch einmal Hoffnung gegeben hatte. Am Ende starb auch diese.

„In der zweiten Halbzeit haben meine Spieler mit Löwenherz gekämpft. Das war sehr gut, aber es reicht nicht“, sagte van Gaal und blieb bei Fragen nach seiner Zukunft zumindest äußerlich gelassen: „Das ist natürlich in den Medien ein Thema, aber ich habe immer das Vertrauen des Vorstandes gespürt. Ich mache immer meine Arbeit. Aber nach der dritten Niederlage in Folge wird es natürlich schwierig. Da muss der Vorstand Entscheidungen treffen.“

So wirklich überzeugt scheinen die Bayern-Verantwortlichen von ihrem Coach schon länger nicht mehr. Hoeneß hatte bereits im vergangenen Oktober die öffentliche Konfrontation mit van Gaal gesucht und diesen beim Pay-TV-Sender Sky attackiert. Der dem Trainer wohlgesinnte Rummenigge versuchte anschließend, zwischen den beiden Streithähnen zu vermitteln, scheint inzwischen aber wohl auch nicht mehr uneingeschränkt zu van Gaal halten zu wollen.

Schließlich wäre das Verpassen der Champions League für die Bayern der Super-GAU. Nicht nur finanziell. In der kommenden Saison findet in der heimischen Arena das Finale der Königsklasse statt. Da wäre Deutschlands Klassenprimus gern mittendrin statt nur dabei.

„Jetzt ist aber schon die Qualifikation in Gefahr. Wir müssen an uns glauben, auch wenn das momentan nicht so einfach ist“, sagte Torhüter Thomas Kraft, der sich beim entscheidenden dritten 96-Treffer durch Sergio Pinto (62.) einen haarsträubenden Fehler leistete und auch beim ersten Gegentor durch Mohammed Abdellaoue (16.) keine gute Figur abgab. Das zwischenzeitliche 2:0 erzielte Konstantin Rausch (51.). „Ich habe schlecht gespielt“, gestand Kraft, der in der Winterpause von van Gaal ins Tor gehievt worden war: „Die zwei Fehler haben uns die Punkte gekostet.“ Allein für die Niederlage verantwortlich war der 22-Jährige aber keineswegs.

Erneut ging das Offensivkonzept mit den Flügelstars Robben und Franck Ribery als Eckpfeilern viel zu selten auf. Abspielfehler und mangelnde Durchschlagskraft taten ihr Übriges. „Ich wusste, dass sehr viel Druck auf den Schultern meiner Spieler lastet“, sagte van Gaal: „Aber das sind Spieler einer Spitzenmannschaft, die damit umgehen müssen - wie ich auch.“

Dem Brasilianer Breno gelang das nicht. Er sah nach einer Tätlichkeit die Rote Karte (73.) und fehlt am kommenden Wochenende gegen den Hamburger SV. Ersatz muss her - für den Abwehrspieler, vielleicht aber auch schon für van Gaal. (sid)