Hamburg.

Knapp ein Jahr nach dem Selbstmord von Robert Enke hat Martin Kind, Präsident von Hannover 96, erstmals vorsichtige Kritik am Umfeld des ehemaligen Nationaltorhüters geübt.

Kurz vor Robert Enkes erstem Todestag hat Präsident Martin Kind von Hannover 96 mit vorsichtiger Kritik am Umfeld des ehemaligen Fußball-Nationaltorhüters für Irritationen gesorgt. „Ich habe menschlich zwar Verständnis, dass das persönliche Umfeld, das von der Krankheit wusste, ihn geschützt hat. Aber ich denke, hätten sie anders gehandelt, hätte man vielleicht andere Optionen haben können. Vielleicht sogar, dass Robert Enke heute noch leben würde“, sagte Kind im NDR-Sportclub. Enke hatte im vergangenen November Selbstmord begangen.

Der Unternehmer Kind räumte aber auch eigene Fehler rund um das tragische Ereignis ein: „Für die Trauerfeier gab es kein Lehrbuch und keinen Ordner. Im Nachhinein würde ich empfehlen, einiges anders zu machen. Zum Beispiel, dass die Spieler den Sarg getragen haben, war eine zu große Belastung für sie.“ Die Zeremonie fand seinerzeit vor 40.000 Zuschauern in der Hannoveraner WM-Arena statt und wurde von fünf TV-Sendern live übertragen.

Berater Neblung verweigert Stellungnahme

Nur ein kleiner Kreis um Enkes Ehefrau Teresa wusste um die schweren Depressionen, unter denen der Bundesliga-Profi über Jahre hinweg litt. Die Witwe sowie Enkes enger Freund und Berater Jörg Neblung verweigerten am Montag eine Stellungnahme zu Kinds Äußerungen. „Wir sagen dazu nichts, da müssen sie Martin Kind selber fragen“, sagte Neblung dem Sport-Informations-Dienst. Robert Enke hatte sich im Alter von 32 Jahren in Neustadt am Rübenberge vor einen Zug geworfen und war überrollt worden.

Der Medienrummel um den Selbstmord ihres Mitspielers hatte die Niedersachsen in eine sportliche Krise gestürzt, die beinahe mit dem Abstieg in die 2. Liga geendet hätte. Zu Beginn der neuen Spielzeit versuchte der Klub schrittweise, den Trauerprozess mehr und mehr in das Alltagsleben zu integrieren. So wurde die kleine schwarz umrandete Ziffer 1 wieder von den Trikots entfernt, Keeper Florian Fromlowitz übernahm von Enke die Rückennummer 1.

Zuletzt war das Schicksal Enkes durch eine im Oktober erschienene Biografie wieder ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt worden. Ronald Reng, langjähriger Wegbegleiter Enkes, ist der Autor des Buches „Robert Enke - ein allzu kurzes Leben“, das mittlerweile in der deutschen Bestsellerliste den vierten Platz einnimmt.

200.000 Euro Spenden für die Robert-Enke-Stiftung

Als Reaktion auf den Selbstmord war im Januar von Hannover 96, dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) und der Deutschen Fußball Liga (DFL) die Robert-Enke-Stiftung gegründet worden. Sie unterstützt unterschiedliche Maßnahmen zur Erforschung und Behandlung von Herzkrankheiten bei Kindern sowie Depressionen. Enkes Tochter Lara war 2006 im Alter von zwei Jahren an einem angeborenen Herzfehler gestorben.

Erst vor einer Woche wurde die neue Geschäftsstelle der Stiftung am Sitz des Niedersächsischen Fußball-Verbandes (NFV) in Barsinghausen eingeweiht. Nach Informationen der Bild am Sonntag wird die deutsche Nationalmannschaft anlässlich des ersten Todestages von Robert Enke 200.000 Euro spenden. (sid)