Shanghai. Das erste Spiel der Asienreise des DFB endet gegen China mit einem mageren 1:1-Unentschieden. Die Nationalelf sollte Werbung für den deutschen Fußball betreiben – aber dieser Schuss ging nach hinten los.

Für 2012 hat China vorausgerechnet, Deutschland von der Spitze der Exporteure verdrängt zu haben. Sollten Betriebe des amtierenden Weltmeisters eine Gegenoffensive starten und den Markt im fernen Asien mit mehr Produkten als bisher beliefern wollen, können sie sich jetzt von Joachim Löw beraten lassen. Der Bundestrainer weiß nach dem ermüdenden 1:1 (1:1) der ermatteten Nationalmannschaft im Shanghai Stadium immerhin, was man nicht machen darf, wenn man im Ausland einen Eroberungs-Feldzug starten will. Und das ist keine schlechte Voraussetzung für zukünftige Erfolge.

Zeitumstellung

Auch ein Stoßgebet half nichts.
Auch ein Stoßgebet half nichts. © AP

Knapp zusammengerafft: Das Angebot muss seriös und makellos sein. Eine Nationalelf, die ohne diverse Stars knapp nach dem Bundesliga-Finale zehn Stunden Flug und eine gehässige Zeitumstellung durchleiden muss, dürfte bei den chinesischen Konsumenten ungefähr die Chancen von Reis aus deutschem Anbau haben. Weil die Deutsche Fußball-Liga aus marketingstrategischen und der Deutsche Fußball-Bund aus politischen Gründen dennoch zur Reise rieten, sind trotz des Remis einige Verlierer auf dem Platz zurückgeblieben: die Spieler. Allen voran Mario Gomez.

Idealtypisch hat sich Löw die Partie nämlich so vorgestellt: Der Neu-Münchener mit der mittlerweile fast 800-minütigen Torflaute im schwarz-weißen Dress gibt den Stoßstürmer, und die Herrschaften Lukas Podolski, Bastian Schweinsteiger, Piotr Trochowski oder Christian Gentner schwirren fix und elegant wie die Libellen zu seiner Unterstützung herbei. Dummerweise war es dann aber, wie der Bundestrainer eingestehen musste, „von unserer Seite eher etwas langsam und nicht dynamisch genug.”

Kritisieren wollte Gomez seinen Chef („ich bin ja ein relativ experimentierfreudiger Trainer”) wegen der für ihn misslichen taktischen Ausrichtung nicht. Wahrscheinlich war er auch dazu einfach nicht mehr wach genug. „Ich versuche immer das Beste, auch wenn ich allein da vorn bin”, murmelte er, und Löw betonte anderen Orts eilfertig, dass „wir seine Fähigkeiten schon kennen”. Und: „Wir haben weiterhin absolutes Vertrauen in den Mario.”

Böser Patzer von Huth

Fallbeile werden aber wohl ohnehin nicht benötigt nach dieser Begegnung der kuriosen (wahlweise: schlimmen) Art. Für Robert Huth, der lange abwesend war und nun endlich wieder seine Möglichkeiten demonstrieren sollte, gab es sogar ein gutes Wort des Bundestrainers, obwohl der Innenverteidiger beim 1:0 durch Hao Junmin in der 5. Minute böse gepatzt hatte. Allerdings ein Wort, das sich wie bei Gomez auf vergangene Großtaten bezog: „Ich kenne schon auch seine Qualitäten.”

Die Qualitäten der Debütanten Gentner und Cacau wird Löw schon irgendwie auch kennen; allein, in Shanghai sind sie nicht auffällig geworden. Ähnliches muss jedoch beinahe von der gesamten Mannschaft behauptet werden. Bis auf den regen Podolski, der in der 8. Minute das 1:1 erzielte, und bis auf Torhüter Robert Enke, der mit einigen starken Paraden die positive Bilanz gegen China rettete (es ist noch ein 1:0-Sieg per Eltmeter verzeichnet), trabten alle Spieler neben sich her. Löw hatte zwar auch „sehr engagierte” Akteure auf „technisch gutem Niveau” gesehen. Das waren aber die aggressiven Roten des Gastgebers.

Für die Marketingstrategen bleibt zumindest etwas Positives. Von den nur etwa 25 000 Menschen im Stadion waren nach nicht gesicherten Informationen dieser Zeitung zirka 72,3 Prozent Deutsche und damit als Konsumenten bereits erfasst. Sportlich geht es dagegen übel weiter.

Am Samstag schon bricht die Elite des deutschen Fußballs gen Vereinigte Arabische Emirate auf. Was der Verantwortliche für die bedauernswerten Auserwählten denn bei der Partie am Dienstag in Dubai gern anders hätte, wurde Löw lustigerweise gefragt, und geantwortet, hat er mit einem tatsächlich sehr traurigen Lächeln: „Wir müssen mehr als heute auf Tempo spielen.” Bei vorausgerechneten 40 Grad im Schatten.