Essen. Die DFL hat einen Leitfaden für die Rückkehr von Zuschauern herausgegeben. Die Beschränkungen sind strikt und für die Klubs herausfordernd.

Wenn die Corona-Krise im Fußball eine Erkenntnis geliefert hat, dann diese: Ohne Zuschauer macht die Bundesliga keinen Spaß. Mit Hochdruck arbeiten die Klubs deshalb an Konzepten für die Rückkehr der Fans. Die Deutsche Fußball-Liga (DFL) hat zur ersten Orientierung einen detaillierten Leitfaden erstellt, der allerdings noch nicht bindend ist, da die Mitglieder, also die Vereine, mitreden dürfen. Anfang August sollen die 36 Profiklubs bei einer Mitgliederversammlung daher darüber abstimmen, welche Richtlinien sie festschreiben wollen. Wichtig: Am Ende haben das letzte Wort die jeweiligen Gesundheitsbehörden vor Ort.

„Es ist gut, dass wir jetzt Richtlinien haben, an denen wir uns orientieren können“, sagt Carsten Cramer, Mitglied der Geschäftsführung von Borussia Dortmund, dieser Redaktion. Was schon jetzt feststeht: Sollte der Spielbetrieb im September mit Fans starten, haben die Klubs viel Arbeit vor sich.

Der Ticketkauf

Neben der Einhaltung der Hygiene-Maßnahmen, schreibt die DFL in ihrem 41-seitigen Papier, sei die Nachvollziehbarkeit von Infektionsketten „die zentrale Anforderung“. Bedeutet: Fans müssen sich auf personalisierte Tickets einstellen. Name, Adresse, Telefonnummer müssen hinterlegt sein, damit später Informationen fließen könnten. Dagegen gibt es Kritik aus der Fanszene: Sie fürchtet, dieses Ins­trument könnte nach der Pandemie zur Kontrolle der Fans missbraucht werden. Um Konflikten vorzubeugen, rät die DFL, die Fan-Gruppen „frühzeitig“ einzubeziehen.

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Das gilt auch beim Thema Dauerkarten. Der 1. FC Köln fing sich zuletzt viel Kritik ein, weil er Dauerkartenbesitzer, die schon jetzt auf eine Kostenerstattung verzichten, bei einer Zuschauer-Rückkehr bevorzugen möchte. Fans nannten das Erpressung. Bis zum Neustart müssen die Klubs Lösungen finden. Die DFL mahnt: „Viele Klubs werden mit der kalkulierten maximalen Kapazität im Ligabetrieb nicht einmal ihre bestehenden Dauerkartenkunden bedienen können.“ Der BVB befindet sich im Austausch mit den Fanvertretern, sagt Carsten Cramer. „Wir werden den Dialog jetzt intensivieren, um abzustimmen, wie wir die Karten verteilen. Unsere Dauerkarteninhaber sind dabei ganz klar die ersten Ansprechpartner.“

Die Anreise

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Im Idealfall sollen die Zuschauer in gleichmäßigen Schritten ankommen, um den Abstand zu wahren. Deshalb empfiehlt die DFL die Anreise mit dem Auto oder Fahrrad. Problematisch kann aber nicht nur die Taktung des Bus- und Bahnverkehrs sein, sondern auch die Parkplatzkapazität. Beim BVB ist man zuversichtlich: „Wir haben 10.000 Parkplätze, 140 Drehkreuze, von denen wir dann 50 Prozent nutzen können, das sollte genügen“, sagt Cramer. Allerdings besitzt Dortmund auch das größte Stadion.

Der Einlass

Der Zutritt der Fans ist eine organisatorische Mammutaufgabe. Die DFL empfiehlt, Zeitfenster für den Einlass zu definieren. Dafür soll die Kontrollzeit berechnet werden und in das Konzept einfließen. Falls erforderlich, müssen die Ordner den Mund-Nasen-Schutz kontrollieren. „Wir brauchen vermutlich mehr Ordner- und Servicepersonal, alles wird personalintensiver“, befürchtet Cramer.

Im Stadion

Die drängendste und zugleich komplexeste Frage ist die nach der Stadionbelegung. Sie ist das Ergebnis sämtlicher Faktoren. Der wichtigste – und unberechenbarste – ist die Pandemie-Aktivität. Die Öffnung des Stadions richtet sich nach der Entwicklung der Infektionszahlen. Entscheidend ist die Einschätzung der Gesundheitsbehörden. Die DFL nennt drei Level: Bei 35 oder mehr Neuinfektionen pro Woche auf 100.000 Einwohner finden Spiele ohne Zuschauer statt, bei 5 bis 35 mit einer Teil-Menge, bei unter 5 kann eine „sukzessive Rückkehr zum Normalbetrieb“ angestrebt werden. Zum Vergleich: Dortmund hatte am Donnerstag einen Wert von 7, Gelsenkirchen von 11,9. Im besten Fall geht der BVB von 30.000 Fans aus. Offen ist, ob es Kontingente für Gästefans geben wird.

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Kalkulierbarer sind die Stadion-Voraussetzungen. Bei der Berechnung fließen Faktoren wie die Anzahl der Ein- und Ausgänge, der Drehkreuze, der Parkplätze und die Kapazität der sanitären Anlagen ein. In der Bundesliga wird es selbst bei einem mittleren Pandemie-Level große Unterschiede geben.

Die Klubs müssen sich aber auch darüber Gedanken machen, wie sie die Menschenmenge kontrollieren wollen. Das Berliner Unternehmen G2K Group etwa bietet eine Technologie an, die kontaktlos Fieber misst und die Abstände der Zuschauer auf der Tribüne kontrolliert. Bei der Partie Borussia Dortmund gegen TSG Hoffenheim wurde die Technik bereits getestet. Die DFL rät generell, das Stadion mit „Einbahnstraßen“ und Spuren auszustatten, an denen sich die Fans orientieren können. Ihre Anordnung auf der Tribüne richtet sich nach den jeweiligen Vorgaben der Bundesländer.

Halbzeit

Den Plausch beim Warten auf die Stadionwurst wird es nicht geben. Speisen und Getränke sollen am Platz verzehrt werden, im Idealfall vom Personal dorthin gebracht werden. Alkohol darf nur ausgeschenkt werden, wenn die örtlich zuständigen Behörden dem zustimmen.

Was für die Klubs übrig bleibt

Der Fußball möchte wie beim Re-Start der Bundesliga vorangehen, seiner Vorbildfunktion im Hinblick auf den Umgang mit der Corona-Pandemie gerecht werden. Aber rechnet sich eine Teil-Auslastung eines Stadions überhaupt? Diese Frage dürfte vor allem die Zweitligisten beschäftigen, die kleinere Stadien haben. Carsten Cramer vom BVB betont den symbolischen Wert: „Weniger Zuschauer bedeuten auch weniger Umsätze, aber jeden Schritt, der uns der Normalität näherbringt, sollten wir nutzen.“