Essen. Viele Klubs der 1. und 2. Fußball-Bundesliga werden durch die Corona-Krise bedroht. Die DFL verhandelt mit dem TV-Sender Sky über Vorauszahlungen.

Es ist eine Erfahrung, die derzeit viele Fußballfans machen: Wie improvisiert wird, wenn etwas stoppt, das nicht stoppen sollte, lässt sich derzeit jeden Samstag um 15.30 Uhr bestaunen. Wenn sich der Bezahlsender Sky verrenkt, damit zumindest ein paar Fans vor den Fernseher gelockt werden, und seine aufgrund der Corona-Krise ausgetüftelte historische Konferenz ausstrahlt. Der Sender ersetzt die Bundesliga-Konferenz dabei durch ausgewählte historische Begegnungen der eigentlich angesetzten Paarungen, kommentiert diese sogar neu. Ganz nett also.

Ziehen die Klubs keine Lehren aus der Kirch-Krise?

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Nur muss man nicht zum Rat der Wirtschaftsweisen zählen, um zu wissen, dass sich auf Dauer kein Fußballbegeisterter ein teures Sky-Abo für eine historische Konferenz gönnen wird. Und dass die Bundesliga daher nur Milliarden verlangen kann, wenn der Ball rollt. Aber der Spielbetrieb ruht – mindestens bis zum 30. April. Vielleicht länger, sogar ein Abbruch liegt wegen der Coronavirus-Pandemie im Bereich des Vorstellbaren. Deswegen verhandelt die Deutsche Fußball Liga (DFL) für ihre 36 Profiklubs derzeit mit dem mit Abstand wichtigstem TV-Rechteinhaber Sky (DAZN und das ZDF zahlen deutlich weniger) um Summen, die Schwindel erregen können und daher für die Existenz vieler Vereine essenziell sind.

Über allem schwebt dabei die Frage, ob der deutsche Fußball seit der Kirch-Krise 2002 nichts dazugelernt hat. Auch damals schwankten viele Vereine. Nun wankt die Liga wieder. Die DFL versucht Sky daher davon zu überzeugen, die vierte und letzte Rate für diese Saison bereits Ende April zu überweisen und nicht im Mai. Über 300 Millionen Euro würden dann auf das Konto des Ligaverbands transferiert und von dort gestaffelt an die Vereine weiterleitet werden.

Der Zweitligist VfL Bochum benötigt dringend Geld

Das Geld würde Luft verschaffen. Etwa dem Zweitligisten VfL Bochum, dem die Insolvenz droht. „Wir haben vollstes Vertrauen in DFL-Geschäftsführer Christian Seifert und die Präsidiumsmitglieder“, sagt VfL-Geschäftsführer Ilja Kaenzig dieser Zeitung.

Allerdings liegt das Problem darin, dass derzeit niemand weiß, ob diese Saison noch einmal angepfiffen wird. Nur dann aber müsste Sky die vierte Rate überhaupt überweisen. Das Tochterunternehmen der US-amerikanischen Comcast Corporation würde, ginge es nach der DFL, Ende April also Geld für die Ausstrahlung der letzten neun Spieltage bezahlen, die eigentlich infrage stehen. Warum sollte es dazu bereit sein?

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Letztlich würde Sky der DFL ein Darlehen geben, für das natürlich Zinsen, Risikozuschläge und Ausfallgebühren verlangt werden könnten. Ganz abgeneigt klingt der Bezahlsender daher nicht. „Wir sind in ständigem Austausch mit unserem langjährigen Partner DFL. In diesem Zusammenhang gibt es aktive Diskussionen mit dem Ziel, auch im Hinblick auf Lizenzzahlungen und deren potenzielles Timing kons­truktive Lösungen zu finden“, erklärt Sky auf Anfrage.

DFL verhandelt auch mit Finanzinvestoren

Sollten die Verhandlungen doch platzen, verhandelt die DFL nach Informationen dieser Redaktion bereits mit Finanzinvestoren. Der Ligaverband könnte auch einen Kredit bei einer Bank aufnehmen. Vermutlich würde in jedem Fall eine Lösung gefunden werden. Doch derzeit nützt das skizzierte Bedrohungsszenario der DFL auch selbst, um bei den Anhängern Verständnis für ein Saisonende mit Geisterspielen zu erzeugen.

Das würde zudem Sky nutzen, das so den Abonnenten etwas bieten könnte. Den Medienmanager Kay Dammholz, Inhaber der Sportrechte-Agentur SASS Media, der für die DFL und DAZN gearbeitet hat, würde ein Kompromiss und eine Vorauszahlung an die DFL daher nicht überraschen. „Im Notfall, etwa wenn die aktuelle Saison endgültig abgebrochen werden müsste, könnte diese Zahlung als Vorauszahlung für die kommende Saison angerechnet werden“, meint Dammholz.

DFL hofft auf bei Vergabe der Medienrechte auf Rekord

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Denn in der kommenden Spielzeit werden durch den aktuellen TV-Vertrag noch einmal 1,36 Milliarden Euro fällig – wieder in vier Raten. Wodurch deutlich wird, warum viele Vereine es verpasst haben, sich trotz der Lehren aus der Kirch-Krise genügend Eigenkapital anzusparen. Die Erlöse schienen einfach immer weiter zu wachsen.

Im Frühjahr 2016 knallten auf der DFL-Geschäftsstelle in Frankfurt die Sektkorken, da die TV-Verhandlungen einen Zuwachs von 83 Prozent erbrachten. Alle Vereine sollten für die Spielzeiten 2017/18 bis 2020/21 anstelle der 2,51 Milliarden zuvor nun insgesamt 4,64 Milliarden Euro gestaffelt für vier Jahre von den Rechteinhabern überwiesen bekommen. Noch vor der Coronakrise kündigte die DFL an, bei der TV-Ausschreibung für die vier Spielzeiten ab der Saison 2021/22 noch mehr einnehmen zu wollen. Die Vergabe wurde vorerst verschoben.

Da neben Sky diesmal auch Streamingdienste wie Disney und Amazon mitpokern, hoffte die Liga vor der Pandemie, diesmal sogar die Fünf-Milliarden-Grenze zu knacken. Gelänge dies trotzdem, könnte der Fußball die Coronakrise schnell wieder vergessen, ohne Lehren zu ziehen.