Essen. Nach lauter Kritik beschließt die DFL spät eine sofortige Pause. BVB-Boss Watzke sieht den Fußball in der „größten Krise seiner Geschichte“.

Am Freitagnachmittag war der öffentliche Druck, der sich von Minute zu Minute weiter anstaute, doch zu heftig. Die Deutsche Fußball-Liga sagte den Bundesliga-Spieltag an diesem Wochenende, um den sie lange gekämpft hatte, im letzten Moment offiziell ab. Der Entschluss sei „angesichts der Dynamik des heutigen Tages mit neuen Corona-Infektionen und entsprechenden Verdachtsfällen in direktem Zusammenhang mit der Bundesliga und 2. Bundesliga“ gefallen, hieß es in einer Pressemitteilung.

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Die Liga pausiert aufgrund der Corona-Pandemie – vorerst bis zum 2. April. Ziel sei es weiterhin, so die DFL, die den Spielbetrieb anschließend fortzuführen. Ob dies realistisch ist, weiß derzeit niemand. Der Bundesliga droht deswegen ein Millionen-Verlust.

„Wir müssen das jetzt alle gemeinsam solidarisch tragen. Gleichwohl gilt, dass sich der deutsche Profi-Fußball in der größten Krise seiner Geschichte befindet“, erklärte Borussia Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke. Sein BVB hätte gegen Schalke spielen sollen.

Tatsächlich werden viele eingeplanten Einnahmen verpuffen, sollte die Bundesliga komplett abgesagt werden. Pro ausgefallenem Spieltag müssten die Vereine gestaffelt insgesamt knapp 41 Millionen Euro an die TV-Partner zurückzahlen. Hinzu kämen Forderungen von Sponsoren. Zuschauer-Einnahmen würden verfallen. Da bislang erst 25 Spieltage absolviert wurden, käme schnell eine Summe von weit über 500 Millionen Euro zusammen. Da lohnt sich jedes Fußball-Wochenende, an dem der Ball noch regulär rollt.

Deswegen hatte die DFL am Freitagmorgen noch verkündet, den Spielbetrieb erst ab Dienstag offiziell einstellen zu wollen. Der 26. Spieltag sollte trotzdem stattfinden – ohne Zuschauer. Nur unterschätzte sie wohl die Empörungswelle, die anschließend über sie hinweg schwappte. Gerade weil alle anderen europäischen Topligen zu diesem Zeitpunkt längst eine Pause beschlossen hatten.

Fans empörten sich in den Sozialen Medien. Profis protestierten gegen die Entscheidung. Bayern-Spieler Thiago Alcantara etwa griff den Ligaverband direkt an, twitterte: „Unverantwortlich und rücksichtslos. Das ist verrückt.“ Später löschte der Spanier diesen Teil seiner Nachricht und schrieb nur noch: „Hört auf rumzualbern und landet in der Realität. Lasst uns ehrlich sein, es gibt viel wichtigere Prioritäten als Sport.“ Spätestens als Fortuna Düsseldorf und der SC Paderborn im Laufe des Tages beantragten, am Freitagabend nicht spielen zu müssen, musste die DFL reagieren. Sie hätte die Spieler nicht auf den Rasen scheuchen können.

Am Montag tagen die Vereine der DFL

Am Montag findet nun die DFL-Mitgliederversammlung mit allen 36 Vereinen aus der ersten und zweiten Liga statt. Offiziell müssen sie die Pause bis zum 2. April noch beschließen, vor allem müssen sie sich aber über das weitere Vorgehen verständigen. „Wir müssen das jetzt alle gemeinsam solidarisch tragen und am Montag die entsprechenden Ableitungen diskutieren. Es steht zu hoffen, dass die Bundesliga-Klubs in den vergangenen Jahren so viel Substanz gebildet haben, dass alle diese Krise überstehen“, sagte Watzke. „Eine existenzielle Gefährdung von Borussia Dortmund ist nach allem, was wir heute einschätzen können, auszuschließen.“

Das Problem aus Sicht der Profiklubs ist, dass derzeit niemand weiß, ob die Liga ihren Spielbetrieb wieder aufnehmen kann. In jedem Fall scheint es aufgrund des grassierenden Coronavirus reichlich unwahrscheinlich, dass der Ball nach der Pause bis zum 2. April wieder rollt. Und generell platzt der Terminkalender des Fußballs aus allen Nähten. Viele Wettbewerbe konkurrieren, viele Spiele wollen gespielt werden. Denkbar sind daher derzeit drei Szenarien.

Erstens: Die Europameisterschaft 2020 von Mitte Juni bis Mitte Juli wird verschoben, möglicherweise auf das kommende Jahr. Am Dienstag will die Uefa drüber beraten, auch darüber, wie die Champions League und die Europa League weiterlaufen sollen. Beide Wettbewerbe pausieren zumindest in der kommenden Woche. Würde die EM nicht in diesem Sommer stattfinden, hätte die Bundesliga länger Zeit, ihre Saison zu beenden, sollte sich die Coronakrise rechtzeitig entschärfen. Spätestens am 30. Juni muss Schluss sein, denn nur so lange gelten auslaufende Verträge.

Zweitens: Die Spielzeiten der ersten und zweiten Liga werden abgebrochen und annulliert. Alle Spiele ab vergangenen August wären nichtig. Die Meisterschale würde im Schrank ruhen. Die gleichen 18 Klubs wie in der laufenden Spielzeit würden auch in der kommende Saison in der Bundesliga spielen, für eine Europapokal-Teilnahme wäre die Platzierung aus der Saison 2018/19 maßgeblich.

Drittens: Die Saison wird abgebrochen und nach der aktuellen Tabelle gewertet. Der FC Bayern wäre Meister, Bremen und Paderborn würden absteigen. Fraglich wäre aber, wie mit den Relegationsspielen umgegangen werden sollte. Und natürlich würden viele Vereine gegen dieses Szenario protestieren.

Deswegen versucht die DFL, sich erst mal Zeit zu verschaffen. Zumindest bis April.

Eine ungewöhnliche Situation für die Bundesliga-Mannschaften

Auf alle Mannschaften kommt daher nun eine ungewöhnliche Situation zu. Zunächst einmal müssen alle Spieler vor allem ihre Gesundheit schützen. Gleichzeitig müssen sie sich fit halten, sie müssen trainieren für einen Spieltermin, den niemand abschätzen kann.